Mannheim. Autokorsos, Auseinandersetzungen mit Fußgängern und ein Großaufgebot der Polizei: In Mannheim haben einige feiernde Unterstützer und Unterstützerinnen des wiedergewählten türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Sonntagabend für Unruhe gesorgt.
Deutschlandweit hatten in Städten wie Berlin, Duisburg oder Hamburg ebenfalls hunderte Menschen mit spontanen Autokorsos und Aufmärschen den Sieg überwiegend friedlich gefeiert. Am Sonntagabend fuhren dabei hupende und mit Türkei-Fahnen geschmückte Autos durch die Straßen. In Mannheim sowie in Dortmund kam es allerdings zu Auseinandersetzungen: In Mannheim wurden Polizisten mit Gegenständen beworfen, Teilnehmer der Autokorsos gerieten mit Fußgängern aneinander. Verletzt wurde laut Polizeiangaben aber niemand.
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Wie das Polizeipräsidium Mannheim in einer ersten Meldung noch in der Nacht auf Montag mitteilte, hatte es nach den Wahlergebnissen mehrere Stunden lang Autokorsos in der Innenstadt gegeben. An mehren Örtlichkeiten soll es auch zu Provokationen zwischen Passanten sowie den Teilnehmenden der Korsos gekommen sein, die vereinzelt zu körperlichen Auseinandersetzungen geführt haben. Am Marktplatz und in den Quadraten hatten sich rund 150 Personen versammelt. Dabei kam es laut Polizei zu weiteren Provokationen. Vereinzelt seien außerdem Polizisten mit Gegenständen beworfen worden. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und konnte die Lage bis 23.30 Uhr beruhigen. Ob und wie viele Strafanzeigen, Platzverweise oder Verstöße es bei den Feierlichkeiten geben hat, sei noch nicht abschließend erfasst, so ein Polizeisprecher am Montag auf Anfrage.
Schusswaffe in Cabriolet?
Derzeit laufen auch Ermittlungen wegen eines Videos, das in den sozialen Medien kursiert, bei dem ein Mann mit einer Schusswaffe in einem Cabriolet sitzen soll. Dieses Video soll im Rahmen der Wahl-Feier entstanden sein. Auch die Grünen-Gemeinderatsfraktion meldet sich am Montag zu Wort und äußert sich „entsetzt und verärgert über die Ereignisse“. „Zusammenrottungen, blockierende unzählige Autokorsos überall in den Quadraten, Aufmärsche, Feuerwerk und Pistolenschüsse als Feier für den Wahlsieg eines Autokraten“ seien völlig inakzeptabel, so die Fraktion. Die Grünen fordern nun Konsequenzen und wollen wissen, ob es im Vorfeld Pläne für die Siegesfeier gegeben hat - und warum keine frühzeitigen Sperrungen der Zufahrten eingerichtet worden sind. Auf Anfrage hatte die Stadt dieser Redaktion am Freitag mitgeteilt, dass bei der Versammlungsbehörde bislang keine Demos mit Bezug auf die Stichwahl der Türkei angemeldet worden waren. Auch in Dortmund sind Anhänger mit der Polizei aneinandergeraten. Dort hatte es Strafanzeigen, Ordnungswidrigkeiten, Verwarngelder und 82 Platzverweise gegeben, so die Polizei.
Dass Erdogan bei den Wahlberechtigten in Deutschland so gut ankommt, hat laut Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien in Essen vielfältige Gründe: Zum einen kommen viele Menschen, die im Zuge der Arbeitsmigration in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts nach Deutschland kamen, aus dem anatolischen Kernland. Dort herrschten konservativ-religiöse Lebensstile vor - die Wertvorstellungen seien an die nächsten Generationen weitergegeben worden, sagte Ulusoy. Gerade bei der jüngeren Generation, die komplett in Deutschland sozialisiert worden sei, gebe es eine Trotzhaltung. Es seien teils verletzende Erfahrungen gemacht worden, dass Türke oder Moslem zu sein in Deutschland keine große Wertigkeit hätten, sagte Ulusoy.
„Dann kommt ein Präsident, der ihnen das Gefühl gibt, diese Wertigkeit anzuerkennen, ihre Zugehörigkeit zur Türkei zu betonen und nicht zuletzt ihre Emotionen, ihre Herzen anzusprechen. Das gelingt Erdogan sehr, sehr gut.“ (mit dpa)
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