Mannheim. Den Darstellungen der Beteiligten nach entstehen in Mannheims jüngstem Stadtteil Franklin zurzeit zwei Projekte, die nichts Geringeres als einen Teil des deutschen Wohnungsproblems lösen könnten: 361 neue Wohnungen, die innerhalb von etwa einem Jahr bezugsfertig sind, relativ wenig Energie brauchen, zum Teil aus dem klimafreundlichen Baustoff Holz bestehen und trotzdem wirtschaftlich 40 Jahre lang für 8,90 Euro pro Quadratmeter vermietet werden können. Das klingt angesichts der schwierigen Situation der Wohnungsbaubranche eigentlich fast zu schön, um wahr zu sein. Und doch hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG am Dienstag eben dieses Projekt vorgestellt.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Doch von vorn: Es geht um zwei Baufelder auf Sullivan, dem Teilgebiet von Franklin, das im Osten liegt und direkt an den Käfertaler Wald angrenzt. Dort hat ein privater Investor die relativ junge Schweizer Firma Nokera beauftragt, einmal 167 und einmal 194 Wohnungen zu errichten – in serieller Holzhybridbauweise nach kfw-40-Standard: also, vereinfacht gesagt, aus vorgefertigten Teilen, die aus Holz kombiniert mit anderen Materialien hergestellt werden.
Das erste Projekt ganz am Rand von Sullivan ist nach einer Bauzeit von etwa einem Jahr weitestgehend fertig und soll im September bezogen werden. Auf dem zweiten Baufeld ein Stück weit entfernt ist geplant, im Sommer mit dem Hochbau zu starten. Im Sommer 2025 sollen dann auch dort Mieterinnen und Mieter einziehen können.
40 Jahre lang kostet die Miete nicht mehr als 8,90 Euro
Fast alle, nämlich 352 der insgesamt 361 Wohnungen sind mit Geldern des baden-württembergischen Landeswohnraumprogramms gefördert worden. Das bedeutet: Man braucht einen Wohnberechtigungsschein, um in die überwiegend Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen einziehen zu können. Gleichzeitig darf 40 Jahre lang maximal eine Kaltmiete verlangt werden, die 40 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt – woraus sich der Wert von 8,90 pro Quadratmeter ergibt.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
Da der private Investor die Wohnungen aber nicht behalten und selbst vermieten, sondern sie verkaufen will, kam es zu Gesprächen mit der GBG, die nun – im größten Ankauf der Unternehmensgeschichte – alle 361 Wohnungen übernimmt. Über den Kaufpreis haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart.
GBG-Geschäftsführer Karl-Heinz Frings betonte jedoch, dass es sich keinesfalls um ein Zuschussgeschäft handele, sondern sich der Kauf für die städtische Gesellschaft auch wirtschaftlich lohne. Ebenso erklärte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) als Aufsichtsratsvorsitzender, dass das Gremium den Abschluss für „wirtschaftlich vertretbar“ halte.
Newsletter "MM Business" - kostenlos anmelden!
So gerieten die Beteiligten bei der Vorstellung des Projekts fast ins Schwärmen: „Das ist ein sehr gutes Angebot an die Mannheimerinnen und Mannheimer“, sagte GBG-Chef Frings, dessen Unternehmen in etwa zwei Wochen bekannt geben will, an wen sich Einzugswillige wenden können. Die beiden Flächen würden „in hervorragender und bemerkenswerter Weise bebaut“.
Diesen „sehr innovativen Prozess“ würdigte auch Oberbürgermeister Specht, der erklärte: „Eigentlich ist es kein Bauprozess, sondern nur ein Montageprozess.“ Insbesondere für die kriselnde Baubranche, aber auch mit Blick auf stetig steigende Mieten seien die neuen Gebäude „ein tolles Zeichen“ und „ein Leuchtturmprojekt für die Stadtentwicklung“. Die künftigen Mieterinnen und Mieter dürften sich freuen: „Man wohnt in einem Holzhaus am Waldrand und ist trotzdem in fünf bis zehn Minuten in Franklin-Mitte.“
Projekte auf Franklin die bislang größten dieser Art
Der entscheidende Faktor dabei ist der besondere Ansatz der Firma Nokera. Diese ist zwar erst seit zwei Jahren operativ tätig, beschäftigt aber in der Schweiz und Deutschland dennoch bereits rund 4000 Mitarbeitende und will im Prinzip den Wohnungsbau hierzulande revolutionieren: Durch eine serielle, also standardisierte, und stark digitalisierte Fertigung sollen schnell und bezahlbar qualitativ hochwertige und nachhaltige Gebäude entstehen. Dazu hat das Unternehmen in der Nähe von Magdeburg eigenen Angaben zufolge die weltweit größte serielle Holzbaufabrik errichtet. Dort können laut Nokera jährlich bis zu 30 000 Wohneinheiten gefertigt werden. Und die bislang größten Projekte dieser Art entstehen in Mannheim. Darum sagte auch Vorstandsvorsitzender Ralph Burkhardt: „Für uns ist das ein bahnbrechender Termin heute.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-der-groesste-wohnungskauf-aller-zeiten-der-mannheimer-gbg-_arid,2216980.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html