Salon Diplomatique

Einweihung der Skulptur „Paperbomb“ in Mannheim

Einweihung der Skulptur „Paperbomb“ der Kraichgauer Künstlerin Nessi Nezilla auf dem Hartmannswillerkopf, dem einstigen „Berg des Todes“. Zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur von beiden Seiten des Rheins folgen der Einladung des Salon Diplomatique Mannheim

Von 
Christine Maisch-Bischof
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Berührender Lichtblick in die Zukunft: Die Skulptur "Paperbomb". © Ralf Engelsmann

Mannheim. Er steht für den Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges: der Hartmannswillerkopf, eine Bergkuppe in den Südvogesen. Auf dem Boden des einstigen Schlachtfeldes im Elsass erhebt sich heute eine Gedenkstätte, ein Mahnmal gegen das Vergessen von unermesslichem Schmerz und Leid, aber auch ein Ort der Begegnung und gelebter deutsch-französischer Freundschaft. Exakt 110 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und auf den Tag genau zehn Jahre nachdem die Staatspräsidenten Joachim Gauck und François Hollande an diesem Ort als Geste der Verbundenheit beider Nationen im Rahmen eines Staatsaktes der Toten gedachten, folgte am vergangenen Wochenende ein weiteres Zeichen der Freundschaft: die Einweihung der Skulptur „Paperbomb“ von der deutschen Künstlerin Nessi Nezilla im Beisein von Honorarkonsul Folker Zöller und Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht. Finanziert aus privaten Spenden des Mannheimer Salon Diplomatique symbolisiert das Werk der Sinsheimerin an dem geschichtsträchtigen Ort, auch „Berg des Todes“ genannt, die Fragilität des Friedens, aber auch die Hoffnung auf Versöhnung.

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Christian Gerards
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„Diese Skulptur ist ein Lichtblick in die Zukunft“, so Jean Klinkert, Präsident der Gedenkstätte, der zusammen mit dem Vorsitzenden des Salons, Helmut Augustin sowie Folker Zöller zu der feierlichen Zeremonie eingeladen hatte. Und der neben Mannheims Stadtoberhaupt auch die baden-württembergische Ministerin für Justiz und Migration Marion Gentges, der Präfekt des Departements Haut-Rhin Thierry Queffelec, Wattwillers Bürgermeister Mathieu Ermel zahlreiche weitere Bürgermeister, Abgeordnete. Landräte sowie zahlreiche Mitglieder des konsularischen Corps gefolgt sind.

Strahlend weiß, die filigrane Struktur von geformtem, gefaltetem Papier mit all seinen runden Wölbungen, Vertiefungen und exakten Kanten nachzeichnend, erhebt sich die „Paperbomb“ nun hoch über dem riesigen Gräberfeld mit seinen tausenden Kreuzen. Tag für Tag, so Klinkert, soll sie hell und leuchtend, aber auch in ihrer Gestalt zugleich bedrohlich der mehr als 30 000 Opfer gedenken, die auf dem Hartmannswillerkopf ihr Leben verloren haben, aber uns auch Hoffnung auf eine friedvolle Zukunft schenken.

Anstrengungen, den Hartmannswillerkopf zu einer Gedenkstätte zu machen, habe es, so Specht, bereits seit 1920 gegeben: „Und er wurde die erste Stätte des Ersten Weltkriegs, die unter Denkmalschutz gestellt wurde.“ Ein Nationaldenkmal sollte geschaffen werden – hierfür wurde 1924 das Comité du Monument National du Hartmannswillerkopf (CMNHWK) offiziell gebildet. 1932 konnte das Werk des Architekten Robert Danis und des Bildhauers Antoine Bourdelle schließlich eingeweiht werden. In der Zeit seiner Errichtung war das Gedenken vor allem national-französisch und militärisch geprägt. Doch mit dem Erstarken der europäischen Idee und der deutsch-französischen Aussöhnung nach dem zweiten Weltkrieg sollte sich das ändern.

Gruppenfoto mit Helmut Augustin, Justizministerin von Baden-Württemberg Marion Gentges, Oberbürgermeister Christian Specht, Nessi Nezilla, Folker Zöller und Gedenkstätten-Präsident Jean Klinkert (von links). © Christine Maisch-Bischof

„Es stimmt so hoffnungsvoll, zu sehen, dass der Hartmannswillerkopf zu einem europäischen Ort werden konnte, zu einem Begegnungsort vor allem für junge Menschen und schließlich zur ersten deutsch-französischen Gedenkstätte“, sagt Specht in seiner Ansprache. 2014, als sich der Beginn des ersten Weltkriegs zum 100. Mal jährte, wurde der Grundstein für das deutsch-französische Historial de la Grande Guerre durch Bundespräsident Joachim Gauck und den Präsidenten der Französischen Republik, François Hollande, gelegt. 2017 konnte es eingeweiht werden und vermittelt seitdem die Geschichte des Ortes mit der Perspektive des gemeinsamen Gedenkens: „Vor einigen Jahrzehnten wäre es noch schwer vorstellbar gewesen, dass hier die französische, europäische und deutsche Flagge gemeinsam wehen, dass auch den deutschen Gefallenen im Nationaldenkmal gedacht wird“, bringt Specht in Erinnerung. Und genauso undenkbar wäre es damals gewesen, dass deutsche und französische Touristen von hier aus gemeinsam zu Wanderungen aufbrechen. Denn auch dies mache den Hartmannswillerkopf heute aus: „Er ist ein lebendiger Ort, ein Ausflugsziel mit vielfältigen Angeboten und seit letztem Jahr sogar auch Teil des UNESCO-Welterbes.“

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Christine Maisch-Bischof
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Es sei ein „wunderbares Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft“, und ein bedeutender Brückenschlag zwischen den einzelnen Städten, dass neben drei Skulpturen in Tulle, Oradour-sur-Glane und dem Hartmannswillerkopf auch eine „Paperbomb“ von Nessi Nezilla, einer Künstlerin, die aus der Metropolregion Rhein-Neckar stammt, nach Mannheim kommt. Denn rund um den diesjährigen französischen Nationalfeiertag war die Skulptur Paperbomb, „vor der wir hier und heute stehen“, bereits in den Reiss-Engelhorn-Museen im Mannheimer Zeughausgarten zu sehen. Und anlässlich des Europatags, wird ab dem 9. Mai 2025 eine eigens für Mannheim geschaffene „Paperbomb“ dauerhaft im Zeughausgarten installiert.

