Mannheim. Susanne und Jochen haben es sich in einem Wartehäuschen der Straßenbahn auf den Planken bequem gemacht. Susanne balanciert ein leeres Holzbrett auf den Knien, der Flammkuchen ist bereits aufgegessen. Neben ihnen auf den Metallsitzen stehen zwei Gläser mit Weißweinschorle. Die beiden kommen aus Ilvesheim, sie sind mit dem Fahrrad da. „Ganz ökologisch und ohne Motor“, sagt Jochen. Nachhaltig ist auch ihr Mittagessen, sie haben Pfand für Brett und Gläser bezahlt und bringen es später zurück.
Pfandsystem auf dem Stadtfest
Dass jeder Stand auf dem Stadtfest ein Pfandsystem anbietet, ist Pflicht. Manche füllen Getränke in Gläsern ab, andere haben Becher aus recycelbaren Materialien. „Unsere Becher sind aus Maisstärke, das ist zu 100 Prozent recycelbar“, sagt Carsten Reich, der mit einem Getränkestand vertreten ist. Das Pfand beträgt zwei Euro, 3000 Becher hat er dabei, er rechnet damit, dass rund 2500 davon zurückkommen. Der Rest landet im Müll. Getrennt wird auf dem Stadtfest nicht. „Alles rein“, steht auf den schwarzen Tonnen mit gelbem Deckel.
„Nicht ideal“, finden Susanne und Jochen. Christine Igel, Geschäftsführerin der Event & Promotion Mannheim GmbH, die das Stadtfest veranstaltet, betont, dass Nachhaltigkeit bei solchen Festen immer eine Rolle spiele. „Das praktisch umzusetzen, ist allerdings nicht einfach, das stellen wir auch im Austausch mit anderen Städten fest.“
„Man trifft sich, man kennt sich, man freut sich!“
Samstagmittag. Blauer Himmel. Sonnenschein. Mannheim feiert Stadtfest. Das Motto: „Man trifft sich, man kennt sich, man freut sich!“ Das haben sich offensichtlich viele gedacht, schon am Samstagmittag sind die Planken gut gefüllt. Doch noch gibt es keine Warteschlangen an den Essens- und Getränkeständen, das wird sich am Abend ändern, wenn zehn, manchmal zwanzig Hungrige geduldig ausharren. Martina Bussemer hat es sich mit ihrem Mann, einer Tüte Pommes Frites und einer Bratwurst im Brötchen an einem der Tische am Paradeplatz bequem gemacht. Sie kommen aus Eberbach. Nach Mannheim fahren sie häufiger. „Wir mögen die Menschen und das Kompakte, alles ist gut zu erreichen“, sagt Martina Bussemer. Sie sind erleichtert, dass die Corona-Pandemie vorbei ist und endlich wieder ein richtiges Stadtfest stattfindet.
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Noch nie in Mannheim waren Ivan Konishuk (32) und Maya Brant (28), die beiden stammen aus Russland und wohnen seit zwei Jahren in Baden-Baden. Sie erkunden die Gegend. Letzte Woche waren sie in Heidelberg, dieses Wochenende ist Mannheim an der Reihe. Dass Stadtfest ist, wussten sie nicht. „So viele Leute, so viele Cafés und Restaurants“, sagt Maya Brant. Sie finde es toll, dass alle Altersgruppen dabei seien und zusammen feierten.
Besucher begeistert
Absolute Stadtfest-Fans sind der 21 Jahre alte Tom Bertsch und 29 Jahre alte Andy Gänsmantel. Warum? „Die Musik, das Essen, die Leute, man trifft immer jemanden, den man kennt“, erklären die gebürtigen Mannheimer. Günstig ist das Vergnügen gerade nicht: Im Schnitt fünf Euro für die Bratwurst, vier Euro für den Crêpes mit Zucker und Zimt Euro, ein Bier kostet vier Euro, ein Glas Riesling 5,50 Euro.
Rudi Kaiser ist seit einem Viertel Jahrhundert bereits mit von der Partie. Der Frankfurter betreibt ein Kinderkettenkarussell. Er sagt, er sei so etwas wie das Stadtfest-Inventar. „Auch meine Tochter und mein Enkel haben einen Stand.“ Dort gibt es Kartoffel-Twister-Spiralen.
Oper auf den Planken
Derweil zeigt das Nationaltheater auf der KulturNetz-Bühne zwischen O3 und O4 Präsenz. „Oper auf den Planken“, heißt das anderthalbstündige Programm mit einem Best of aus Freischütz, Fledermaus, Carmen und Hoffmanns Erzählungen. Die Holzbänke sind dicht besetzt, der eine oder andere wippt mit im Takt der Musik. Eine ist Birgit Maaßen-Rux. „Vor Corona hatten wir ein Abo für die Oper“, erzählt sie. Mal sehen, vielleicht stiegen sie bald wieder ein.
Unter anderem um Fitness geht es derweil beim vom Stadtmarketing Mannheim organisierten Kinderfest auf den Kapuzinerplanken. Das Institut für Präventive Diagnostik, Aktivitäts- und Gesundheitsforschung bietet in Kooperation mit der AOK Rhein-Neckar-Odenwald einen Kinder-Fitness-Test an. Es gibt fünf Disziplinen für Kraft, Koordination und Beweglichkeit. Fazit des Vormittags: „Es hapert an der Beweglichkeit“, sagt Yannick Schiwy. Eigentlich sollten Kinder – und Erwachsene – bei einer Rumpfbeuge mit den Händen die Fußspitzen erreichen. Klappt aber nicht immer. Raphael ist zehn Jahre alt und Fußballer, doch in Puncto Beweglichkeit erhält er nur einen Smiley. „Dehnt ihr euch vor dem Training?“, fragt Yannick Schiwy. „Nö.“ Dann solle er das doch mal bitte schön seinem Trainer sagen. „Ansonsten alles super.“
Autoposer-Kontrollen
Bald beginnen die Motoren auf der Kunststraße zu röhren. Die Autoposer lassen sich das Stadtfest nicht entgehen. Beamte der Ermittlungsgruppe „Poser“ sind schon vor Ort und kontrollieren die ersten Fahrzeuge, die in einer langen Schlange langsam vorrücken zum Ring.
Zurück auf den Planken zum Kunsthandwerkermarkt. Vorläufige Bilanz der Anbieter: von enttäuscht bis zufrieden. Schmuck, Seifen, Seide, Malerei, das Angebot ist übersichtlich, lediglich acht kleine Stände.
Mit der Besucher-Bilanz sind die Veranstalter indes zufrieden, wie Christine Igel von Event and Promotion betont. Am Freitag kamen 85.000 Besucher, am Samstag 150.000. „Wir freuen uns, dass das eine Veranstaltung für jedes Publikum ist, die es genießen, miteinander dort zu sein.“
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