Die Klagen über die akute Raumnot an der Waldschule im Stadtteil Gartenstadt sind etliche Jahre alt. Dass die „allerletzte Besenkammer“ genutzt werden müsse und es „Nagerprobleme“ gebe, darauf wies beispielsweise Schulleiter Jörg Schuchardt vor vier Jahren hin. Dabei kam die Beschreibung der desolaten Zustände keineswegs nur aus den Reihen der Leitung oder der Eltern. „Das ist sehr prekär“, sagte beispielsweise die SPD-Bezirksbeirätin Sabine Seifert im Herbst 2019. Stefanie Heß (Grüne) gab im Sommer 2020 nach einer Ortsbesichtigung zu Protokoll: „So schlimm habe ich es mir nicht vorgestellt.“ Und CDU wie FDP verlangten damals ein „Sofortprogramm“.
Das kam bekanntlich nicht. Aber spätestens im Sommer dieses Jahres sollte es eigentlich losgehen mit einem ersten Schritt zur Lösung der vielfältigen Probleme: dem Bau eines neuen Klassentrakts als Ersatz für den maroden C-Bau aus dem Jahr 1967. Zum Schuljahr 2024/25 sollten die sechs Zimmer plus zwei Differenzierungsräume zur Verfügung stehen. Der Grundsatzbeschluss des Gemeinderats dazu ist im Sommer 2021 gefallen, das Geld steht zur Verfügung – nur die Maßnahmegenehmigung steht noch aus. Aber ob oder wann sie kommt, ist derzeit völlig offen.
Denn: Bei dem für den Neubau vorgesehenen Grundstück, dem bisherigen Außensportplatz, handle es sich um „kein Baugrundstück“. Das teilte das Baudezernat der Stadt im Gestaltungsbeirat mit, der Ende Januar zusammengetroffen war – unter anderem beim Vor-Ort-Termin an der Waldschule. Von der Mitteilung seien Schule und Elternbeirat unangenehm überrascht worden, teilt Vorsitzender Rainer Köhler im Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ mit.
Stadt: „So schnell als möglich“
Ebenso überrascht von der neuen Entwicklung sei auch die städtische Schulbaugesellschaft BBS gewesen. Sie hatte im Gestaltungsbeirat auf zehn Seiten detaillierte Pläne zur Gestaltung und Umsetzung des Neubaus vorgelegt. Aber weil der geplante Standort „kein Baugrundstück“ sei, werde „die Grundstückswahl den gewünschten kurzfristigen Raumbedarf nicht decken können“, heißt es im Protokoll des Gestaltungsbeirats.
Inzwischen hat es Rektor Schuchardt auch schriftlich, dass wegen der ungeklärten baurechtlichen Situation von Bauherrenseite bis auf Weiteres alle Planungen und Arbeiten gestoppt worden seien.
Was bedeutet das jetzt konkret für die Schule? Das wollte der „MM“ von der Verwaltung wissen. Eine Sprecherin des Bildungsdezernats teilte mit, „derzeit werden verschiedene Möglichkeiten geprüft, von der Befreiung nach §35 Baugesetzbuch bis hin zur Realisierung an anderer Stelle auf dem Schulgelände“. „Derzeit nicht geplant“ sei die Aufstellung eines Bebauungsplans, denn „dies würde ca. zwei Jahre dauern“.
Ziel sei es nach wie vor, „mit dem Ersatzneubau so schnell als möglich zu beginnen“, die beteiligten „Ämter und Unternehmen wägen im rechtlichen Rahmen die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten ab“. Der „MM“ fragte bei der Verwaltung erneut nach: Was bedeutet „so schnell als möglich? Ist mit einem Baubeginn, wie geplant, in diesem Jahr zu rechnen?“ Das sei „grundsätzlich vorstellbar“, so die Sprecherin am Dienstag: „Wann wir jedoch in die konkrete Umsetzung gehen, wird davon abhängen, für welches Planungskonzept wir uns entscheiden.“
Elternbeirat verärgert
„Was mich furchtbar ärgert, ist dieser erneute Zeitverzug“, sagt Elternbeiratsvorsitzender Rainer Köhler. Falls der bisher angedachte Standort ausscheidet, erwartet er von der Stadt eine Alternativlösung, da sei er sich mit Schulleiter Jörg Schuchardt völlig einig.
Das könne der Neubau an anderer Stelle auf dem Freigelände – oder am Standort des bestehenden C-Baus sein. Sollte der aber deshalb abgerissen werden, brauche es eine Übergangslösung mit Containern. Denn die beiden Zimmer, die in dem maroden Gebäude derzeit noch von Klassen genutzt werden können, seien unverzichtbar. Schon jetzt müsse man für den regulären Unterricht zum Beispiel Physik- und Chemie-Saal nutzen, die dann wiederum als Fachräume fehlten.
Zwei Wanderklassen
Jedes Jahr gebe es außerdem zwei Wanderklassen, die ständig umziehen müssten. Das sei für alle extrem belastend. Wenn der Neubau sich jetzt „noch einmal verzögert, laufen uns die Lehrkräfte davon“, befürchtet Köhler. Elternbeirat und Schulleitung, das betont er, „sind kooperativ und tragen alles mit“, was zur schnellen Umsetzung der Pläne beitrage – aber nur, wenn es die Situation nicht noch weiter verschlechtere.
Ausgesprochen irritiert von der neuen Entwicklung zeigte sich CDU-Stadtrat Thomas Hornung, der an der Sitzung des Gestaltungsbeirats teilgenommen hatte. Offenbar habe sich innerhalb der Verwaltung über die 2019 beschlossene Umsetzung des Projekts ab 2023 „niemand Gedanken gemacht“ und auch niemand mit der BBS über baurechtliche Schwierigkeiten gesprochen.
Im Ausschuss für Umwelt und Technik am 9. Februar fragte Hornung Baubürgermeister Eisenhauer unter anderem nach dem Zeitplan für das Projekt an der Waldschule. Der wich zunächst aus. Die CDU reagiert jetzt mit einer Anfrage im Gemeinderat. Sie möchte konkret wissen: „Erstrebt und erwartet die Verwaltung einen Baugebinn in 2023?“
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