Innenstadt

Durch Verkehrsversuch weniger Autos in der Mannheimer City

Mit Spannung sind die Ergebnisse erwartet worden - jetzt liegen sie vor: Der Verkehrsversuch in der Mannheimer Innenstadt hat die Zahl der Autos deutlich reduziert

Von 
Martin Geiger
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Mannheim. Der Verkehrsversuch in der Innenstadt war in den vergangenen eineinhalb Jahren zweifellos eines der bedeutendsten und umstrittensten Themen in der Stadt. Nun hat die Verwaltung im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik die mit Spannung erwartete Auswertung vorgelegt. Der Überblick.

Wie hat sich der Autoverkehr entwickelt?

Im Durchschnitt sind während des Verkehrsversuchs im Vergleich zur Zeit davor 20 Prozent weniger Autos an den Zählstellen unterwegs gewesen. In der Fressgasse ermittelten die Gutachter sogar einen Rückgang um 66 Prozent auf unter 4000 Autos in 16 Stunden. In der Kunststraße (Ausfahrt Kaiserring) wurde ein Minus von etwa 25 Prozent festgestellt. Durch die Erbprinzenstraße (Ausfahrt Ring) fuhren dagegen fast 40 Prozent mehr Autos – nämlich rund 5500 in 16 Stunden.

Wie hat sich der Radverkehr entwickelt?

Deutlich nach oben: In der Kunststraße wurden 88 Prozent mehr Radfahrerinnen und Radfahrer gezählt; in der Fressgasse waren es sogar 90 Prozent mehr; und in der Marktstraße – die auf Höhe E1/E2 zur reinen Fahrradstraße umgenutzt worden war – 76 Prozent. Unfallschwerpunkte mit Radlern habe es keine gegeben.

Verkraftet der Ring den zusätzlichen Autoverkehr?

Ja. Je nach Messstelle haben sich die Zahlen zwar etwas erhöht oder reduziert. Unterm Strich bewertete der Gutachter die Ergebnisse jedoch durchweg als „bewältigbar“.

Wie fallen die Ergebnisse für die Lieferzonen aus?

Unterschiedlich. Zwar sind diese nach Angaben der Stadtverwaltung positiv bewertet worden. Sie müssten jedoch besser kontrolliert werden – denn immer wieder parkten dort auch andere: Nur 35 bis 52 Prozent der dort abgestellten Fahrzeuge waren Lieferfahrzeuge.

Wie wurde bei der Erhebung gemessen?

Verantwortlich war dafür ein Ingenieurbüro, das der Stadt zufolge im Juli und Oktober 2022 sowie im März 2023 in den zentralen Bereichen sowohl werktags als auch samstags Zählungen durchgeführt hat. Die Werte sind mit früheren aus der Zeit vor dem Versuch verglichen worden. Zudem gab es eine Umfrage.

Was ist bei der Umfrage herausgekommen?

Ein unterschiedliches Meinungsbild: Zwar haben fast alle eine deutliche Verringerung des Verkehrs und Lärms festgestellt. Dies wird jedoch verschieden beurteilt: Rund 75 Prozent der Gewerbetreibenden, Freiberufler und ihrer Mitarbeiter lehnen den Versuch ab. Die Anwohner sind unentschieden. Lediglich bei den Besuchern findet eine Mehrheit von 60 Prozent die Maßnahmen gut. Allerdings beklagten 60 Prozent eine mangelnde Erreichbarkeit der Parkhäuser. Vier Prozent der Befragten gaben an, aufgrund des Versuchs auf das Auto verzichtet zu haben. Neun Prozent erklärten, wegen der Beschränkungen ein anderes Verkehrsmittel gewählt zu haben.

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Wer hat an der Umfrage teilgenommen?

Relativ wenige: Per Post oder Flyer sind der Verwaltung zufolge zwischen Anfang März und Anfang April mehr als 13 000 Betroffene angesprochen worden. 1160 Personen, also etwas mehr als acht Prozent, haben geantwortet.

Wie bewertet der zuständige Dezernent Ralf Eisenhauer (SPD) die Ergebnisse?

„Besonders erfreulich ist, dass deutlich mehr Radfahrende durch die Innenstadt gefahren sind und sich dabei sicherer gefühlt haben“, sagte er einer Mitteilung zufolge. Auch habe sich die Aufenthaltsqualität erhöht. „Insbesondere Passanten und Besucher der Innenstadt haben die Veränderungen sehr positiv erlebt. Dies waren wesentliche Ziele des Verkehrsversuchs. Die dringend erforderlichen Veränderungen im Verkehrsbereich sind also möglich, um unsere Stadt lebenswert, wirtschaftlich erfolgreich und klimagerecht in die Zukunft zu entwickeln.“

Gab es nicht auch eine Umfrage der Handelsverbände?

Doch: Demnach waren 72 Prozent der befragten Unternehmen gegen eine Fortführung des Verkehrsversuchs. 58 Prozent erklärten, ihre wirtschaftliche Lage habe sich dadurch verschlechtert. Geäußert hatten sich 17 Prozent der IHK-Mitgliedsunternehmen in der City.

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Und wie geht es in dieser Sache nun weiter?

Auf Grundlage dieser Ergebnisse arbeitet die Stadtverwaltung unter der Führung von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und Verkehrsdezernent Eisenhauer (SPD) nun eine Empfehlung für die künftige Verkehrsführung aus. Diese wird am 13. Juni – also fünf Tage vor der Oberbürgermeister-Wahl – im Hauptausschuss des Gemeinderats diskutiert. Entweder dort oder bei der Gemeinderat-Sitzung am 20. Juni soll die Entscheidung fallen.

Was war noch mal der Verkehrsversuch?

Um den Durchgangsverkehr zu verbannen, war von März 2022 bis März 2023 die Verkehrsführung geändert worden. So war etwa die Durchfahrt von Fressgasse und Kunststraße unterbrochen worden.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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