Stadtgeschichte

Beliebte Soldaten des Glanzes: Garde des Mannheimer Feuerio feiert 125-jähriges Bestehen

Die ersten 20 Mann werden für 720 Reichsmark eingekleidet - in den Stadtfarben blau, weiß und rot: Vor 125 Jahren hat der Feuerio die Prinzengarde ins Leben gerufen. Was die Geschichte des Feuerio ausmacht

Von 
Peter W. Ragge
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Gerühmt als „echte Ballkavaliere“ und „Soldaten des Glanzes“: Mitglieder der Feuerio-Garde auf einer Aufnahme zu Beginn des 20. Jahrhunderts. © Vereinsarchiv Feuerio

Mannheim. Die ersten 20 Mann werden für 720 Reichsmark eingekleidet - in den Stadtfarben blau, weiß und rot, dazu etwas Gelb aus den badischen Farben: Vor 125 Jahren hat der Feuerio die Prinzengarde ins Leben gerufen. Heute umfasst sie mehr als 140 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die entweder Repräsentationsaufgaben wahrnehmen oder karnevalistischen Tanzsport betreiben. Damit ist die Feuerio-Garde, die am Samstag beim „Weißen Ball“ im Rosengarten stramm steht und tanzt, die älteste und größte fasnachtliche Formation Mannheims.

Feurio Garde in Mannheim: Erster Auftritt bei der Fasnacht 1899

Ihr erster öffentlicher Auftritt ist beim Fasnachtszug 1899. Wenn auch Uniformen und Drill bei Garden als Persiflage auf das Militär in napoleonischer Zeit entstanden sind, so hat sich doch der Feuerio von Beginn an bis heute einen Namen für exaktes, stilvolles Auftreten gemacht.

„Wenn die Prinzengarde präsentiert und defiliert, dann recken nicht nur die Mannemer Mädle die Hälse, sondern auch die Älteren freuen sich über den Schneid und die gute Haltung dieser Jungen in den schmucken Uniformen“, lobt schon 1909 der „General-Anzeiger“.

Heute der Stolz des Vereins mit mehreren Meistertiteln: die gemischte Garde, hier bei einem Auftritt im Musensaal im Rosengarten. © Michael Ruffler

Da ist die Garde bereits enorm gewachsen. 1904 gehören ihr 40 Gardisten an, 1909 schon sechs Offiziere sowie 120 Unteroffiziere und Mannschaften. 1911 werden als zusätzliche Truppe die „Blauen Funken“ gegründet, die Kindergarde, und sogar ein eigener Spielmannszug.

Nicht nur bei vereinseigenen Veranstaltungen sind die Gardisten gefragt. Als Ehrenbürger und Konsul Carl Reiß im Januar 1912 einen Maskenball im Rosengarten gibt, „kann der lange Mittel- und Seitengang die schmucke Garde nicht mehr fassen“, wie ebenso der „General-Anzeiger“ schreibt: „Wenn diese Heerschar aufmarschiert, strahlt der ganze Saal“. Die „Soldaten des Glanzes“ seien mehr als nur Ehrenspalier für den Prinzen, sondern „echte Ball-Kavaliere“.

Feurio in Mannheim: Beitritt nur mit Bürgen

Feuerio-Mitglied dürfen die Gardisten, von den Offizieren abgesehen, indes erst ab 1910 werden - zuvor gibt es ab 1904 einen eigenen Prinzengardeverein. Schließlich orientiert sich der 1898 gegründete Verein am Dreiklassenwahlrecht - da darf nicht jeder eintreten. „Wir sind halt wer beim Feuerio“ - jenes geflügelte Wort hat hier seinen Ursprung.

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„Ein gewisses elitäres Denken griff bald Platz“, hat es Ehrenpräsident Joachim Mayer in der von ihm mit Ex-Gardeoffizier und Gardeminister Heinz Schmetzer 1998 bis 2000 erarbeiteten Vereinschronik formuliert. Wer Mitglied werden will, muss sich lange bewerben. Sein Name wird sechs Monate ausgehängt. Nur wenn keine Einwände kommen und obendrein zwei Bürgen quasi eine Garantie abgeben, darf sich jemand Feuerianer nennen.

