Die eine oder andere Mannheimer Schule hat bereits vor dem Ukraine-Krieg geflüchtete Kinder aufgenommen – und es werden wohl bald noch mehr werden. Wie das Staatliche Schulamt Mannheim mitteilt, waren Stand Montagmorgen für den Bereich der Sekundarstufe, also für Schüler zwischen elf und 15 Jahren, 31 Anfragen eingegangen. „Wir sind da aber noch ganz im Anfangsstadium, dies wird sich erst im Laufe der kommenden Tage weiter spezifizieren“, betonte Schulamtsdirektorin Sabine Hamann.
Die Schulpflicht gilt zwar formal erst nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland. Doch Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hat bereits den Wunsch geäußert, dass dies „pragmatisch“ vor Ort geregelt werde. Den Kindern und Jugendlichen solle nach ihrer Flucht ein einfacher Einstieg in den Unterricht ermöglicht werden. Im Vordergrund stehe, den Kindern mit dem Schulbesuch wieder etwas Struktur und Ablenkung zu bieten. „Wenn ein Kind in die Schule möchte, dann darf es auch in die Schule gehen“, so Hamann.
Rechtlicher Status
Aus der Ukraine Vertriebene sind von der Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, das heißt, bis zum 23. Mai – solange gilt die Regelung fürs Erste – können sich die Menschen in Deutschland legal aufhalten. Geregelt ist das in der „Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung“ des Bundesinnenministeriums.
Innerhalb dieses Zeitraums müssen sich die Betroffenen bei der zuständigen Ausländerbehörde melden, damit diese ihnen einen Aufenthaltstitel erteilt. Mit diesem können die Kriegsflüchtlinge dann bis zu drei Jahre hier bleiben. Sie können arbeiten und haben außerdem Anspruch auf medizinische und soziale Leistungen. Einen Asylantrag müssen sie nicht stellen.
Bei dem Aufenthaltstitel handelt es sich um eine „Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz“; Grundlage hierfür wiederum ist die Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union.
Die Teilnahme an Integrationskursen ist nicht vorgesehen, wird aber geprüft. sba
Laut Mannheimer Schulamt ist vorgesehen, dass die Kinder beziehungsweise deren Sorgeberechtigte sich in einem Erstkontakt an diejenige Schule wenden, in deren Einzugsgebiet sie untergebracht sind. Bei den Grundschulen ist über eine Bezirkseinteilung geregelt, aus welchem Wohngebiet die Kinder zu welcher Grundschule gehen. Für geflüchtete Familien, die in der Jugendherberge auf dem Lindenhof untergekommen sind, wären beispielsweise die Diesterweg- und die Almenhofschule für Kinder im Grundschulalter zuständig.
Seit der Flüchtlingskrise 2015 gibt es an den Mannheimer Schulen Ansprechpersonen, die sowohl die Familien als auch die Schulen entsprechend beraten können. Die Schulleitung vor Ort entscheidet schließlich über die Aufnahme der Kinder. An den meisten Grundschulen in Mannheim sowie an insgesamt sieben weiterführenden Schulen existieren darüber hinaus sogenannte Vorbereitungsklassen, die Kinder mit geringen Deutschkenntnissen besuchen können. Das würde dann auch für ukrainische Kinder gelten. „Im Einzelfall ist auch ein veränderter Stundenumfang denkbar“, so Hamann.
Zum möglichen zusätzlichen Personalbedarf will sich das Schulamt noch nicht äußern. Das hänge von der Zahl der geflüchteten Kinder ab sowie von deren Förderbedürfnissen, wobei das Bildungsniveau der Ukraine ähnlich dem deutschen sei. Viele Kinder und Jugendliche hätten überdies auf weiterführenden Schulen auch Deutsch als Zweitsprache gelernt.
Harald Leber, Leiter der Humboldt-Werkrealschule und als geschäftsführender Schulleiter zuständig für die Anfragen an die Schulen, betont, dass die Vorbereitungsklassen zwar eine gute Lösung seien, um die Kinder zu integrieren. „Allerdings sind die schon jetzt am Rande der Füllung.“ Zudem seien dort vielfach Schülerinnen und Schüler, die nicht nur Deutsch lernen müssten, sondern insgesamt Defizite hätten.
Die Stadt Mannheim erklärt, gegebenenfalls weitere Vorbereitungsklassen zu bilden. Was Leber begrüßen würde, ob sich das in der Praxis umsetzen lässt, ist er aber skeptisch. Schon jetzt fehlten in den Schulen oft Räume für den normalen Unterricht. Auch die Personalfrage müsse bei weiteren Vorbereitungsklassen geklärt werden. „Selbst wenn das Geld dafür bereitgestellt würde, ist fraglich, ob man überhaupt Lehrerinnen und Lehrer findet“, so Leber. Das Schulamt bringt hier die Überlegung ins Spiel, zu prüfen, ob die Lehrbefähigung von geflüchteten ukrainischen Lehrkräften anerkannt werden könne.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Die Stadt ist derweil dabei, weitere Notunterkünfte bereitzustellen. Aktuell halten sich rund 600 geflüchtete Menschen in Mannheim auf. Über soziale Medien hätten eine Reihe von ihnen Unterschlupf bei Verwandten und Bekannten gefunden. Die übrigen sind in vorübergehenden Notunterkünften untergebracht. Nachdem die Plätze in der Jugendherberge schnell belegt waren, stehen inzwischen Wohnheime und ein Hotel zur Verfügung. Des Weiteren wurde die Lilli-Gräber-Halle in Friedrichsfeld am Wochenende vorbereitet. Bei Bedarf könnten mit einem kurzen Vorlauf zusätzlich die Sport- und Kulturhalle Feudenheim sowie die GBG Halle am Herzogenriedpark hergerichtet werden.
„Die Stadt Mannheim wird mit den Schulen sowie Vereinen Kontakt aufnehmen, um sie, sobald die Vorbereitung der Hallen erforderlich wird, darüber zu informieren“, sagte Carolin Bison, Pressereferentin der Stadt. Für den Sportunterricht würden aktuell Alternativen geplant. Bison: „Die Stadt dankt den Schulen für ihre Flexibilität in dieser herausfordernden Situation.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-erste-aus-der-ukraine-gefluechtete-kinder-in-mannheimer-schulen-aufgenommen-_arid,1925353.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html