Protest

Beschäftigte des Mannheimer Klinikums: „Wir brauchen endlich Klarheit!“

Rund 500 Beschäftigte des Mannheimer Klinikums wollen am Donnerstag in Stuttgart dagegen protestieren, dass es bei der Fusion mit Heidelberg nicht vorangeht. Der Betriebsratsvorsitzende kritisiert den Ministerpräsidenten

Von 
Steffen Mack
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Der seit Pandemiebeginn geschlossene Haupteingang des Klinikums. Ähnlich wenig geht in Stuttgart. © Christoph Blüthner

Mannheim/Stuttgart. Was wollen Sie mit Ihrer Kundgeben vor dem Landtag an diesem Donnerstag erreichen?

Ralf Heller: Unsere Beschäftigten haben endlich eine Antwort auf die Frage verdient, wie es weitergeht. Werden wir übernommen? Wie soll der Verbund aussehen? Und wann geht es endlich konkret voran mit dem Großbauprojekt „Neuen Mitte“, das wir – ganz unabhängig von einer Fusion mit Heidelberg – dringend brauchen? Dass wir zum Beispiel seit Jahren auf die absolut notwendige Erneuerung der zentralen Notaufnahme warten, ist völlig irre.

Wie kamen Sie auf die Idee, nach Stuttgart zu fahren?

Heller: Protest in Mannheim würde nichts helfen, wir müssen zur Landesregierung. Das ist, soweit ich weiß, das erste Mal, dass ein Universitätsklinikum so etwas organisiert. Es ist auch ein sehr großer Aufwand, zumal wir gerade unter der großen Erkältungswelle leiden. Und unsere Patienten lassen wir natürlich trotzdem nicht allein.

Ralf Heller

Der gebürtige Heidelberger Ralf Heller lebt seit 1989 in Mannheim.

Am Klinikum arbeitete er damals als Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin.

Im Betriebsrat sitzt Heller seit 1997. Bevor er für dieses Amt 2001 freigestellt wurde, war er Stationsleiter.

Seit 2014 ist er Betriebsratschef und zugleich stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Mannheimer Universitätsmedizin.

Der 60-Jährige ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter.

Was sagt die Geschäftsführung zu Ihren Protestplänen?

Heller: Die kommen mit! Formal ist es so, dass wir morgen eine Betriebsversammlung in Stuttgart abhalten. Da werden die Geschäftsführer natürlich ebenso sprechen wie Gewerkschaftsvertreter, und wir hoffen auch auf viel Zulauf aus dem Landtag. Die Fraktionschefs von SPD und FDP sowie einige Abgeordnete haben sich schon angekündigt. Wir hoffen natürlich auch auf Vertreter der Landesregierung, am liebsten auf den Ministerpräsidenten.

Was würden Sie dem sagen?

Heller: Dass wir endlich Klarheit brauchen! Das Konzept für eine Fusion liegt seit mehr als zwei Jahren auf dem Tisch. Ich habe seither unzählige neue Leute in der Politik kennengelernt und gemeinsam mit den Heidelberger Kollegen unzählige Gespräche geführt. Aber Fakt ist: Die Landesregierung trifft einfach keine Entscheidung.

Woran liegt das?

Heller: Wenn man nach den Gründen fragt, ist Schweigen im Wald. Ich rechne das Herrn Kretschmann persönlich an. Der Ministerpräsident reist mit den Automobilbossen in der Welt herum, statt endlich dieses Projekt voranzubringen. Dabei würde davon ja nicht nur die Region hier enorm profitieren, sondern ganz Baden-Württemberg. Aber wenn er eine so wichtige Zukunftsentscheidung für das ganze Land nicht mehr treffen kann, sollte er sein Amt besser aufgeben.

Ist es nur Winfried Kretschmann allein, oder sehen Sie noch andere Bremser in der Landesregierung?

Heller: Es bremsen offensichtlich vor allem die Grünen. Auf die bin ich im Moment wirklich sehr sauer, obwohl ich sie auch schon gewählt habe . . .

Wobei mit Theresia Bauer als Wissenschaftsministerin ja eine Grüne die Fusion mit Heidelberg ja auf den Weg gebracht hat . . .

