Mannheim. Wer an der Friedrich-Ebert-Brücke den Neckar überquert, muss sich schon zusammenreißen, um den Blick nicht abschweifen zu lassen: Das neue Gebäude des Südwestrundfunks (SWR) direkt an der Straße ist ein echter Hingucker. Am Montag in einer Woche, am 29. April, wird es nach Angaben des Senders in Betrieb genommen. Eine offizielle Einweihung und ein Tag der offenen Tür seien für Juni geplant. Ein konkretes Datum nennt der SWR noch nicht.
Eigentlich sollte sich auch auf der Brachfläche dahinter, also an der Ecke Schafweide und Friedrich-Ebert-Straße, schon längst etwas tun. Schließlich rechneten die Verantwortlichen bei der Vorstellung ihrer Pläne im Herbst 2020 damit, dass das dort geplante Ensemble aus rund 100 Wohnungen sowie Gewerbeeinheiten und einer Kita nach etwa drei Jahren fertig ist. Doch inzwischen ist klar: Daraus wird vorerst nichts. Denn der Investor hat sich zurückgezogen.
„Wir haben das Grundstück zurück gegeben und werden dort nicht bauen“, teilte eine Sprecherin des Waiblinger Wohnungsbauunternehmens Brutschin am Freitag mit. Die Frage nach den Gründen für den Rückzug ließ sie unbeantwortet. So erscheint es am wahrscheinlichsten, dass der Investor das Projekt nicht mehr als wirtschaftlich betrachtete.
Denn die Rahmenbedingungen in der Branche haben sich in den vergangenen eineinhalb- bis zwei Jahren stark verändert, hauptsächlich aufgrund gestiegener Zinsen, aber auch aufgrund höherer Bau- und Materialpreise. Und so reiht sich die Schafweide ein in die Liste der prominenten Bauvorhaben, die in Mannheim zwar geplant worden sind, aber zumindest vom jeweils angedachten Bauherrn noch vor dem Baustart wieder aufgegeben wurden - wie etwa der zweite Teil der „bunten Siedlung“ auf Franklin oder das dortige Buchstaben-Hochhaus in der Form eines M.
Die 100 Wohnungen sollten zu mehr als 60 Prozent barrierefrei sein
An der Schafweide wollte Brutschin rund um einen begrünten Innenhof eine Blockrandbebauung errichten, mit vielen Pflanzen und einem breiten Durchgang hin zu Neckar, SWR-Gebäude und der dort geplanten Grünfläche. Auch in Richtung Berufsschulen sollte das Ensemble durchlässig sein. Die etwa 100 Wohnungen sollten zu mehr als 60 Prozent barrierefrei sein, 30 Prozent, entsprechend der Sozialquote, vergünstigt angeboten werden. Fünf bis sechs Stockwerke, gestaffelt, in modulare Holzbauweise waren vorgesehen. Ergänzt werden sollte das Ganze durch eine Tiefgarage, eine Kita mit zwei Gruppen sowie Büroräumen, Bäckerei, Bistro und Lesecafé in den Erdgeschossen.
Mit diesem Konzept hatte der Investor einst den Wettbewerb gewonnen, den die Stadt ausgelobt hatte, nachdem klar war, dass das neue Technische Rathaus nicht hier, sondern im Glücksteinquartier hinter dem Hauptbahnhof errichtet wird. Dabei machte die Kommune klare Vorgaben und wählte anstatt des Höchstbietenden den mit dem besten Plan aus. Doch nun scheint auch dieser obsolet - oder womöglich doch nicht?
Stadt will trotzdem am grundlegenden Konzept festhalten
Zwar hat Brutschin die Fläche, die das Unternehmen Ende 2021 von der Stadt zum vereinbarten Preis von rund fünf Millionen Euro erworben hatte, wieder zurückgegeben. Doch die Stadt will an dem grundlegenden Konzept festhalten und befindet sich nach Angaben eines Sprechers von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) in Gesprächen mit dem Siegerbüro des Wettbewerbs. „In diesen Gesprächen sind unter anderem die Urheberrechte an der Planung sowie die Frage zu klären, auf welchem Planungsstand aufgesetzt werden soll“, erklärt er. „Einen neuen Investor gibt es bisher nicht.“
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