Verwaltung bedauert Missverständnis

Aufregung um Umgang mit Anträgen im Mannheimer Gemeinderat

Es wäre wohl der Traum jeder Stadtspitze: Anträge der Fraktionen im Gemeinderat einfach schriftlich abbügeln zu können. Danach sah es nun in Mannheim kurzzeitig aus. Aber das sei nur ein Missverständnis, beteuert die Verwaltung

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Steffen Mack
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Einer der noch nicht behandelten Anträge dreht sich um vier autofreie Wochenenden in der Innenstadt während der Bundesgartenschau. © Christoph Blüthner

Mannheim. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Der 22. September 2022 wird eher nicht als kommunalpolitische Sternstunde in die Geschichte des Mannheimer Gemeinderats eingehen. Doch eine interessante Neuerung gab es: Auf der Tagesordnung des Ausschusses für Umwelt und Technik standen ausschließlich Berichte und Beschlussvorlagen der Verwaltung. Anträge der Fraktionen - etwa einer der Grünen nach vier autofreien Wochenenden in der Innenstadt während der Bundesgartenschau nächstes Jahr - waren zwar in großer Zahl ganz unten aufgeführt. „Die werden aber heute nicht inhaltlich behandelt“, kündigte Bürgermeisterin Diana Pretzell an. Vielmehr wolle man Informationen nun grundsätzlich verstärkt über sogenannte I-Vorlagen übermitteln.

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SPD-Stadtrat Reinhold Götz fragte nach, ob er das richtig verstehe: Zu all den Anträgen bekämen die Fraktionen jetzt schriftliche Stellungnahmen der Verwaltung? Nach kurzer Rückversicherung bei einem zuständigen Mitarbeiter bejahte Pretzell. Damit war das Thema durch.

Fraktionen fragen irritiert nach

Aber nur an diesem Tag. Anschließend wurde die Aufregung umso größer. Denn es wirkte, als wolle die Verwaltung über Anträge nicht mehr in öffentlichen Sitzungen debattieren, sondern sie möglichst durch schriftliche Stellungnahmen im elektronischen Ratssystem erledigen. Der „MM“ schickte der Stadt dazu einen Fragenkatalog und bat um Stellungnahmen der Fraktionen, die wiederum irritiert bei der Verwaltung nachhakten, was es mit der neuen Praxis genau auf sich habe.

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Die Stadtverwaltung bedauert nun das entstandene Missverständnis und stellt klar, es gehe ihr lediglich um mehr Transparenz. Daher würden unter den Tagesordnungen der Ausschüsse nun auch all jene Anträge aufgeführt, zu denen man aktuell noch nichts sagen könne, weil sie sich noch in Bearbeitung befänden. Ansonsten bleibe alles wie bisher. Anträge könnten weiter sowohl mündlich in Sitzungen als auch schriftlich etwa per I-Vorlage behandelt werden. Im Ausschuss für Umwelt und Technik habe es nun nur den Sonderfall gegeben, dass ausnahmsweise kein einziger Antrag auf die Tagesordnung gelandet sei.

Von all den darunter aufgelisteten Anträgen heißt es auf Nachfrage, sie würden - anders als im Ausschuss angekündigt - „keineswegs“ alle mit schriftlichen Stellungnahmen beantwortet. Ziel sei unverändert, möglichst viele in Sitzungen mündlich zu behandeln. Allerdings würden derzeit in allen Ausschüssen sehr viele Anträge und Anfragen gestellt, „die in der Verwaltung nur schwerlich zeitnah abgearbeitet werden können“. Daher habe man lediglich die noch Anhängigen jetzt transparent machen wollen.

Warnung vor Bedeutungsverlust

Mit diesen Erklärungen zeigen sich Grüne, SPD, Linke und AfD zufrieden. LI.PAR.Tie-Fraktionschef Dennis Ulas ergänzt indes, man wünsche sich auch künftig Debatten über Anträge in öffentlichen Sitzungen. Und AfD-Fraktionsgeschäftsführer Rüdiger Ernst warnt vor einem Bedeutungsverlust der Ausschussarbeit. Es sei bedenklich, wie viel etwa an Runde Tische oder in Arbeitskreise verlagert werde.

Die FDP spricht von einem „nett gemeinten“ neuen Service der Verwaltung. Der bringe aber wenig, solange nicht angegeben werde, wann mit einer Beantwortung der einzelnen Anträge zu rechnen sei. Die erfolge „leider oft genug“ nicht in der festgelegten Frist bis zur übernächsten Gemeinderatssitzung.

Die Mannheimer Liste (ML) teilt mit, sie lehne die „neu eingeführte, aber nicht abgestimmte Vorgehensweise“ ab. Bei Anfragen möge eine schriftliche Antwort genügen, bei Anträgen sehe das anders aus. Zu klären wäre sonst etwa, wer entscheide, ob nach einer I-Vorlage der Verwaltung dazu im Ausschuss weiter Beratungsbedarf bestehe.

Ausschüsse wieder trennen?

CDU-Fraktionschef Claudius Kranz erklärt, schriftlich beantwortet werden dürften laut Geschäftsordnung des Gemeinderats nur Anträge, „die inhaltlich Anfragen sind“. Alle anderen müssten zeitnah in den Ausschüssen erörtert und bei Bedarf zur Abstimmung gestellt werden. Aus Sicht von Kranz zeigen die vielen im Ausschuss für Umwelt und Technik anhängigen Anträge, dass dessen Zusammenlegung mit dem für technische Betriebe der Stadt ein Fehler gewesen sei. Nun müssten viele „Megathemen“ wie Verkehr, Bauen, Wohnen, Klimaschutz, Stadtreinigung und Abfallwirtschaft in nur einem Gremium bearbeitet werden.

An diesem Donnerstag steht nun im Hauptausschuss auch ein Antrag der FDP auf der Tagesordnung, jene beiden Ausschüsse wieder zu trennen. Darüber soll, Stand jetzt, direkt mündlich beraten werden.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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