Hafenunfall

Chemieunfall am Mannheimer Hafen: „Die chemische Reaktion war viel, viel, viel heftiger, als ursprünglich erwartet“

Der Sicherheitsausschuss diskutiert über den tagelangen Austritt giftiger Gase aus dem beschädigten Container. Die Ursache ist weiterhin unklar

Von 
Sebastian Koch
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Beim Einsatz im Mühlauhafen waren 17 Personen verletzt worden. Die Feuerwehr hatte den Container etwa anderthalb Wochen lang mit Wasser gekühlt und ihn Anfang September geborgen. © Michael Ruffler

Mannheim. Fast sieben Wochen, nachdem der Container, aus dem im Mühlauhafen eineinhalb Wochen lang chemische Gase ausgetreten waren, geborgen wurde, ist die Ursache des Chemieunfalls noch nicht geklärt. Im Sicherheitsausschuss zeichnete der Kommandant der Feuerwehr, Thomas Näther, am Dienstag phasenweise minutiös den Großeinsatz nach. In der anschließenden Diskussion bedanken sich die Stadträtinnen und Stadträte bei den Einsatzkräften. Was nun bekannt ist:

Wurde die Suche nach der Ursache des Unfalls thematisiert?

Näther erklärte zwar etwa auf Nachfrage von Grünen-Stadträtin Christina Eberle, dass „definitiv eine chemische Reaktion“ stattgefunden habe. „Das ist das, was wir wissen, und das ist das, was wir auch direkt bekämpft haben.“ Weiteres könne Näther zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, schränkte er anschließend ein. „Wir werden uns nicht an Spekulationen beteiligen.“ Auch Polizeipräsident Siegfried Kollmar „darf zum Ermittlungsstand nicht viel sagen“, informierte er. „Fakt ist, dass mehrere beschädigte Fässer beim Bundesamt für Materialforschung und Prüfung untersucht werden.“ Ein Ergebnis gebe es noch nicht.

Wann war klar, wie gefährlich die chemische Reaktion ist?

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Es sei „relativ schnell“ klar gewesen, um welchen Stoff es sich in dem Container handelte, erklärte Näther. „Es war uns auch schnell klar, wie wir damit umgehen mussten.“ Aber: „Wir haben tatsächlich festgestellt, dass es eine viel, viel, viel heftigere Reaktion ist, als wir ursprünglich erwartet hatten.“ In der Folge musste der Sicherheitsradius deshalb „massiv ausgeweitet“ werden. Der Betrieb auf dem Terminal sei vom Betreiber als Standardmaßnahme zudem „sofort“ eingestellt worden, sagte Näther. Nach zahlreichen Abwägungen und Besprechungen seien die Einsatzkräfte anschließend zu dem Schluss gelangt, dass „die gesamte Halbinsel abgesperrt werden muss“.

Gibt es Lehren, die aus dem Unfall gezogen werden?

Um der Bevölkerung die Warnsysteme näherzubringen, nimmt die Stadt, wie berichtet, am bundesweiten Warntag am 8. Dezember teil. Näther informierte, dass Details über Gefahrensituationen bereits vor Warnungen über Sirenen oder Apps über Onlinekanäle veröffentlicht wurden. „Man kann nicht alle Informationen, die die Bevölkerung benötigt, in eine Katwarn-Meldung oder gar in Sirenensignale verpacken.“ Er appellierte an gegenseitige Verantwortung. „Wenn man eine Warnung mitbekommt, kann man dem Nachbarn Bescheid geben.“

Wie hat die Bevölkerung auf die Sirenen reagiert?

Wie berichtet, gibt es hier unterschiedliche Auffassungen – was sich auch in der Diskussion zeigte. Stadträtin Marianne Seitz (CDU) erklärte, dass „die allermeisten Einwohner und Beschäftigten in den betroffenen Stadtteilen gut und richtig auf die Warnungen reagiert“ hätten. Holger Schmid von der Mannheimer Liste erwiderte, dass die Bevölkerung im Umgang mit dem Sirenennetz „gewaltigen Nachholbedarf“ habe. Seitz forderte auch, dass der „Bevölkerungsschutz wieder stärker“ ins Bewusstsein rücken müsse und dass Bund und Länder „mehr Mittel für den Katastrophenschutz“ bereit stellen müssten.

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Ist die Warnung der Bevölkerung in mehreren Sprachen erfolgt?

Diese Frage stellte die Vorsitzende des Migrationsbeirats, Zahra Alibabanezhad Salem. Sie habe auf der Webseite der Stadt die Warnung nur auf Deutsch gefunden. „Ja, es ist richtig: Wir stellen die Informationen ausschließlich in deutscher Sprache ein“, antwortete Näther. Von der Verwaltung herausgegebene Informationen sollten „absolut klar und verlässlich“ sein. Zwar wäre es in einer Stadt wie Mannheim „qualitativ förderlich“, Informationen in mehreren Sprachen zu geben, räumte er ein. „Wir haben aber nicht die Möglichkeit, in der gleichen Geschwindigkeit in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren.“ Kollmar kündigte an, zu prüfen, ob die Polizei der Feuerwehr helfen könne, Informationen schnell zu übersetzen. „Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund, die viele Sprachen sprechen.“ Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU) verwies auch darauf, dass die von der Verwaltung verteilte Broschüre zum Bevölkerungsschutz in 15 Sprachen verfügbar sei. „In der Akutsituation kann man aber sicherlich noch was machen.“

Droht bei anhaltend heißen Sommern eine größere Gefährdungslage bei Gefahrgutlagerungen?

Näther kann die Frage von Eberle nicht beantworten. „Wir stellen bei Hitzewellen mehr rettungsdienstliche Einsätze und mehr Notrufe der Bevölkerung fest“, erläuterte er. „Ob es eine höhere Gefährdung im Gefahrgutbereich gibt, können wir als Feuerwehr nicht feststellen und auch nicht sagen“, erklärte der Kommandant der Feuerwehr.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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