Riedbahn-Ausbau

Bahn-Klage in Mannheim: Klares Votum - mit komischem Gefühl

Von 
Timo Schmidhuber
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Die Riedbahnbrücke in Neuostheim: Sie soll im Zuge des Ausbaus erneuert werden. Links von der Brücke ist der neue S-Bahn-Halt geplant. © Thomas Rittelmann

Für die Stadträtinnen und Stadträte im Hauptausschuss fühlte sich die Entscheidung irgendwie komisch an. Das wurde in fast allen Redebeiträgen deutlich. Denn die Fraktionen halten es aus Klimaschutzgründen für wichtig, den Verkehr auf der Schiene auszuweiten, wollen mehr S-Bahnen genauso wie Fern- und Güterzüge. Und doch war es für alle klar, diesem speziellen Projekt zumindest vorläufig einen Riegel vorzuschieben. Ohne Gegenstimme hat sich der Ausschuss dafür ausgesprochen, dass die Stadt gegen den geplanten zweigleisigen Ausbau der östlichen Riedbahn Klage beim baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof einreichen soll.

Erst müsse ein Gesamtkonzept her, wie der Bahnverkehr in den nächsten Jahrzehnten durchs Mannheimer Stadtgebiet geführt wird, so die Forderung - am besten durch den Bau eines Güterzugtunnels unter der Stadt.

© Grafik MM

Wie berichtet, will die Deutsche Bahn auf der Strecke am östlichen Stadtrand zwischen Hauptbahnhof und Neckar auf knapp zwei Kilometern Länge ein stillgelegtes zweites Gleis reaktivieren. Damit wird die Riedbahn bis in den Mannheimer Norden durchgehend zweigleisig. Die Bahn hat bereits angekündigt, dann auch mehr Güterzüge auf die Strecke zu schicken, was den heute schon lärmgeplagten Anwohnern große Sorge bereitet. Erst kürzlich hatte das zuständige Eisenbahn-Bundesamt den Ausbau genehmigt. Losgehen soll er im Jahr 2027. Zu dem Projekt gehören auch die Sanierung von drei Eisenbahn-Brücken und der Bau einer S-Bahn-Haltestelle in Neuostheim.

Die Stadtverwaltung hat den Politikern die Klage vorgeschlagen. Der zuständige Bürgermeister Christian Specht (CDU) begründet sie mit mehreren Argumenten: Über das Gesamtkonzept für den Bahnverkehr durch die Stadt wird aktuell im Projekt Mannheim-Karlsruhe diskutiert. Erste konkrete Ergebnisse werden hier frühestens Ende 2023 erwartet. So lange könne man mit dem Riedbahn-Ausbau doch noch warten, sagte Specht. Verwaltung und Stadträte haben Angst, dass die Bahn mit der Gleis-Reaktivierung nun Fakten schafft, dann deutlich mehr Güterzüge über Strecke schickt - und ein Tunnel vielleicht nie kommt.

Das geplante Ausbau-Projekt sieht lediglich an zwei Stellen Lärmschutzwände vor: eine vier Meter hohe auf dem bereits sechs Meter hohen Bahndamm in Neuostheim. Und eine kleinere, 80 Zentimeter hohe auf der Neckarbrücke. Gerade die Vier-Meter-Schutzwand ist ein weiteres Argument für die Klage, wie Specht erläuterte. Die Stadt befürchtet, dass die Wand den Austausch von Luftmassen behindert.

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Mannheim brauche das zweite Gleis auf der östlichen Riedbahn für den Ausbau des S-Bahn-Verkehrs und des Fernverkehrs, betonte CDU-Stadtrat Thomas Hornung in der Debatte. „Aber bevor wir es bekommen, brauchen wir eine Lösung für den Bahnknoten Mannheim, der für die nächsten 20, 30 oder besser 50 Jahre zukunftsfest ausgestaltet werden muss.“ Er appellierte an die direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori, die in Berlin im Verkehrsausschuss sitzt, sich dafür einzusetzen.

Für die SPD-Politikerin ist klar, dass sie „in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung und über Parteigrenzen hinweg“ alles dafür tun will. Die große Lösung für den Bahnknoten Mannheim mit einer lärmarmen Streckenführung für den Güterverkehr sei extrem wichtig. „Wegen der Klimaschutzziele wollen wir ja mehr Güterverkehr auf der Schiene.“ Ähnlich argumentierte auch Stefanie Heß für die Grünen. „Wir wollen den Ausbau des Schienenverkehrs, das ist eine tragende Säule für die Mobilitätswende.“ Die müsse zwar schnell kommen - aber die Bahn dürfe nicht Fakten schaffen, während an anderer Stelle Planungen für größere Lösungen liefen. Dennis Ulas (LI.PAR.Tie), Achim Weizel (Freie Wähler/Mannheimer Liste) und Birgit Reinemund (FDP) argumentierten ähnlich.

Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hält die Klage ebenfalls für wichtig, sieht aber durchaus mögliche „rechtliche Hürden“. Das Gleis, das jetzt reaktiviert werden soll, sei nie entwidmet worden. Die Bahn argumentiere, dass es sich nur um eine „bauliche Wiederherstellung“ handle. Genau diese Argumentation, ergänzte Specht, wolle man mit der Klage „auf den Prüfstand stellen“. So oder so dürfte eine Klage das Bahnprojekt etwas verzögern, heißt es aus dem Rathaus. Sofern die Bahn nicht mit einem Eilantrag für den Bau antwortet.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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