Mannheim. Eine zweistellige Zahl von Platzverweisen sowie Steinwürfe, Wolfsgruß, Pyrotechnik und Festnahmen: Nach den Auseinandersetzungen am Pfingstsonntag zwischen Erdogan-Anhängern, Passanten und Polizei hat das Polizeipräsidium Mannheim auf Anfrage dieser Redaktion eine Bilanz der ersten Ermittlungsergebnisse mitgeteilt. Demnach sind für die Lagebewältigung der vereinzelten körperlichen Auseinandersetzungen Platzverweise in zweistelliger Anzahl ausgesprochen worden, zwei Personen wurden festgenommen. Zudem wird wegen zwei Verstößen gegen das Waffengesetz ermittelt und vereinzelte Teilnehmer haben Pyrotechnik abgebrannt.
Zu den Ergebnissen der Einsatzlage betont Polizeipräsident Siegfried Kollmar in einer Mitteilung: "Dort wo Personen fröhlich feiern und friedlich zusammenkommen, nutzen wir den uns rechtlich zugestandenen Ermessensspielraum um diese Feiern sicher zu ermöglichen. Das ist im Falle der Feierlichkeiten der Meisterschaft von Galatasaray Istanbul auch weitestgehend gelungen. Einen anderen Charakter hatten die Ereignisse am Wochenende. Wir schützen jegliche Art von Meinungs-/Demonstrations- und Versammlungsfreiheit mit Überzeugung. Allerdings hat das Ganze Grenzen, wenn andere gefährdet oder Rechte anderer verletzt werden. Kommt es hier zu Störungen, Provokationen, Angriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte und weitere Straftaten, schreiten wir konsequent ein und ermitteln gegen die Störenden, auch wenn uns bewusst ist, dass wir nicht alle Vorfälle bereits im Keim ersticken und letztlich alle Tatverdächtigen ermitteln können."
Im Rahmen der Trennung von "hochemotionalen Personengruppen mit konträren politischen Ansichten" am Wahltag seien die Einsatzkräfte teilweise mit Steinen und Feuerzeugen beworfen. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wurden nicht verletzt. Die Ermittlungen zur Identifizierung der Beschuldigten aufgrund eines Verdachts des Landfriedensbruchs laufen.
Mit goldener Schusswaffe durch Mannheim gefahren
Hierbei kam es laut Polizei auch zum Einsatz von Pfefferspray und einfacher körperlicher Gewalt. In einem Fall habe eine Person versucht, die polizeiliche Absperrung zu durchbrechen und leistete Widerstand gegenüber den Maßnahmen der Beamten. Die Person wurde festgenommen und nach Beendigung der strafprozessualen Maßnahmen wieder auf freien Fuß entlassen.
In den sozialen Medien war den Ermittlern ein Video aufgefallen, auf dem ein Mann in einem Cabriolet mit einer goldenen Schusswaffe in der Hand zu sehen ist. Die Ermittlungen wurden umgehend unter Einbeziehung der Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Mannheim aufgenommen und führten wenig später bereits zu einem Ermittlungserfolg.
Bei der Person handelt es sich um einen 25-Jährigen aus dem Rhein-Neckar-Kreis, der sich berechtigt im Besitz eines kleinen Waffenscheins befindet. Die Schreckschusswaffe sowie der kleine Waffenschein wurde den Beamten bereitwillig ausgehändigt und der Betroffene zeigte sich einsichtig über das eigene Fehlverhalten. Gegen den 25-Jährigen wird nun wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt.
Mit Flaschenwurf Auto beschädigt
Bei einem zweiten Verstoß gegen das Waffengesetz handelt es sich um eine Person, die einen Teleskopschlagstock mitführte. Zu einer Sachbeschädigung kam es, als eine Flasche aus einem Gebäude in Richtung Straße geworfen wurde. Hierbei wurde ein Fahrzeug beschädigt. Die Ermittlungen zur Identifizierung des Täters laufen. Weiterhin kam es im Rahmen der Autokorsos zu mehreren Beleidigungsdelikten. Hierzu liegt eine Anzeige beim Polizeirevier Mannheim-Innenstadt vor und die Ermittlungen sind aufgenommen.
Laut Experte: Meisten Personen aus Mannheim
Auch auf die Frage, ob es im Vorfeld Erkenntnisse darüber gegeben hatte, dass auch türkische rechtsextremistische Gruppen wie die Grauen Wölfe an diesem Tag nach Mannheim kommen könnten, erklärt das Präsidium: Planbare Einsatzlagen würden durch den Führungs- und Einsatzstab bewertet, vorbereitet und hierzu auch regelmäßig Aufklärungserkenntnisse der Kriminalinspektion Staatsschutz eingeholt.
Dabei hätte sich im Vorfeld aber keine Hinweise darauf ergeben, dass Anhänger der Gruppierung „Graue Wölfe“ am vergangenen Sonntag nach Mannheim kommen, um das Ergebnis der Wahlen in der Türkei zu feiern. Zwar gäb es es keine Hinweise darauf, das tatsächlich Anhänger der rechtsextremen Organistation unter den Feiernden gewesen sind. Allerdings sei der sogenannte "Wolfsgruß" immer wieder von Personen gezeigt worden. Einer Expertenschätzung vor Ort zufolge, kam der Großteil der Personen aus dem Bereich Mannheim und nur ein geringerer Anteil aus dem Umland.
Für den Wahltag war ein Sondereinsatz vor Ort, nachdem sich die Lage nach dem Wahlergebnis stark emotionalisiert, wurden weitere Kräfte zusammengezogen mit einer hohen zweistelligen Zahl. Zugangskontrollen oder gar -verbote seien aufgrund des Versammlungscharakters der unterschiedlichen Gruppen nicht möglich gewesen. Nach einer Ansprache durch die Polizei hatte sich ein Rädelsführer bereiterklärt, auf dem Marktplatz über die Lautsprecheranlage eines Polizeiautos mäßigend auf die hoch emotionalisierten Gruppen einzuwirken. Er sei dabei bei eng von einen türkischsprachigen Beamten begleitet worden, um zu gewährleisten, dass dies gemäß der Absprache erfolgt. Dass der Mann Mitglied der Grauen Wölfe sei, dazu lägen keine Hinweise vor, so die Polizei auf Anfrage.
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