Reiss-Engelhorn-Museen

Warum in den Zeughaus-Garten ein Friedenssymbol kommt

"Paperbomb" heißt die Skulptur, die hinter dem Zeughaus in Mannheim aufgestellt wird. Wer sie geschaffen und initiiert hat und was die besondere Idee dahinter ist

Von 
Peter W. Ragge
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Helmut Augustin (v.l.), Künstlerin Nessi Nezilla, Folker Zöller, OB Christian Specht, Wilfried Rosendahl. © REM/Maria Schumann

Mannheim. Französische Flaggen wehen bereits im Garten des Zeughauses der Reiss-Engelhorn-Museen. Denn der Grünfläche hinter dem Barockbau, wo erst kurfürstliche Geschütze, Waffen und Uniformen und später die Ausstattung der Mannheimer Bürgerwehr sowie der badischen Grenadiere lagerten, steht dank einem Kunstwerk eine Verwandlung bevor. „Aus einem Waffenlager wird ein Friedensgarten“, kündigt Wilfried Rosendahl an, der Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen.

Das passiert in zwei Stufen. Auftakt ist am Samstag, 13. Juli, wenn hier zunächst intern der Empfang von Honorarkonsul Folker Zöller zum Französischen Nationalfeiertag und dann für die Öffentlichkeit – bei freiem Eintritt – ab 18.30 Uhr der „Bal populaire“ mit französischer Musik vom „Alphée Quartett“ und der Gruppe „Les Sales Gosses“, Tanz, Picknick- und Grillangeboten gefeiert wird.

Bundespräsident schenkte Macron eine Miniatur der Skulptur

Dann wird auf einem Sockel eine Friedensskulptur stehen: „Paperbomb“ von der Sinsheimer Künstlerin Nessi Nezilla. Die zwei Meter hohe Plastik findet dort zunächst aber nur vorübergehend eine Heimat. Das Exemplar wird gleich nach dem Wochenende wieder abgebaut und Anfang August auf dem Hartmannswillerkopf feierlich installiert. Dort organisieren Honorarkonsul Folker Zöller, der Salon Diplomatique Mannheim sowie das Comité du Monument National du Hartmansswillerkopf eine Veranstaltung zum 110. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs.

Das Kunstwerk soll uns alle tagtäglich daran erinnern, das jeder etwas für den Frieden tun kann und tun sollte
Künstlerin Nessi Nezilla über ihre Skulptur

Die Aluminiumskulptur soll dort „ein dauerhaftes Mahnmal gegen das Vergessen setzen“, so Helmut Augustin, der Vorsitzende vom Salon Diplomatique. Der Verein, der sich der internationalen Verständigung und dem Frieden ebenso wie besseren Wirtschaftskontakten verschrieben hat, finanziert auf Initiative von Zöller die Skulptur aus Spenden, so Augustin.

Es ist bereits das zweite Werk. Die erste Skulptur wurde am 9. Juni in Anwesenheit des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und seines Vorgängers François Hollande in Tulle auf dem „Feld der Märtyrer“ eingeweiht. Dort hatte die Waffen-SS am 9. Juni 1944 als Vergeltung für einen Partisanenangriff zahlreiche Zivilisten hingerichtet. Ein weiteres Massaker richtete sie am 10. Juni im rund 100 Kilometer entfernten Ort Oradour-sur-Glane an – 643 Männer, Frauen und Kinder wurden dabei getötet. Hier hatte der französische Präsident Macron Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu eingeladen, der sich für das Kriegsverbrechen entschuldigte und scharf kritisierte, dass die Mörder in Deutschland später nicht bestraft wurden. Auch dort soll noch eine große Skulptur „Paperbomb“ platziert werden. Doch schon jetzt überreichte der Bundespräsident eine 50 Zentimeter hohe Miniatur der Skulptur als offizielles Staatsgeschenk an den französischen Präsidenten Macron, ebenfalls vom Salon Diplomatique gestiftet.

Für Künstlerin Nessi Nezilla ist ihre Skulptur „eine Botschaft für den Frieden“. © REM/Maria Schumann

Im Mannheimer Rathaus kann nun ebenfalls eine Miniatur der Friedensplastik platziert werden. Die Künstlerin, Honorarkonsul Zöller und Helmut Augustin übergaben sie nun an Oberbürgermeister Christian Specht mit der festen Zusage, am 9. Mai 2025 dann eine ebenso zwei Meter große Version für die endgültige Aufstellung im Zeughausgarten zu stiften. Dann wird in Mannheim der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs begangen und am Tag danach mit einer großen „Tafel der Nationen“ auf dem Toulonplatz die Verständigung der Kulturen gefeiert.

„Ein tolles Zeichen“, findet Specht. Er freue sich, dass eine Künstlerin aus der Metropolregion mit dem Salon Diplomatique „ein Symbol für die deutsch-französische Verständigung, unsere Freundschaft und Partnerschaft“ schaffe. Mit der Aufstellung der Skulptur im Garten des Zeughauses, das mal ein militärisches Depot für die Kugeln gegen die französischen Angreifer gewesen sei, werde der Wandel zum Museum genauso wie der Einsatz von Stadt und Museum für die deutsch-französische Zusammenarbeit gewürdigt, so Specht. Erst im Mai hatte er in Mannheims Partnerstadt Toulon an einer Gedenkfeier zum Ende des Zweiten Weltkriegs teilgenommen. Eine persönliche Einladung von Macron als Dank für sein Engagement und seinen Einsatz für die Gründung des Institut Français zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Landung alliierter Truppen in der Normandie musste Specht wegen des Messerattentats auf dem Marktplatz absagen.

Inspiriert von japanischen Origami-Kranichen

Für Künstlerin Nessi Nezilla ist ihre Skulptur „eine Botschaft für den Frieden“. Ihre aus Aluminium gegossene, leicht wie aus Papier erscheinende Arbeit sei als Mahnung zum Frieden, zum Dialog und zur Versöhnung gedacht. Bewusst habe sie kleine Bomben aus Papier geschaffen, um zu zeigen, wie fragil der Frieden sei. Inspiriert dazu haben sie die Origami-Kraniche aus Japan. Das geht zurück auf Sadako Sasaki, ein damals elfjähriges Mädchen, die 1955 Leukämie bekam – vermutlich durch nukleare Strahlung ausgelöst. Sadako hatte gehört, dass ihr, wenn sie 1000 Papierkraniche faltete, ein Wunsch gewährt würde – sie starb aber, ohne die 1000 Papierkraniche zu schaffen. Als Friedenssymbol hat das die Kraniche aber noch mehr bekannt gemacht. „Das Kunstwerk soll uns alle tagtäglich daran erinnern, das jeder etwas für den Frieden tun kann und tun sollte“, so die 1990 geborene deutsch-italienische Künstlerin, die ihre Ausbildung in Design und Illustration an der Ruhrakademie Schwerte und der FH Luzern absolvierte und in ihren Werken oft gesellschaftlich-politische Themen aufgreift.

Redaktion Chefreporter

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