Wohnen

Aus Immobilie wird Zuhause: Mannheimer Homestagerinnen sprechen über ihren Beruf

Sie verwandeln leere Räume mit einfachen Mitteln in attraktive, wohnliche Orte, die sich verkaufen. Was ihren Beruf ausmacht und welche Tricks sie anwenden, haben uns drei Homestagerinnen aus Mannheim verraten

Von 
Ute Bechtel-Wissenbach
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Homestaging-Expertin Nicole Selle-Walter weiß, wie sie mit einfachen Mitteln eine wohnliche Atmosphäre schaffen kann. © Ute Bechtel-Wissenbach

Mannheim. Von der Weinflasche auf dem Beistelltisch über die Kissen auf dem Doppelbett bis zum Originalgemälde über der Couch ist die Wohnung perfekt eingerichtet. Sie ist hübsch gemacht worden für den Verkauf. Es können sich, so sagen die Makler, nur zwei von zehn Interessenten beim Besuch einer leeren Wohnung genau vorstellen, wie man sie einrichten kann und vor allem wie aus einer Immobilie ein Zuhause wird. Aus dieser Erkenntnis heraus hat sich ein ganzer Berufszweig entwickelt: Homestaging.

Fast ausschließlich Frauen sind hier als Einrichtungsprofis aktiv. Mit verhältnismäßig geringen Mitteln - Farbe, Licht, Wohntextilien und Mobiliar - verwandeln sie Räumlichkeiten in ein attraktives, begehrenswertes Heim. In den USA schon seit den 70er Jahren üblich, inzwischen in Großbritannien und Skandinavien angekommen, verbreitet sich das Homestaging seit rund 15 Jahren zunehmend auch in Deutschland.

Nicole Selle-Walter ist Homestagerin. Ihr Unternehmen sitzt in Mannheim, aktiv ist sie in der Region bis nach Frankfurt. Sie ist Betriebswirtschaftlerin, kommt vom Marketing und war in der Freizeit als bildende Künstlerin schon immer kreativ-gestalterisch unterwegs. Gepaart mit ihrem räumlichen Vorstellungsvermögen und dem Spaß an Inneneinrichtung sind das gute Voraussetzungen für die Tätigkeit

Konzept ist abhängig von der Zielgruppe

Ihre Auftraggeber sind Makler wie auch Privateigentümer. Nach einer ersten Besichtigung hat die Homestagerin bereits einen Plan, was sich grundlegend ändern müsste oder gegebenenfalls nur möbliert und dekoriert werden sollte. Abhängig ist das Konzept auch von der Zielgruppe, die der Verkäufer im Auge hat, die junge Familie mit drei Kindern oder das Ehepaar mittleren Alters.

Relativ moderne Immobilien sind meist ein einfaches Spiel für sie, die wirkliche Herausforderung dagegen sind alte Wohnungen und die sogenannten Erbimmobilien: Entstanden in den 60er Jahren, mit Holzvertäfelungen, Eiche-Rustikal-Möblierung, Zinntellern an der Wand und moosgrünen Fliesen im Bad - alles noch im Originalzustand.

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Sabine Wöppel ist seit 2013 in Mannheim und der Region aktiv. Sie weist daraufhin, dass Homestaging auch die Blickachse in einer Wohnung positiv verändern kann, also weg von den Parkplätzen vor dem Haus, stattdessen auf das schöne Sitzmöbel vor dem Fenster. Sie meint: „Unser Ziel ist Wohlgefühl für später wecken.“

Saniert werden die Immobilien jedoch nicht, allein die Räume werden schön gemacht durch Entrümpelung aller alten Bestände, helle Farbe, neue Teppiche, Möbel, Vorhänge, Lampen, und Deko-Artikel. Modern, stimmig und wohnlich soll der Eindruck sein und dem Käufer aufzeigen, wie es sein könnte. Zwei bis drei Wochen nach Auftrag und viel Arbeit für die Homestagerinnen und ihre Teams aus Handwerkern und Helfern eröffnet sich dem Betrachter in der Regel ein völlig neues Bild. Asli Askan ist seit 2019 ebenfalls in Mannheim als Homestagerin aktiv und sagt: „Wir können nach Auftrag auch innerhalb einer guten Woche fertig sein.“

Küche oder Kleiderschrank wird aus Pappe konstruiert

Nicht immer ist alles so echt, wie es aussieht: Die Küche ist in der Regel aus Pappe, ebenso der Kleiderschrank und manchmal auch das Bett, das dann aus einer Matratze auf Kisten besteht, die mit Kissen und Decken drapiert wird. Einiges wird neu angeschafft, vieles kommt aus den Lagern der Homestagerinnen. Die Illusion dauert in der Regel drei Monate an, bei Verlängerung auch ein halbes Jahr, dann sollte die Immobilie hoffentlich verkauft sein. Nicolas Kunz, von der Maklerfirma Bartz, die Nicole Selle-Walter für ein Objekt mit mehreren Wohnungen in Neustadt gebucht hat, ist zufrieden mit ihrer Arbeit.

Er berichtet: „Wir haben eine Käuferin, die genau die Wohnung, die eingerichtet ist, erworben hat, obwohl es andere mit besserem Grundriss gegeben hätte. Sie hat sich einfach verliebt in das Ambiente.“ Nicole Selle-Walter bestätigt: „Emotionen spielen in diesem Geschäft eine große Rolle, auch wenn von vornherein klar ist, dass die Einrichtung nicht bleibt und die Gebäudesubstanz eventuell nicht dem aktuellsten Standard entspricht.“

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Die Mühe scheint zu lohnen: Umfragen aus den USA und aus Deutschland versprechen ein bis zu 86 Prozent höheres Interesse, einen schnelleren Verkauf und eine Steigerung des Verkaufspreises zwischen 10 und 17 Prozent. Die Kosten für ein Homestaging-Projekt belaufen sich auf ein bis drei Prozent des geschätzten Verkaufspreises. Relativ neu und preislich günstiger ist das virtuelle Homestaging über Fotos oder eine Videotour vorzugsweise über Social Media. Hierbei kann man sich die Räumlichkeiten gemütlich zuhause anschauen, hat dann aber nicht den unmittelbaren Blick auf die Maße des Objekts und muss sich später mit der existierenden Leere vor Ort arrangieren.

Homestager ist kein geschützter Beruf. Ausbildungen bieten private Anbieter, wie Heike Uhlemann aus Limburgerhof, an. Sie ist außerdem Gründerin einer von mehreren exisitierenden privaten Communities in Deutschland zum Austausch in der Branche. Daneben gibt es den seit 2010 bestehenden Berufsverband, die Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR), die sich von Anfang an für einheitliche professionelle Standards einsetzte. Hier werden ebenfalls Ausbildungen angeboten, die IHK-zertifiziert sind.

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