Heller: Stimmt, das fanden wir auch sehr gut. Leider konnte sie sich innerhalb der Landesregierung nicht durchsetzen.

Was ist denn mit ihrer Nachfolgerin, Petra Olschowski?

Heller: Sie ist noch zu neu im Amt, da kann ich mir kein Urteil erlauben.

Und Finanzminister Danyal Bayaz? Der müsste als Heidelberger doch die Vorteile des Projekts aus nächster Nähe erkennen?

Heller: Ich war vor mehr als einem Jahr extra mal bei einer Wahlveranstaltung in Heidelberg, um ihn darauf anzusprechen. Ich fand ihn mir – und damit auch den Beschäftigten im Mannheimer Klinikum gegenüber – ziemlich herablassend. Aber immerhin hat er gesagt, das Projekt werde innerhalb der Landesregierung sehr hoch gehängt. Davon habe ich leider noch gar nichts gemerkt.

Mit die größten Widerstände sollen von Gesundheitsminister Manne Lucha kommen. Ist das auch Ihr Eindruck?

Heller: Ja. Er hält uns ja auch bei der „Neue Mitte“ hin. Wir haben ihn zu unserer Kundgebung eingeladen. Sofern er kommen sollte, werde ich ihm ein Foto von einer Kabine in unserer Notaufnahme überreichen und ihn fragen, ob er als Patient da gerne drinliegen würde.

Dabei hatte Lucha vor der Fusionsdebatte bereits zugesagt, die „Neue Mitte“ aus dem Fonds für kommunale Krankenhäuser mit „50 Prozent plus X“ der förderfähigen Kosten zu unterstützen.

Heller: Das sagte er zwar. Aber seither sprechen seine Auftritte eine andere Sprache. Etwa bei der 100-Jahr-Feier des Klinikums im Sommer, als vom Gesundheitsminister nur eine kurze Videobotschaft kam. Die hätte er besser ganz gelassen und stattdessen einen Staatssekretär geschickt.

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Worauf führen Sie Luchas zögerliche Haltung zurück?

Heller: Es geht ihm offenbar vor allem darum, dass wir möglichst viele Betten abbauen. Aber ohne zu sagen, wie das gehen soll, finde ich das richtig unverschämt. Wir haben über zwei Jahre Pandemie hinter uns, mit massiven Personalausfällen zu kämpfen und sind aktuell mit unseren Kapazitäten in der Kinderklinik fast am Ende. Das geht Krankenhäusern in ganz Deutschland so. Aber mit unseren baulichen Nachteilen leiden wir besonders. Die „Neue Mitte“ würde einiges verbessern, und sich laut Experten auch mit 30 Millionen Euro pro Jahr positiv auf unser Ergebnis auswirken.

An Gutachten, was den großen Nutzen einer Fusion oder auch nur eines Verbundes angeht, herrscht ohnehin kein Mangel . . .

Heller: Absolut, seit Jahren wird geprüft und geprüft und geprüft. Das sollte auch mal die baden-württembergischen Steuerzahler interessieren, wie viel Geld die Landesregierung für immer wieder neue Gutachten über das Projekt verschwendet, bestimmt schon 1,5 Millionen Euro.

Für Sie ist die Fusion mit Heidelberg die einzig mögliche Lösung?

Heller: Das nicht. Für uns ist entscheidend, dass wir unter die Trägerschaft des Landes kommen, sehr gerne auch als eigenständiges Universitätsklinikum.

Was allerdings politisch ziemlich unvorstellbar ist. Gebe es denn zum Zusammengehen mit Heidelberg noch eine Alternative?

Heller: Zumindest wird keine für mich erkennbar diskutiert. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie ein Plan B aussehen sollte. Klar ist: Gegen eine Privatisierung würden wir uns mit allen Mitteln wehren. Doch zum Glück ist noch niemand auf diese verrückte Idee gekommen. Wir sind der Stadt Mannheim wirklich sehr dankbar, mit wie viel Geld sie uns seit Jahren hilft. Aber mittlerweile ist sie davon als Trägerin einfach ganz klar überfordert. Das würde allen Kommunen so gehen.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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