Einen Einschnitt stellt der Erste Weltkrieg dar, der das fasnachtliche Geschehen zum Erliegen kommen lässt. 1921 sind es Gardisten, die den Impuls geben, dass der Feuerio wieder aktiver wird. Die 1920er/1930er Jahre bilden eine neue Glanzzeit, bis die Nationalsozialisten alles gleichschalten und der Zweite Weltkrieg für ein Ende der Narretei sorgt. Allerdings werden Gardisten, die zur Wehrmacht eingezogen worden sind, mit Feldpost und Päckchen aus der Heimat versorgt, solange es geht.

Feurio schafft mit Garde den Neubeginn

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es wieder die Garde, aus der heraus der Feuerio den Neubeginn schafft. Aber ihr sind nur 30 Uniformen in schlechtem Zustand verblieben. Holzsäbel und Patronentaschen sollen von amerikanischen Soldaten verheizt, die Holzgewehre und Degen als Kriegsbeute nach Amerika verschifft worden sein. Zum 50. Feuerio-Geburtstag 1948 treten die ersten 15 Gardisten wieder auf. Und 1957 schreibt der „MM“: „Was wäre die Fasnacht in Mannheim ohne die Prinzengarde?“ und lobt das „malerisch-prunkvolle Bild, das die älteste, stolzeste Garde im südwestdeutschen Raum“ erneut zeigt.

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Ausgerechnet ihr 75-jähriges Bestehen muss die Garde 1974 auf der anderen Rheinseite feiern, denn wegen der Erweiterung des Rosengartens findet da der „Weiße Ball“ im Pfalzbau statt. Der damalige Feuerio-Präsident Franz Biedermann rühmt die Garde da als „Gemeinschaft, die bestimmt war von der fröhlichen Unbekümmertheit junger Menschen, motiviert durch die Freude am fasnachtlichen Spiel, geprägt von der Freundschaft untereinander“.

Mitglied der Prinzengarde zu sein heiße aber auch, nicht nur zu feiern und für den Verein zu repräsentieren, sondern „uneigennützig hilfsbereit zu sein“, seien doch viele Feuerio-Veranstaltungen „ohne Idealismus und Einsatzbereitschaft jedes Gardisten“ nicht denkbar, etwa die einst riesigen Feste wie die „Herbst-Partie“ auf der Rennwiese (heute Freizeitwiese Luisenpark).

Feurio-Garde ist Begleiter des Prinzen

Das gilt bis heute. Beim Blumepeterfest, das der Feuerio über 50 Jahre zugunsten der „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“ ausrichtete, stellte die Garde bei Auf- und Abbau sowie mit dem Betrieb des Grillstands stets einen wichtigen Aktivposten dar. Auch beim Stadtfest kann der Feuerio auf seine Garde zählen.

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Die wichtigste Aufgabe bleibt aber, „Leibwache seiner Tollität“ zu sein. Zwar stehen nicht mehr, wie bis in die 2000er Jahre, vor dem Steigenberger-Hotel „Mannheimer Hof“ Wachhäuschen mit Gardisten. Aber die Prinzengarde ist - ehrenamtlich! - zuständig, den Regenten zu den meist um die 300 Terminen pro Kampagne zu chauffieren und diese so zu koordinieren, dass er keinen verpasst.

Eintrittskarte in die Gesellschaft

Mitglied der Prinzengarde zu sein, das ist viele Jahrzehnte begehrt und eine Eintrittskarte in die Mannheimer Gesellschaft. Mit FDP-Stadtrat Volker Beisel gehört der von Kommandeur Jürgen Steube geführten Prinzengarde derzeit sogar ein Kommunalpolitiker an, und mit Robert Dussel (1964), Konrad Strigel (1971), Michael Rinklef (2007) und in dieser Kampagne Jochen Braxmeier kommen mehrfach Prinzen aus den Reihen der Uniformierten.

Schon ab den 1930er Jahren gibt es beim Feuerio Tanzmariechen. Heute sind die meisten Mitglieder Tänzerinnen und Tänzer. Große Bedeutung erlangt der karnevalistische Tanzsport ab den 1970er und 1980er Jahren. Seit fast 50 Jahren richtet der Bund Deutscher Karneval Deutsche Meisterschaften aus. Dabei gilt der Feuerio als eine der besten Garden Deutschlands. Allein 1994, 2005, 2009, 2011, 2012, 2018, 2019, 2023 hat seine Garde den Titel des Deutschen Meisters geholt, dazu unzählige Vizemeister-Titel oder Platzierungen bei der Süddeutschen sowie der Baden-Pfalz-Meisterschaft.

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