Klinikum - Nach der geplanten Fusion wird Heidelberg auch im Namen der Universitätsmedizin stehen / Stadt muss noch zahlen

Aus der UMM soll der „Campus Mannheim“ werden

Von 
Steffen Mack
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Dieses Schild an der Zufahrt von der Röntgenstraße aus wird, Fusion hin oder oder, auf alle Fälle korrekt bleiben. © Steffen Mack

Ob Kürzel eine Bereicherung für die Sprache sind, da kann man ganz unterschiedlicher Meinung sein. Der Universitätsmedizin Mannheim ist indes immerhin zu bescheinigen, dass sich ihre Kurzform UMM ganz gut durchgesetzt hat. Doch damit wäre es nach der geplanten Fusion mit dem Heidelberger Uniklinikum vorbei. Das gemeinsame Konstrukt soll – darauf haben sich die Spitzen beider Häuser verständigt – Universitätsmedizin Heidelberg heißen. Daran wird je nach Standort der Zusatz Campus Mannheim und Campus Heidelberg angehängt.

Ob somit der UMM-Schriftzug direkt ab 1. Januar 2022 überall im Klinikum ebenso wie auf allen weißen und grünen Kitteln verschwunden sein muss, ist indes – wie so vieles an dieser Fusion – noch offen. Die Verantwortlichen haben bisher nur ihr grobes Konzept öffentlich vorgestellt. Etwas mehr ins Detail geht nun ein 27-seitiges Strategiepapier, mit dem aktuell in Stuttgart die nötige politische Unterstützung gewonnen werden soll und das dieser Redaktion vorliegt. Die wichtigsten Punkte:

Krankenhaus-Struktur

Die Unikliniken kommen unter ein einheitliches organisatorisches Dach, geführt von einem Vorstand, kontrolliert von einem Aufsichtsrat. Beide Krankenhäuser sollen als Maximalversorger erhalten bleiben. Als „unabdingbar“ werden jedoch ein Rückbau zentraler Einrichtungen zugunsten gemeinsamer Strukturen, eine digitale Vernetzung sowie eine abgestimmte Patienten-Steuerung genannt. Auch im medizinischen Sektor ist von Synergieeffekten die Rede, aber nur im sekundären und tertiären Bereich – das wären also sehr spezielle Behandlungen, die nur noch an einem Standort angeboten würden. Entwickelt werden soll zudem eine Gesamtmedizinstrategie für beide Häuser.

Beteiligungen und Bauprojekte

Über laufende Projekte in Heidelberg (genannt werden etwa Herz- und Kindertumorzentrum, Kopfklinik, der zweite Bauabschnitt der Chirurgie sowie die Beteiligung am Kreiskrankenhaus in Heppenheim) steht im Strategiepapier, sie müssten sowohl vollständig als auch zeitgerecht weitergeführt und ausfinanziert werden. Für Mannheim ist nur allgemein von einer „vollständigen Ausfinanzierung der Investitionsbedarfe der Universitätsmedizin“ die Rede. Konkrete Projekte, speziell der geplante zentrale Umbau „Neue Mitte“, werden nicht erwähnt.

Finanzierung

Konkrete Summen sucht man in dem 27-seitigen Papier vergeblich. Das ist ungewöhnlich, weil Abgeordnete in aller Regel nur Projekten zustimmen, deren Kosten sie kennen. Nach „MM“-Informationen sind für die organisatorische Abwicklung der Fusion in der Anfangszeit jährlich zwischen 100 und 150 Millionen Euro vorgesehen. Aber die Bauprojekte werden natürlich sehr viel teurer – allein für die erste Phase der „Neuen Mitte“ ist von einer halben Milliarde Euro die Rede. Hier hatte die Landesregierung (jedoch aus Mitteln für kommunale Krankenhäuser) aber auch schon eine Beteiligung von 50 Prozent „plus x“ der förderfähigen Kosten zugesagt. Und die Heidelberger Projekte muss das Land ja ohnehin bereits finanzieren.

Kosten für die Stadt

Klar ist allen Beteiligten, dass die Stadt Mannheim die erheblichen finanziellen Belastungen durch das Klinikum nicht mehr dauerhaft schultern kann – daher ist das Fusionskonzept ja überhaupt erst entwickelt worden. Auch in den kommenden Jahren seien „deutlich negative Betriebsergebnisse“ zu erwarten, für die eine tragfähige Lösung gefunden werden müsse, heißt es im Strategiepapier. Doch etwaige Mannheimer Hoffnungen, fortan bezahle einfach alles das Land, dürften falsch sein. Das zeigt der Satz: „Vor einer Fusion ist die Übernahme dieser finanziellen Risiken und Verpflichtungen durch die bisherigen Träger zu vereinbaren.“ Es wird also nicht, wie hinter den Kulissen kolportiert, mit einer städtischen „Mitgift“ getan sein. Das klingt mehr nach einem Ehevertrag, der die Brauteltern auch nach der Hochzeit noch finanziell in die Pflicht nimmt.

Fakultäten

Die beiden medizinischen Fakultäten sollen für eine Übergangszeit von fünf Jahren mit ihren eigenen Medizinstudiengängen erhalten bleiben. Danach sind eine Verschmelzung unter dem Dach der Uni Heidelberg sowie möglichst ein einheitlicher Studiengang vorgesehen. Um das vorzubereiten, sollen schon direkt nach der Fusion fakultätsübergreifende Zentren gegründet werden. Und in der Forschung wird eine gemeinsame Definition strategischer Entwicklungsfelder gewünscht – in enger Kooperation besonders mit den vier renommierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen, mit denen man eine formelle „Health and Life Science“-Allianz mit eigener Rechtsform schließen will (siehe Infobox).

Die Fusionspläne

  • Die Universitätskliniken Mannheim und Heidelberg wollen zum 1. Januar 2022 fusionieren. Alleiniger Träger wäre dann das Land.
  • Bisher ist das Klinikum eine städtische Tochter. Das Land ist allerdings bereits über die Medizinische Fakultät – eine Außenstelle der Universität Heidelberg – mit im Boot.
  • Zusammen hätten die Klinika mehr als 3300 Betten (in Heidelberg sind es aktuell 1988, in Mannheim 1352). Damit wären sie noch größer als die Berliner Charité, die an vier Standorten rund 3000 Betten hat, und somit künftig die Nummer 1 in der deutschen Krankenhauslandschaft.
  • Mit der Fusion soll eine Allianz gegründet werden, an der auch vier sehr renommierte Einrichtungen aus dem Gesundheitsbereich beteiligt sind: das Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung und das Europäische Molekularbiologie-Laboratorium (EMBL) aus Heidelberg.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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