Stadtgeschichte

„Die wird bundesweit Eindruck machen“

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck besucht das Marchivum und lobt die neue Ausstellung über die Zeit des Nationalsozialismus

Von 
Peter W. Ragge
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Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck im Marchivum. © Marchivum

Sie haben kurzfristig davon erfahren und trotz großem Zeitdruck alle Aufbauarbeiten unterbrochen – denn im Marchivum hat sich sehr prominenter Besuch angesagt: Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck besuchte den Ochsenpferchbunker, die Stadtgeschichtliche Ausstellung und insbesondere die neue multimediale Ausstellung zur Zeit des Nationalsozialismus in Mannheim.

„Wir fühlen uns wirklich hoch geehrt“, so Ulrich Nieß, der Direktor vom Marchivum, über den Besuch des 2012 bis 2017 amtierenden Staatsoberhaupts. Der 82-Jährige hat Freunde in Mannheim, die aber nicht genannt sein wollen. Er sei, so Gauck, auch rein privat unterwegs. „Aber Mannheim ist Kultur“, und als die Freunde ihm vorschlugen, das Marchivum zu besuchen, nahm er sich drei Stunden Zeit.

Nieß und sein Stellvertreter Harald Stockert führten ihn zu den einzelnen Räumen, wobei er sich für die Geschichte des Ochsenpferchbunkers und seine Umwandlung in ein Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung ebenso interessierte wie für die Ausstellungen. Und in der neuen Ausstellung über die Zeit des Nationalsozialismus, die erst am Wochenende eröffnet wird, war er der erste Besucher – und bereit, dem ohnehin anwesenden Videoteam spontan seine Eindrücke zu schildern.

Warnung vor Diktatur

Die Stadtgeschichte werde hier „sehr eindrücklich“ geschildert, aber „noch eindrücklicher“ habe er den Bereich zur NS-Diktatur empfunden, so Gauck. Nun sei er ja jemand, der sich gut auskenne, so der frühere Pastor, der 1991 bis 2000 Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen war. „Ich dachte, ich sei nicht mehr zu belehren, aber man lernt hier auch etwas Neues“, so Gauck über die Mannheimer Ausstellung. Sie sei „eine große Ausstellung“, welche „die weniger Informierten wie die gut Informierten“ in gleicher Weise anspreche, sagte Gauck und lobte die „sehr moderne Ausstellungsstrategie“ als „ein Ansatz, der Menschen ermöglicht, praktisch in einen Dialog mit Opfern und Tätern der damaligen Zeit zu treten“.

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Das Konzept eröffne einen guten „Zugang zu der schrecklichen Zeit“ und zeige, wie sich die Demokratie Schritt für Schritt in eine Diktatur, dann eine, so Gauck, „Mörderdiktatur“ verwandle, bei der auch „normale Menschen“ als Täter einbezogen worden seien, nicht nur Sadisten. Gerade heute halte er eine solche Darstellung für „unglaublich notwendig“, so der ehemalige Bundespräsident, „denn wir brauchen eine wachsame Zivilgesellschaft“, und alle, die wieder nach starker Führung riefen, sollten sehen, wo das hinführen können, meinte er mahnend.

Die neue Dauerausstellung „Was hat das mit mir zu tun?“ kann am großen Eröffnungswochenende vom 2. bis 4. Dezember, jeweils von 10 bis 18 Uhr, bei freiem Eintritt besucht werden.

Redaktion Chefreporter

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