Mannheim. Drei Brücken will die Deutsche Bahn sanieren, außerdem einen neuen S-Bahn-Halt in Neuostheim bauen sowie zwischen Hauptbahnhof und nördlichem Neckarufer auf zwei Kilometern ein zweites, zuletzt stillgelegtes Gleis reaktivieren. Für dieses Großprojekt auf der östlichen Riedbahn in Mannheim hat das Eisenbahn-Bundesamt mit dem Planfeststellungsbeschluss jetzt grünes Licht gegeben. Vor allem die Reaktivierung des Gleises sorgt bei Riedbahn-Anwohnern zwischen Neuhermsheim und Blumenau für große Sorgen. Sie befürchten dadurch vor allem deutlich mehr Güterzüge.
Entsprechend groß war der Widerstand gegen das Projekt. Zum Start des Planfeststellungsverfahrens vor fünf Jahren hatte es 2300 Einwendungen von Bürgern und Organisationen gegeben. Auch Stadtverwaltung und Gemeinderat positionierten sich und forderten, den Riedbahn-Ausbau vorübergehend auf Eis zu legen und zu prüfen, ob für Mannheim ein Güterzugtunnel oder eine oberirdische Umfahrung möglich sei. Das Eisenbahn-Bundesamt allerdings genehmigte nun das Vorhaben ohne große Änderungen.
Baustart 2027 geplant
Die Bahn visiert aktuell einen Baustart im Frühjahr 2027 an, drei Jahre später soll alles fertig sein, wie eine Sprecherin erklärt. Eine seriöse Kostenangabe sei erst mit Baubeginn möglich. In der Vergangenheit war von mindestens 36 Millionen Euro die Rede gewesen. „Der Ausbau der östlichen Riedbahn stärkt das Schienennetz der Region und erweitert die Kapazitäten für klimafreundliche Mobilität in Mannheim“, erklärt die Bahn-Sprecherin. „Durch den neuen S-Bahn-Haltepunkt Mannheim-Neuostheim werden Tausende Einwohnerinnen und Einwohner von Neuostheim und Neuhermsheim künftig direkt an das S-Bahn-Netz Mannheim angeschlossen.“
Bei den zu sanierenden Brücken handelt es sich um die Querung über die Wilhelm-Varnholt-Allee am Mannheimer Stadteingang, die Brücke über die Seckenheimer Landstraße in Neuostheim und die Querung über die OEG-Schienen am Paul-Martin-Ufer am Neckar. Der für viele Streckenanwohner heikelste Punkt ist allerdings die Reaktivierung des stillgelegten Gleises. Nördlich des Neckars ist die Strecke heute schon zweigleisig. Die Bahn hat immer betont, die Gleis-Reaktivierung sei wichtig für den S-Bahn-Ausbau.
Doch mit einer durchgehenden Zweigleisigkeit kann die Bahn eben auch deutlich mehr Güterzüge über die Strecke schicken. Das ist auch deshalb naheliegend, weil aktuell zwischen Waldhof und Frankfurt eine neue ICE-Strecke geplant wird, auf der nachts Güterzüge fahren sollen - die dann ab Waldhof größtenteils auf der östlichen Riedbahn rollen dürften. Im Rahmen der Gleis-Reaktivierung ist zusätzlicher Lärmschutz lediglich in Neuostheim vorgesehen - unter anderem zwei Schutzwände mit einer Gesamtlänge von knapp einem Kilometer am Bahndamm und auf der Brücke am Neckar. Die Schutzwand auf dem Damm wird vier Meter hoch.

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Zur Frage dieser Redaktion, wie viele Güterzüge aktuell auf der östlichen Riedbahn fahren und wie viele es nach der Reaktivierung sein werden, wollte sich die Bahn „aus Wettbewerbsgründen“ zunächst nicht äußern. In den schon einige Jahre alten Bauunterlagen ist von täglich knapp 90 Güterzügen vor und 154 nach der Reaktivierung die Rede. Eine Übersicht der Bahn über den künftigen Schienenverkehr in der Region geht für die Zeit nach der Baumaßnahme von 253 Güterzügen pro Tag aus - im Schnitt alle sechs Minuten ein Zug. Damit konfrontiert, bestätigt die Bahn-Sprecherin die Zahl aus den Bauunterlagen. Das tatsächliche Verkehrsaufkommen nach dem Ausbau sei aber abhängig „von den Anmeldungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen für den Güterverkehr“.
„Zu wenig Lärmschutz“
Gunther Mair von der Initiative „Gesundheit statt Bahnlärm in Mannheim“ kann über die Genehmigung nur den Kopf schütteln - aus mehreren Gründen. Mit dem Ausbau könne die Bahn jetzt mehr als 250 Güterzüge auf die Strecke schicken, ohne für nennenswerten Lärmschutz sorgen zu müssen, kritisiert er. Der Großteil der östlichen Riedbahn laufe als Bestandsstrecke, da gebe es keinen Anspruch auf zusätzlichen Schutz. Abgesehen davon hält er das Vorgehen auch für kurzsichtig. Denn aktuell läuft bei der Bahn das Projekt Mannheim-Karlsruhe, bei dem die Möglichkeit eines Tunnels oder einer Umfahrung bei Mannheim geprüft wird. Sein Vorschlag: Mit dem Riedbahn-Ausbau zu warten, bis klar ist, auf welche Variante es hier hinausläuft. Denn dann könne man genauer sagen, mit welchem Verkehr auf der östlichen Riedbahn noch zu rechnen sei. Das wünscht sich auch Albert Bühler von der Initiative „Neuhermsheim ohne Bahnlärm“. Er ärgert sich, dass das Eisenbahn-Bundesamt die vielen Einwendungen praktisch nicht berücksichtigt habe.
Auch die Verantwortlichen im Rathaus klingen wenig begeistert über den Beschluss. Man werde nun das weitere Vorgehen prüfen, sagt Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). „Unser Ziel ist es, den bestmöglichen Lärmschutz für die Betroffenen zu erwirken und eine klare Aussage zum Gesamtkonzept inklusive Güterzugtunnel für den Knoten Mannheim zu erreichen, bevor andere Tatsachen geschaffen werden.“
Info: Projektunterlagen unter bit.ly/3kjhQh0
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