Konsumverhalten - Veränderungen beschränken sich auf Lebensmittelbranche / Maßnahmen zur Mobilitätswende in Mannheim tragen Früchte

Bio und fairer Handel im Trend

Von 
Joana Rettig
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Laut dem Handelsvertreter Swen Rubel steigt die Nachfrage nach Bioprodukten und fair gehandelten Lebensmitteln. © dpa

Wenn 63 Prozent der beim „MM“-Bürgerbarometer befragten Mannheimer angeben, ihr Verhalten wesentlich für den Klimaschutz verändert zu haben – dann muss sich das ja irgendwo zeigen. Und das tut es auch, sagt Swen Rubel, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Nordbaden.

„Generell merken wir, dass sich der Plastiktütenverbrauch drastisch reduziert“, erklärt Rubel. Das habe aber mit der Selbstverpflichtung vonseiten des Handels zu tun. „Das Plastiktütenverbot ist Feigenblattpolitik“, sagt er. Denn dass der Onlinehandel immer weiter floriere, schlage sich extrem auf den Plastikverbrauch nieder. „Die Transportverpackungen wachsen immer weiter“, erklärt Rubel.

Im stationären Einzelhandel zeige sich aber dennoch, dass Kunden größeren Wert auf Unverpacktes legen. „Darauf reagieren die Supermärkte.“ Auch das Konsumverhalten durchlaufe einen Wandel: „Die Nachfrage nach Bio-Produkten ist zuletzt per anno um fünf Prozent gestiegen. Fair gehandelte Produkte wachsen jährlich zweistellig“, sagt der Handelsvertreter. Auch vegetarische Produkte seien stark im Trend in der Quadratestadt. „Hier stocken die Supermärkte das Sortiment immer weiter auf, obwohl das natürlich auch irgendwann ausgereizt ist.“

Generell konzentriere sich der Konsumwandel aber lediglich auf die Lebensmittelbranche. In Bereichen wie etwa dem Textilhandel gebe es zwar einen großen Aufschrei, „aber trotzdem greifen die Kunden eher zu den Billigartikeln“. Sprunghafte Veränderungen habe es hier noch nicht gegeben.

Auch die Klimaschutzagentur Mannheim sieht keinen besonders starken Wandel. „Wir haben seit zehn Jahren viel zu tun“, erklärt die Geschäftsführerin Agnes Schönfelder. „In den ersten Jahren haben wir dafür gekämpft, dass es ein Bewusstsein dafür gibt – das ist jetzt da.“ Aber mehr Beratungen als in den vergangenen Jahren gebe es zur Zeit nicht. „Das eigene Handeln zu ändern, ist immer noch etwas anderes, als zu wissen, dass man es müsste.“ Heute wüssten die Menschen, was gut ist und was nicht. „Aber der Sprung vom Bewusstsein zum tatsächlichen Handeln ist noch nicht sehr stark ausgeprägt.“ Neben dem Mannheimer Mehrweg-Kaffeebecher bietet die Agentur nun ein sogenanntes Einweg-Starterset an. „Darin ist der Becher, aber auch ein Obst- und Gemüsebeutel und ein Bienenwachstuch enthalten“, sagt Schönfelder. Man versuche damit, den Leidensdruck für Menschen, die ihr Konsumverhalten verändern wollen, zu verringern. „Das ist, wie mit dem Rauchen aufzuhören – schwer.“ Finanzielle Anreize und gleichwertige Alternativen aufzuzeigen, ist die Aufgabe, der sich die Klimaschutzagentur stellt.

Es ist aber nicht nur der Konsum, der sich im klimafreundlichen Verhalten zeigt. Auch die Mobilität spielt eine große Rolle. Mannheim ist seit diesem Jahr eine von fünf Modellstädten in Deutschland, die das Ziel haben, eine Mobilitätswende zu erreichen und somit die Luftqualität zu verbessern, weniger CO2 auszustoßen. Dabei sollen Bürger dazu bewegt werden, häufiger öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) zu nutzen – etwa durch günstigere Tickets.

Nutzung des ÖPNV steigt

Die haben laut einer Stadtsprecherin zu einer Steigerung der ÖPNV-Nutzung geführt. Im ersten Halbjahr 2019 waren demnach die Fahrzeuge um 5,9 Prozent mehr belegt als im selben Halbjahr 2018. „Es muss allerdings erst noch ausgewertet werden, wer genau die Fahrgäste sind, die seit Beginn der Modellstadt-Maßnahmen für die erhöhte Nutzung sorgen“, schreibt die Sprecherin auf Anfrage. „Möglicherweise handelt es sich um Umsteiger, also Fahrgäste, die beispielsweise vom Auto auf den ÖPNV gewechselt sind und den ÖPNV vorher gar nicht oder kaum genutzt haben.“ Möglich könne aber auch sein, dass bisherige ÖPNV-Nutzer noch häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und sich die Zahl der Fahrten dadurch erhöht hat.

Einen stärkeren Effekt hätten die Maßnahmen bezüglich des Verbindungsangebots. Seit Dezember 2018 hat die Stadt zusammen mit der Rhein-Neckar-Verkehr die Buslinie 50 durch eine Verlängerung der Linie 45 zwischen Neuostheim und Waldhof-Bahnhof verdichtet. „Hier konnten wir im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr 2018 einen Fahrgastzuwachs von einem Viertel, genau 26 Prozent, feststellen.“ Eine Studie soll im nächsten Jahr Aufschluss darüber geben, welche Faktoren tatsächlich für die höhere ÖPNV-Nutzung verantwortlich waren.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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