Wie präsent Mannheim inzwischen in Frankreich sei, Präsenz zeige, an Orten, an denen große Kriegsverbrechen begangen wurden, ist auch Folker Zöller eine Herzensangelegenheit. Die große Politik sei bereits an allen Gedenkstätten präsent gewesen: „Aber was nun aus Mannheim heraus geschieht, ist etwas ganz Besonderes.“ Übrigens habe im Mannheimer Rathaus bereits eine kleine, rund 18 Zentimeter große „Paperbomb“-Version ihren Platz gefunden. „Darauf bin ich sehr stolz“, versichert der Oberbürgermeister.

Salon Diplomatique

  • Der erste Salon Diplomatique fand im März 2016 anlässlich des Besuchs des französischen Botschafters statt. Initiator ist der in Mannheim ansässige Honorarkonsul der Republik FrankreichFolker Zöller.
  • Der gemeinnützige Verein hat zurzeit 46 Fördermitglieder aus unterschiedlichen Bereichen des wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens.
  • Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die internationale Verständigung, völkerübergreifende Freundschaft, Toleranz sowie Bildung und bürgerschaftliches Engagement zu stärken.
  • Präsident ist Helmut Augustin, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Rhein-Neckar-Nord, sein Stellvertreter ist der Mannheimer CDU-Fraktionsvorsitzende Claudius Kranz.
  • Termine: 9. Mai 2025 (Europatag): Einweihung einer zwei Meter hohen Version der „Paperbomb“ der Sinsheimer Künstlerin Nessi Nezilla für die endgültige Aufstellung im Zeughausgarten der Reiss-Engelhorn-Museen. Frühsommer 2025: Eine dritte Skulptur, die „Paperbomb 3“ von Nessi Nezilla wird in Oradur-sur-Glane aufgestellt. Sie erinnert zukünftig an das Massaker von Oradour am 10. Juni 1944, bei dem durch die Waffen-SS 663 Menschen ermordet wurden.
  • Kontakt und weitere Infos unter salondiplomatique.de sowie www.nessi-nezilla.de.  

Und apropos Brückenschlag und Lernort, speziell auch im Hinblick auf die Jugend: Eine Gruppe von Schülern, darunter auch Mädchen und Jungs aus dem Mannheimer Ludwig Frank Gymnasium treten vor das gerade enthüllte, symbolträchtige Metallgebilde und lesen in zwei Sprachen Passagen aus berührenden Soldatenbriefen vor.

Doch trotz aller positiver Impulse, die von Nessi Nezillas Werk ausgehen, müsse das Bemühen um die Freundschaft beider Völker auch immer wach bleiben, wie Salon-Vorsitzender Helmut Augustin hervorhebt, der die 1990 in Sinsheim geborene deutsch-italienische Künstlerin vorstellt. Schon früh habe sie in ihren Arbeiten die Komplexität aktueller gesellschaftspolitischer Diskurse und die Art und Weise, wie diese die soziale Interaktion beeinflussen thematisiert. Durch die Verwendung von starken Symbolen und suggestiven Bildern fordere sie den Betrachter heraus, die eigenen Vorstellungen von Wahrheit und Macht zu hinterfragen „Die Botschaften ihrer Werke sind niemals eindimensional oder didaktisch. Ihre Arbeiten rufen vielschichtige emotionale Reaktionen hervor und konfrontieren den Betrachter mit seinen eigenen Überzeugungen und Vorurteilen.“

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Von
Peter W. Ragge
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Die Inspiration zur Schaffung der „Paperbomb" erhielt Nessi Nezilla durch die Origami-Kunst aus Japan, insbesondere durch die Geschichte der Origami-Kraniche von Sadako Sasaki, einem damals elfjährigen Mädchen, das 1955 an Leukämie erkrankte. Sadako hatte gehört, dass ihr, wenn sie 1000 Papierkraniche faltete, ein Wunsch gewährt würde. Sie faltete 1600 Kraniche und wünschte sich sehnlichst, von ihrer Krankheit geheilt zu werden. Leider starb sie kurz darauf an ihrer Leukämie: „Und musste erkennen“, so Augustin, „dass leider manchmal noch so große Anstrengungen nicht ausreichen, um Wünsche in Erfüllung gehen zu lassen“. Für ihn bedeute die Enthüllung dieser Skulptur, einen Appell, „unser gemeinsames Engagement für eine friedliche Zukunft fortzuführen und die notwendigen Lehren aus unserer gemeinsamen Geschichte zu ziehen“.

Kreativ und tief bewegend zugleich gestaltet Virginie Schaeffer die musikalische Umrahmung der Zeremonie. Die Sängerin verwebt mit ihrer Interpretation des Refrains von „La Marseillaise“ und der Europahymne sowie den „Chants des Deux Rives“, Melodie und Texte beider Hymnen zu einem eindrucksvollen Ganzen.

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