Marktplatz

Feiernde Erdogan-Anhänger in Mannheim - Politik meldet sich zu Wort

Lärmbeschwerden, umstrittene Symbolik und eine politische Debatte über Autokorsos zur Wiederwahl von Türkeipräsident Recep Tayyip Erdogan - noch immer bleiben offene Fragen rund um die Siegesfeier in Mannheim

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Lisa Uhlmann
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Feiernde Erdogan-Unterstützer sind wie hier auf dem Mannheimer Marktplatz durch die Innenstadt gezogen. Dabei kam es vereinzelt zu Auseinandersetzungen mit Passanten und der Polizei. © dpa

Mannheim. Tanzende Menschen, Türkeiflaggen überall und Fäuste, die sich immer wieder zum Handzeichen einer rechtsextremen Organisation formen: Neben Augenzeugenberichten zeigen auch Videoaufnahmen in den Sozialen Medien diese Szenen von Feierlichkeiten zum Wahlsieg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan rund um den Mannheimer Marktplatz.

Dabei waren vorwiegend junge Erdogan-Fans zu sehen. Laut Polizei ist es während der Feier vereinzelt auch zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Fußgängern und den Einsatzkräften der Polizei gekommen. Die Innenstadt war stundenlang voll von hupenden Autokorsos und feiernden AKP-Anhängern. Auch in Stadtteilen wie der Neckarstadt-West hatten sich Anwohnende nach Informationen dieser Redaktion über Lärm beschwert.

Grüne-Gemeinderatsfraktion fordert Erklärung

Bereits am Montag, einen Tag nach dem Wahlsieg Erdogans, meldete sich die Grünen-Gemeinderatsfraktion zu Wort und forderte vom Ordnungsdezernat eine Erklärung darüber, ob es seitens der Stadt Vorbereitungen für diese „Siegesfeiern“ gegeben habe. Sie machte auch auf die Handzeichen der sogenannten Grauen Wölfe aufmerksam. Laut den Grünen führten die Handzeichen „zu Provokationen Andersdenkender, störten das Stadtfest am Pfingstsonntagabend.“

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Die Bundeszentrale für politische Bildung bezeichnet die Grauen Wölfe als eine ultranationalistische, rassistische und gewalttätige Bewegung, deren Traditionen weit in die Geschichte zurückreichten. Mit zahlreichen Vereinen und mehreren Dachverbänden ist sie auch in Deutschland präsent. „Die sogenannten Grauen Wölfe verstärken Spannungen unter türkeistämmigen Menschen und richten sich gegen das im Grundgesetz formulierte Prinzip der Menschenwürde - in den vergangenen Jahren haben sie ihre Aktivitäten verstärkt“, so die Bundeszentrale.

Polizeipräsidium Mannheim nimmt Stellung

Ob es im Vorfeld bei der Polizei Erkenntnisse gegeben hat, dass Graue Wölfe nach Mannheim fahren würden und ob es sich bei den Feiernden hauptsächlich um Mannheimer und Mannheimerinnen mit türkischer Migrationsgeschichte gehandelt hat - diese und weitere Fragen will das Polizeipräsidium in einer ausführlichen Stellungnahme am Mittwoch beantworten, erklärt ein Sprecher am Dienstag.

„Das war nicht gut, wie es gelaufen ist. Das Chaos war vorprogrammiert, und es war klar, dass AKP-Anhänger den Wahlsieg feiern“, sagt Emrah Durkal, der mit seiner Familie am Abend der Stichwahl am Marktplatz zum Abendessen gegessen hatte. Viele Autokennzeichen seien von außerhalb gekommen. Durkal ist selbst politisch aktiv, sitzt im Vorstand des Ortsvereins der SPD-Schönau - und hat für die türkische Opposition gestimmt.

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Auch Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier war am Abend in den Quadraten und betont, dass Mannheim sicher mehr tun könne, um auch türkischstämmige Menschen stärker emotional mitzunehmen. Fontagnier fordert von der Stadt, künftig klare Kante zu zeigen und solche Aufmärsche zu verhindern, etwa mit Straßensperrungen.

Er wirft die Frage auf: Warum wurden Moscheen und Imame nicht gebeten, Aufrufe gegen Aufmärsche zu starten? Nachgefragt bei der Moschee ist niemand zu erreichen. Der Webauftritt der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee sowie des Mannheimer Ditib-Verbandes ist offline.

CDU über Reaktion der Grünen überrascht

Zu Wort meldete sich die CDU-Gemeinderatsfraktion: Man sei über die Reaktion der Grünen überrascht, sieht den städtischen Ordnungsdienst hier nicht in der Pflicht. Die geforderten Straßensperrungen führten nur zu Verlagerung. „Das macht es für die Polizei nur noch schwieriger, die Situation in den Griff zu bekommen“, erläutert CDU-Fraktionschef Claudius Kranz die Lage. Angriffe gegen den Ordnungsdezernenten seien daher offensichtlich ein reines Wahlkampfmanöver, so Kranz.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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