Mannheim. Die Mannheimer Politiker sind ziemlich emotional geworden bei ihrer Forderung nach einem Güterzugtunnel unter der Stadt. Es könne doch nicht sein, dass die Bahn für die ICE-Neubaustrecke nach Frankfurt unter dem Lampertheimer Wald einen Tunnel baue – und Mannheim „200 zusätzliche Güterzüge“ zumute und dafür nur ein paar Lärmschutzmaßnahmen ertüchtigen wolle, kritisierte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) in der Sitzung des Hauptausschusses. Der Waldhöfer Bezirksbeirat Thomas Steitz (Mannheimer Liste) betonte, es sei für die Menschen im Mannheimer Norden ein Witz, „dass Spargelfelder untertunnelt, aber Menschen dem Lärm ausgesetzt werden“. Und CDU-Fraktionschef Claudius Kranz kündigte gar an, dass „zehntausende Mannheimer auf die Straße gehen und demonstrieren werden“, wenn der Tunnel nicht komme.
Die Stadtverwaltung hat ihre Forderung nach einem Güterzugtunnel jetzt noch mal ausführlich formuliert und will sie der Deutschen Bahn (DB) und dem Bundestag im Rahmen der sogenannten parlamentarischen Befassung vorlegen (wir berichteten). Von den Stadträten im Hauptausschuss gab es dafür jetzt einstimmig Unterstützung – alle Fraktionen halten einen Tunnel für dringend nötig. Auch um auf den oberirdischen Gleisen Platz zu schaffen für den S-Bahn-Verkehr.
Das sind die beiden Varianten für einen Tunnel unter Mannheim
Die DB dagegen sieht einen Tunnel wie berichtet zumindest im Moment noch nicht so zwingend. Während die ICE-Neubaustrecke zwischen Lorsch und dem Mannheimer Norden in einem Tunnel liegen soll, ist der künftige Verlauf des Bahnverkehrs in Mannheim noch unklar. Die DB behandelt dieses Thema in ihrem Projekt Mannheim-Karlsruhe. Für das Stadtgebiet werden dort im Moment zwei Optionen diskutiert. Entweder der Verkehr wird über die bestehenden Strecken geführt, inklusive der schon beschlossenen Reaktivierung des stillgelegten zweiten Gleises auf der östlichen Riedbahn. Oder es gibt einen Tunnel.
Für diese unterirdische Lösung gibt es aktuell zwei Varianten. Die eine wäre ein Tunnel, der nördlich der Blumenau beginnen und dann unterhalb der westlichen Riedbahn und des Hauptbahnhofs bis zum westlichen Kopf des Rangierbahnhofs verlaufen würde. Die andere wäre etwas umfangreicher: Sie würde im nördlichen Bereich gleich wie die bereits skizzierte Variante verlaufen. Auf Höhe Neckarstadt-West würde sie dann aber unter Neckar, Rhein und Ludwigshafen hindurchführen und südlich von Rheingönheim wieder „auftauchen“. Durch einen solchen Tunnel wäre der Rangierbahnhof nicht angebunden.
Deutsche Bahn will Prognose für 2040 abwarten und danach entscheiden
Die DB erklärt, auf Grundlage der aktuellsten Zugzahlenprognose – sie gilt für 2030 – könne der künftige Verkehr gerade so über das bestehende Netz abgewickelt werden. Um zu entscheiden, will die Bahn die Prognose für 2040 abwarten. Sie soll noch dieses Jahr vorliegen.
Die Stadtverwaltung möchte mit ihrem Forderungskatalog erreichen, dass der Tunnel bereits im Projekt für die ICE-Neubaustrecke nach Frankfurt mitgedacht und mitgeplant wird. Denn nur um dieses Projekt geht es in der parlamentarischen Befassung, die wohl 2025 ansteht. Dabei können Kommunen bei Bahnprojekten Forderungen stellen, die über die Mindeststandards hinausgehen. Die DB muss dann die technische Machbarkeit prüfen und die Kosten ermitteln. Am Ende entscheidet der Bundestag.
Ein weiterer Wunsch: Bessere Schutzwänden gegen Lärm
Außer einem Güterzugtunnel mit Anbindung des Rangierbahnhofs verlangt die Stadt auch Lärmschutzmaßnahmen, die besser sind als die Bahn sie bislang für die oberirdischen Bestandsstrecken in den nördlichen Stadtteilen vorgesehen hat. Die DB plant dort bis zu sechs Meter hohe Schutzwände. Stadt und Kommunalpolitik fordern, dass diese unbedingt durchsichtig oder begrünt und gegebenenfalls auch so gestaltet sind, dass sie zumindest zeitweise eine Luftzirkulation ermöglichen. Ein weiterer Wunsch ist ein S-Bahn-Halt im Bereich Blumenau/Schönau sowie die Forderung, die Eingriffe in den Käfertaler Wald möglichst gering zu halten.
Welche Zugzahlen sind für den Knoten Mannheim realistisch?
Für Dennis Ulas (LI.PAR.Tie) ist es keine Frage, dass zwei zusätzliche Gleise und damit ein Tunnel nötig sind. Aus Sicht von Birgit Reinemund (FDP) wäre der Verzicht darauf „eine Katastrophe für die Stadt, auch für den Nahverkehr“. Auch Gabriele Baier (Grüne) kann sich schlecht vorstellen, dass das bestehende Netz ausreicht, wo doch die Verlagerung von Personen- und Güterverkehr auf die Schiene „für den Klimaschutz elementar“ sei. Holger Schmid (ML) hält „die ganze Kapazitätsplanung schon heute für überholt, wenn wir künftig mehr Verkehr auf die Schiene bringen wollen“. Und Reinhold Götz (SPD) befürchtet, dass selbst die Prognosen für 2040 längst überholt sein könnten, wenn ein Tunnel einmal fertig ist.
Die Bahn hatte zuletzt erklärt, dass die Variante, die den Rangierbahnhof anbindet, mit dem Fahrlachtunnel kollidiere. Der müsste dann „entfallen oder verlegt werden“, so die DB. Die Stadt Manheim dagegen ist der Ansicht, dass der Rangierbahnhof auch angebunden werden könne, ohne den Fahrlachtunnel anzutasten: wenn man dort Wendegleise verlege. Die Bahn, so die Stadt, schließe bisher jedoch Eingriffe in den Rangierbahnhof aus.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Verkehr Bahntunnel in Mannheim: Jede Menge Fragezeichen