Ein Fünf-Sterne-Hotel sollte aus dem ehemaligen Gebäude des Kühlräumeherstellers BBC-York beim Planetarium werden, „mit allem Komfort“. So hatte es der Mannheimer Projektentwickler Egon Scheuermann im Mai 2015 im „MM“ angekündigt, nachdem er das Hochhaus an „Geschäftsleute aus Aserbaidschan“ verkauft hatte, wie es damals hieß. In eineinhalb Jahren sollte alles fertig sein, von einer 30-Millionen-Euro-Investition war die Rede. Getan hat sich bislang: nichts. Warum, das lässt sich nicht in Erfahrung bringen: Die Eigentümerin des Gebäudes, eine Gesellschaft mit dem Namen Sapphire Property Development GmbH, ist nicht zu erreichen.
Die Sache ist ein bisschen wie in einem Krimi. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Köln, im Internet finden sich aber weder Telefonnummer noch E-Mail-Adresse, eine eigene Internetseite hat die Firma auch nicht. Eine Anfrage bei der Stadt Köln bringt ebenfalls keine Erkenntnisse – dort ist nichts über das Unternehmen bekannt, wie ein Rathaus-Sprecher auf Anfrage erklärt.
Das neungeschossige frühere BBC-York-Gebäude in der Gottlieb-Daimler-Straße am Stadteingang aus Heidelberg sieht auch heute noch so aus, wie es Scheuermann vor knapp sechs Jahren verkauft hat. Nur noch das Betonskelett des Ende der 1970er Jahre gebauten Hauses steht, keine Fenster, keine Fassade. Ein Bauzaun umgibt das Haus. Auf dem Beton-Vordach am Haupteingang wachsen Moos und andere Pflanzen, auf dem Boden türmen sich Laubberge. „Ich kenne das Gebäude gar nicht anders“, sagt ein Passant, der in der Nähe arbeitet und gerade Mittagspause hat. „Ab und zu geht mal ein Sicherheitsdienst mit dem Hund durch, aber sonst sind keinerlei Tätigkeiten zu erkennen.“
Auch der frühere Eigentümer Scheuermann weiß nach eigenen Angaben nicht, warum es in dem Gebäude mit dem blauen Schriftzug auf dem Dach nicht vorangeht. Einen Kontakt zu Sapphire Property Development kann er ebenfalls nicht herstellen. Aus Mannheimer Maklerkreisen ist zu hören, die Aserbaidschaner wollten das Gebäude verkaufen. Zitieren lassen will sich aber niemand. Die Geschäftsleute legten Wert auf höchste Diskretion, heißt es. Ein aus Aserbaidschan stammender Mannheimer Arzt soll damals Scheuermann und die Käufer zusammengebracht haben. Er sagt am Telefon, der Eigentümer von Sapphire Property Development GmbH und damit der Eigentümer des Gebäudes sei ein Bekannter von ihm. Einen Namen will er aber nicht nennen. Das Hotel-Projekt sei aus „familiären und finanziellen Problemen“ nicht zustande gekommen. Das Gebäude solle jetzt weiterverkauft werden, es gebe schon einen neuen Käufer, es gehe nur noch um die „Papierarbeit“. Der Mann sagt, er gebe den Gesprächswunsch dieser Redaktion an den Eigentümer weiter. Dessen Rückruf allerdings bleibt aus.
„Ohne jede Reaktion“
Die Mannheimer Stadtverwaltung hat ebenfalls keinen Kontakt zum Eigentümer, wie Corinna Hiss erklärt, die Sprecherin des Baudezernats. Für das Haus habe die Stadt Ende September 2015 eine Baugenehmigung erteilt für den Umbau zu einem Hotel, „die bislang nicht zur Ausführung kam“. Sie sei vor drei Jahren verlängert worden bis zum 23. September dieses Jahres. „Von früheren Gesprächen mit der Investorenseite war herauszulesen, dass sich der Standort derzeit und auf weiterhin unabsehbare Zeit nicht mehr für eine Hotelnutzung eigne“, sagt Hiss. Die städtische Wirtschaftsförderung habe mehrmals versucht, Kontakt zum Eigentümer aufzunehmen. Diese Versuche seien aber „ohne jede Reaktion von diesem geblieben. Ohne diesen Kontakt konnte und kann die Stadt – über allgemeine Gespräche mit Interessenten hinaus – leider keine effektiven Vermarktungsaktivitäten unternehmen“, bedauert die Sprecherin.
Zwischenzeitlich gab es laut Hiss Anfragen für das Gebäude, die zum Beispiel als Boardinghaus oder Studentenwohnheim in Richtung dauerhaftes Wohnen tendierten. „Dies widerspricht jedoch dem aktuellen Bebauungsplan, in dem eine Wohnnutzung nur ausnahmsweise zulässig ist. Die hohe Lärmbelastung an der B 37/Wilhelm-Varnholt-Allee und der mangelnde Anschluss an die Wohnquartiere der Schwetzingerstadt lassen es fraglich erscheinen, ob eine Wohnnutzung die richtige Lösung für diesen Standort ist.“ Eine gewerbliche Nutzung sei daher nach wie vor anzustreben, so Hiss. „Dass eine solche Revitalisierung möglich ist, zeigt das sanierte Bürogebäude neben dem genannten Objekt.“
Büro statt Fünf-Sterne-Hotel also? Dabei hatte es für das Hotel schon sehr konkrete Planungen gegeben. Für die architektonischen Arbeiten hatte die Sapphire Property Development das Büro aei progetti aus Florenz gewonnen. Die Firma hat unter anderem das albanische Nationalstadion und das Parlament in Tirana entworfen, eine neue Brücke über den Arno, Krankenhäuser, Altenheime, Weingüter, eine Keramikkunst-Stadt in China oder eine moderne Kirche in Norwegen.
Restaurants und SPA-Bereich
Auf ihrer Internetseite zeigen die Italiener auch, was sie gerne in Mannheim umgesetzt hätten. Zu sehen sind Computerillustrationen eines modernen Hotels mit markanten, herausstehenden Fenstern in der Fassade. Das „Venu Hotel“ sollte, so suggerieren es die Bilder, ein junges Publikum ansprechen, das eine coole, ungezwungene Atmosphäre schätzt. 163 Zimmer sollte das Haus einmal haben, dazu zwei Restaurants, eine Bar und einen knapp 500 Quadratmeter großen, auch für externe Gäste zugänglichen SPA-Bereich. Auch das Architektenbüro sagt dem „MM“: „Wir können keinen Kontakt zum Eigentümer herstellen.“ Es deutet alles darauf hin, dass die Architekten ihre Pläne am Ende für die Schreibtischschublade gemacht haben. Aber wer kann schon etwas Genaues sagen in diesem ominösen Fall?
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