Der Chanson „Ne me quitte pas“ - verlass’ mich nicht, erklang im Hintergrund bei der ersten akrobatischen Darbietung des Duos Avital und Jochen. Es gibt Situationen, in denen die Bitte, nicht zu gehen, nicht erhört wird und ein geliebter Mensch seine Angehörigen und Freunde verlassen muss.
Vielleicht hat der Mensch noch einen letzten Wunsch, und für dessen Erfüllung gibt es den Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). Das Projekt existiert seit zehn Jahren in Deutschland. In Mannheim gibt es seit 2016 einen Wünschewagen. Nun kam ein weiterer hinzu, der mit einer Feier im Zirkus Paletti eingeweiht wurde.
Eingeladen waren Spender und Ehrengäste. Über 600 Leute waren im Publikum. Durch das Programm führte Moderatorin Astrid Jacoby, bekannt von Radio Regenbogen. „Als ich angefragt wurde, habe ich mir gedacht: Ich habe schon leichtere Sachen gemacht. Aber als ich dann mitbekommen habe, wie sehr das Leben hier gefeiert wird, hatte ich einen anderen Blickwinkel. Noch einmal nach Hause, ein Spiel auf dem Betzenberg, in den Zoo mit den Kindern - so lauten die Wünsche“, sagte Jacoby. Peter Piesche, Vorstandsvorsitzender des ASB Mannheim/Rhein-Neckar, dankte den ehrenamtlichen ASB-Mitarbeitern: „Ihr seid die Wunscherfüller, ihr lasst in eurer Freizeit die Wünsche der anderen wahr werden. Vor genau acht Jahren, am 15. September 2016 startete der erste ASB-Wünschewagen in Mannheim, zwei Jahre vorher in Essen. Inzwischen gibt es ihn bundesweit. Die Idee stammt aus den Niederlanden.“
Viele letzte Wünsche sind ein Besuch im Zirkus
Es war eine komplett neue Erfahrung für den ASB. Man hoffte, genügend Ehrenamtliche zu finden. „Wir machten einen Aufruf, und es meldeten sich viele. Es gibt für die Ehrenamtlichen jährliche Schulungen“, so Piesche. Finanziert wird das „Herzensprojekt“ durch Spenden. „Die Resonanz ist großartig. Für unser Team gilt: Der Fahrgast ist König. Übrigens: Viele letzte Wünsche sind ein Besuch im Zirkus.“
Für den Wünschewagen verantwortlich sind Tina Schönleber und Daniel Maier. Von der Stadt war Kulturbürgermeister Thorsten Riehle (SPD) gekommen: „Der Zirkus ist ein Ort, der sinnbildlich ist für das Leben, mal fröhlich, mal traurig. Er ruft Emotionen in uns hervor. Der Wünschewagen bewegt uns, und zwar auch sinnbildlich. Manche Leute möchten vor ihrem Tod an Orte, an denen sie etwas Besonderes erlebt haben - ein Konzert, ein Eis, das sie in ihrer Jugend gegessen haben - so dass Erinnerungen zurückkehren.“ Andere Leute wiederum erfüllen sich einen Wunsch, den sie lange aufgeschoben haben. Oft sagt man: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, dies gilt nicht für Leute, die nicht mehr lange zu leben haben. Für sie gilt: Jetzt oder nie.
Der Wünschewagen ist ein umgebauter Krankenwagen, der mit einigen Extras ausgestattet ist, die die Fahrt angenehm machen. Es gibt eine Musikanlage, eine Minibar, eine Lademöglichkeit fürs Handy und eine Leselampe. „Manchmal kommt es vor, dass die Reise abgesagt wird, weil die Person gestorben oder nicht mehr in der Lage ist, die Fahrt anzutreten. Manche schlafen auf der Rückfahrt friedlich ein“, sagte Riehle.
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Mit dem Thema Tod wird Christina Gerlach jeden Tag konfrontiert, denn sie ist Oberärztin in der Klinik für Palliativmedizin im Uniklinikum Heidelberg. „Viele denken nur ans Sterben, wenn es um Palliativ geht. Es geht darum, Schmerzen zu lindern, nicht nur die körperlichen, sondern auch die psychischen und seelischen“, sagte Gerlach. Die Palliativmedizin ermöglicht es manchen Patienten, den Radius wieder zu erweitern. „Eine Frau wünschte sich, auf eine Safari zu gehen. Dank des Wünschewagens konnte sie nach Stuttgart in die Wilhelma fahren und eine Giraffe füttern. Von den Erinnerungen an das Erlebnis zehren die Leute bis zu ihrem Tod.“

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Von der Neuapostolischen Gemeinde Wieblingen waren Miriam Saalmann und Steffen Ambiel gekommen, um einen symbolischen Scheck in Höhe von 1000 Euro zu überreichen, die bei einem Weihnachtsmarkt eingenommen wurden. Eine ebenso hohe Spende kam von Tim Wilke von der Firma Ambulanz Mobile, einem Aufbauhersteller für Krankenfahrzeuge, der für das Innenleben des Wünschewagens zuständig war. „Der Wünschewagen hat einen Sternenhimmel, er wurde zum Wohnzimmer gemacht“, sagte Wilke. Nach dem Programm im Zirkuszelt wurde das Publikum nach draußen gebeten, denn dort wartete der in Gaze gehüllte, nagelneue Wünschewagen darauf, von den ASB-Mitarbeitern enthüllt zu werden. Das Publikum durfte auch einen Blick hineinwerfen.
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