Mannheim. Es ist der Alptraum vieler Häuslebauer: Während des Baus geht die ausführende Firma pleite. Für knapp 70 vorwiegend junge Familien im neuen Mannheimer Stadtteil Franklin ist durch die Insolvenz der Wiesbadener Traumhaus AG und ihrer Tochtergesellschaften genau dieser Fall eingetreten. Das dürfte nicht nur viele Bewohnerinnen und Bewohner der „Bunten Siedlung“ in finanzielle Bedrängnis bringen. Es könnte auch die Konversion in Mannheim verzögern. Eine Zwischenbilanz.
Die „Bunte Siedlung“
Es war ein Vorzeigeprojekt der Konversion auf Franklin: Die von Traumhaus gemeinsam mit dem niederländischen Stararchitekten Winy Maas geplante „Bunte Siedlung“. Insgesamt 125 Gebäude in den unterschiedlichsten Farben, Formen und mit verschiedenen Materialien sollten auf dem Teilgebiet Funari entstehen. Überwiegend Reihenhäuser vor allem für junge Familien waren geplant auf den zwei Bauabschnitten links und rechts der George-Washington-Straße - und das zu Preisen von 500 000 bis 590 000 Euro im Schnitt.
Der erste Bauabschnitt
Doch nur der erste Teil der beiden nahezu identischen Siedlungen ist bislang verwirklicht worden - und auch das nur zum Teil. Zwar stehen alle Rohbauten, und Schätzungen zufolge sind etwa drei Viertel der 74 Einheiten bewohnt. Doch manche Gebäude haben nur ein provisorisches Dach, andere noch keine Fassade. Außenanlagen wie Hecken, Eingangsbereiche, Wege, der Quartiers- und Spielplatz fehlen praktisch komplett.
Und daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Denn nach der Traumhaus-Insolvenz herrscht ein Baustopp. „Die Traumhaus AG und die Heinrich Hildmann Baugesellschaft werden die Arbeiten aufgrund der Insolvenz nicht zu Ende bringen können“, teilt der Sprecher des Insolvenzverwalters auf Anfrage mit. „Die Eigentümer müssen in Eigenregie eine Firma beauftragen oder sich zusammenschließen, damit die Häuser fertiggestellt werden.“
Die Eigentümer
Das bedeutet für diese jedoch nicht nur jede Menge Ärger und Verzögerungen, sondern aller Voraussicht nach auch Mehrkosten. Denn die Bewohner haben bei Traumhaus nicht klassisch ein Reihenhaus oder eine Wohnung gekauft: Alle zusammen bilden eine Eigentümergemeinschaft, die aufgrund der Vertragskonstruktion - so erzählen es mehrere Anlieger - nach der Insolvenz gegenüber der Stadt verpflichtet ist, die „Bunte Siedlung“ wie geplant zu Ende zu bauen. So ist der wahrscheinlichste Fall, dass die Kosten für die noch ausstehenden Arbeiten an den Gemeinschaftsflächen auf alle umgelegt werden.
Dennoch zeigt sich zumindest ein Teil der Bewohner recht gelassen. „Wir lassen uns davon nicht entmutigen“, sagt etwa ein 35 Jahre alter Mann, der seinen Namen lieber nicht veröffentlicht haben will. Trotz des ganzen Ärgers bereue er es nicht, in die „Bunte Siedlung“ gezogen zu sein: „Die Nachbarschaft ist hervorragend - das ist der größte Standortvorteil.“ Einige beruhigt auch, dass sie noch nicht den kompletten Betrag für ihre Immobilien an das insolvente Unternehmen überwiesen und so den potenziellen Verlust minimiert haben. Die meisten Anlieger möchten sich aber ebenso wie der Verwaltungsbeirat zurzeit lieber nicht gegenüber Journalisten äußern. Womöglich befürchten sie, potenzielle Investoren zu vergraulen.
Die Folgen der Insolvenz
Allerdings stehen die Chancen, dass jemand anderes kurzfristig das Mannheimer Projekt nach der Traumhaus-Pleite übernimmt, anscheinend auch so nicht besonders gut. Zwar hat das Team um die Insolvenzverwalter Philip Konen und Stephan Laubereau, die - nach der Überführung der Insolvenz in Eigenverwaltung in ein klassisches Verfahren - seit April das Sagen haben, erste Erfolge erzielt.
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So ist geplant, dass das Saentis Family Office fünf Traumhaus-Projekte, darunter das in Biblis, übernimmt. Der Sprecher der Insolvenzverwalter teilt jedoch mit: „Für das Projekt Mannheim-Franklin gab es ebenfalls Gespräche, hier ist eine Fortführung durch einen externen Investor nicht absehbar.“
Der zweite Bauabschnitt
Dennoch ist der Kaufvertrag über die Fläche des zweiten Bauabschnitts noch nicht endgültig aufgelöst. Ende vergangenen Jahres hatte die städtische Entwicklungsgesellschaft MWSP zwar mitgeteilt, das Geschäft werde „auf Initiative der Traumhaus AG rückabgewickelt“. Doch nun sagt der Sprecher der städtischen Gesellschaft: „Die MWSP möchte den Kaufvertrag für das Grundstück rückabwickeln, bislang gibt es hier aber kein Interesse des Insolvenzverwalters.“
Dessen Sprecher wiederum erklärt: „Hier befindet sich der Insolvenzverwalter in Gesprächen mit den Verantwortlichen der Stadt Mannheim über einen möglichen Rückerwerb des Grundstücks durch die Stadt.“ Der Ausgang scheint also noch offen. Einem mit der Stadt abgeschlossenen Durchführungsvertrag zufolge sind jedoch Traumhaus beziehungsweise die Rechtsnachfolger verpflichtet, den zweiten Teil der „Bunten Siedlung“ bis Ende 2025 fertigzustellen.
Mögliche Unterstützung
Dass die betroffenen Familien des ersten Bauabschnitts derweil Hilfe vonseiten der öffentlichen Hand erhalten, scheint wenig wahrscheinlich. Auf die Frage nach einer möglichen städtischen Unterstützung teilt eine Sprecherin des Baudezernats mit: „Das Insolvenzverfahren der Traumhaus AG unterliegt dem Privatrecht, die Stadt ist hier nicht involviert.“ Der Sprecher der MWSP erklärt: „Möglichkeiten der konkreten Unterstützung über eine Beratung hinaus haben wir keine.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Rückzug bei Franklins "Bunter Siedlung" ist kein Drama