Kunst

Besuch in der Ausstellung "6:56" in Mannheim: Zeugnisse der Gewalt

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat in Mannheim die Ausstellung "6:56" eröffnet. Die Schau zeigt Bilder, die israelische Soldaten nach dem Hamas-Überfall am 7. Oktober aufgenommen haben

Von 
Sebastian Koch
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Zerstörungswut: Vom Auto im Kibbuz Be’eri ist nicht mehr viel übrig. © s. koch

Mannheim. Noch gibt es im Haus Hurra! in der Fressgasse ein wenig zu tun. „Wir müssen noch an der einen oder anderen Schraube drehen. Zum Beispiel wollen wir den Ausdruck noch laminieren“, erklärt Chris Rihm einer Frau, die am Vormittag die vor wenigen Minuten erst eröffnete Ausstellung „6:56“ der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Mannheim/Rhein-Neckar (DIG) besucht.

Die Schau, die zuvor auch in Würzburg zu sehen war, wurde in Mannheim mit der sprichwörtlich heißen Nadel kuratiert, wie DIG-Vorsitzender Rihm sagt. „6:56“ zeigt etwa 20 Fotos, die israelische Soldaten nach dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel im Kibbuz Be’eri aufgenommen haben.

Ausstellung in Mannheim zeigt Bilder aus dem Kibbuz Be'eri

Mehrere Wochen lang haben DIG und Stadtverwaltung über den Rahmen der Schau diskutiert und sich schließlich, aber recht kurzfristig, auf das Haus Hurra! geeinigt. Das ist von der städtischen Tochtergesellschaft Next Mannheim angemietet und als Ausstellungsfläche konzipiert worden. Die Ausstellung ist bis 30. April unter der Woche von 10 bis 13 und 16 bis 18 Uhr sowie an Wochenenden von 10 bis 13 und 14 bis 18 Uhr zu sehen. Am 13., 25. und 27. April ist sie geschlossen.

Ein Bild der Gewalt: Die Ausstellung zeigt Bilder von Einschusslöchern an Scheiben. © Sebastian Koch

Die Fotos lassen die Gewalt erahnen, mit der die Terroristen das Kibbuz überfallen haben. Sie zeigen kein Blut, keine Menschen, schon gar keine verstümmelten Leichen. Die besonders grausamen Bilder, „die uns vorlagen“, habe man nicht ausgestellt, um so Provokationen zu vermeiden, hatte Rihm vergangene Woche erklärt.

Stattdessen sind Bilder zu sehen, die Zerstörung und auf subtile Weise das Grauen dieses Morgens dokumentieren. Da ist ein Auto, das im Wahn in Einzelteile zerschlagen wurde. Ein großes Loch in einer Hauswand zeugt vom Eindringen der Terroristen, die am 7. Oktober von 6.56 Uhr an 1139 Menschen getötet haben - 116 davon im Kibbuz Be’eri. Sie hinterließen Einschusslöcher und Brandruinen. Auf einem Foto ist auf einem Schild, das im Chaos auf einem Tisch steht, ein Wort zu lesen: „Friends“.

DIG Mannheim zeigt auch Porträts der Geiseln der Hamas

Die Fotos berühren. Gleichzeitig kommen einem aber auch jene Bilder in den Sinn, die derzeit fast täglich aus Gaza zu sehen sind. Eine ungleiche Gewalt? Diese Frage beantwortet die Ausstellung nicht. Das will sie auch nicht und nimmt das zu keiner Zeit für sich in Anspruch. Dennoch: Auch die Frage der Verhältnismäßigkeit schwingt beim Besuch von „6:56“ im Haus Hurra! mit.

Auch die Bilder der Geiseln, die die Terroristen in den Gaza-Streifen verschleppt haben hängen an den Wänden. © Sebastian Koch

Vielleicht auch bei jener Besucherin, mit der sich Rihm unterhalten hatte? Es sei schlimm und schrecklich, was in Gaza geschieht, sagt sie dem Redakteur. „Aber es ist wichtig, nicht zu vergessen, was diesen Krieg ausgelöst hat.“ Der Terror der Hamas als auslösender Moment gerate in der Debatte um die israelische Armee derzeit ins Hintertreffen. „Deshalb ist die Ausstellung so wichtig.“

Ein Mann, der ins Haus Hurra! kommt, kritisiert Vertretern der DIG gegenüber eine Einseitigkeit der Ausstellung. Die erklären ihren Standpunkt. Das Gespräch wird mit harten Argumenten geführt, verläuft aber friedlich - wie der gesamte Tag, wie Rihm am Abend mitteilt.

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Im hinteren Teil hängen weitere Bilder. Porträts. Die, mit denen Israel an die etwa 130 Geiseln erinnert, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden. „Ein Bild haben wir wieder abgehängt“, sagt Rihm und zeigt auf den Tisch, auf dem es liegt. An diesem Wochenende wurde die Leiche des 47-Jährigen gefunden.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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