Kriminalität

Aufnahmen auf Damentoilette der Unibib Mannheim: Polizei geht von mehr Opfern aus

Nachdem ein Mann Ende Mai auf einer Damentoilette mit einem Handy Aufnahmen gemacht haben soll, dauern die Ermittlungen an. Was bislang bekannt ist.

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Sebastian Koch
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Ende Mai wurde in der Universitätsbibliothek in A5 ein Mann festgenommen, der auf der Damentoilette Aufnahmen gemacht haben soll. © Christoph Blüthner

Mannheim. Nachdem ein Mann auf der Damentoilette in der Universitätsbibliothek in A5 Aufnahmen gemacht haben soll, rechnet die Polizei mit mehr Opfern als bislang bekannt. Wie berichtet, hatten zwei Studentinnen am Nachmittag des 29. Mai ein Handy entdeckt, mit dem ein Mann unter der Wand einer Toilettenkabine Aufnahmen gemacht haben soll. Die Polizei nahm daraufhin einen 25-Jährigen fest. Er hatte sich in der mittleren von drei Kabinen eingeschlossen und diese mit einem „Defekt“-Schild versehen.

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Aufnahmen in Damentoilette in der Mannheimer Uni: Polizist nimmt Mann fest

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Sebastian Koch
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Wie ein Sprecher der Polizei dieser Redaktion erklärt, gehen die Ermittler von mindestens 18 Personen aus, die als Opfer in Betracht kommen. Sie hatten sich bei der Polizei gemeldet und im „fraglichen Zeitraum“ die Toilette aufgesucht. „Da aber das Mobiltelefon des Tatverdächtigen noch nicht ausgewertet ist, kann man nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob diese nun tatsächlich gefilmt wurden oder nicht. Den Tatzeitraum selbst kann man aufgrund dessen auch noch nicht abschließend eingrenzen.“ Demnach sei auch die „tatsächliche Zahl“ der Opfer noch unklar. Bis wann mit einem abschließenden Ergebnis der Auswertung des Handys zu rechnen ist, konnte der Sprecher nicht sagen. Mit Verweis auf laufende Ermittlungen machte er auch keine Angaben dazu, ob der Mann sich zu den Vorwürfen bislang geäußert hat.

Unmittelbar nach der Tat waren der Polizei nur zwei Opfer bekannt gewesen. Zeuginnen hatten dieser Redaktion damals geschildert, dass sie das „Defekt“-Schild bereits zwischen 8.30 Uhr und 9 Uhr gesehen hätten. Entdeckt und festgenommen wurde der Mann erst gegen 15 Uhr. Studentinnen befürchteten aus diesem Grund mehrere Opfer.

Verdächtiger war polizeibekannt – keine Hinweise auf Aufnahmen an anderen Orten

Gegen den Mann wird wegen unerlaubter Anfertigung und Veröffentlichung von Bildaufnahmen einer dritten Person ermittelt. Er ist weder Student der Universität, noch steht er in einer anderen Verbindung zu dieser. Er ist also auch kein Mitarbeiter. Außerdem gibt es laut dem Polizeisprecher bislang keine Hinweise darauf, dass der Mann auch an anderen Orten Aufnahmen gemacht hat. Der 25-Jährige ist in der Vergangenheit allerdings bereits „polizeilich in Erscheinung getreten“. Nachfragen, warum er polizeibekannt ist und ob er vorbestraft ist, kommentierte der Sprecher mit Verweis auf Datenschutz hingegen nicht.

Die tatsächliche Anzahl Geschädigter ist noch unklar. Die Auswertung des Mobiltelefons ist noch nicht abgeschlossen. Ein abschließendes Ergebnis wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim

Unterdessen erklärt eine Sprecherin der Universität, dass in der Bibliothek wie auf dem gesamten Campus nach dem Vorfall Kontrollgänge aufgestockt worden sind. Darüber hatte das Rektorat Studentinnen und Studenten auch in einer internen Mail informiert, die dieser Redaktion vorliegt.

Abgesehen von der Tragweite für die Opfer sind Vorfälle wie diese für die Universität noch aus einer anderen Perspektive schwierig: Die Einrichtung im Schloss versteht sich als eine Universität, die für die Stadtgesellschaft offen ist und sich von dieser nicht abschotten möchte. Darauf verweist das Rektorat auch in der Mail an die Studentinnen und Studenten und hatte dies unter anderem auch nach dem Angriff im April vergangenen Jahres immer wieder erklärt. Damals hatte die Polizei einen mit einer Machete bewaffneten Mann erschossen, der in einen Hörsaal eingedrungen war. Auch er war kein Angehöriger der Universität.

Universität Mannheim hat 25-Jährigem nach Vorfall Hausverbot erteilt

Das Rektorat nehme den Vorfall auf der Damentoilette im Erdgeschoss der Bibliothek „sehr ernst“, sagt die Sprecherin. Gemeinsam mit Studierendenvertretung und Sicherheitsstellen überprüfe man deshalb auch bereits bestehende Maßnahmen. „Gleichzeitig müssen wir im Blick behalten, dass die Universität sich als offener Ort des Wissens und des Austauschs versteht, insbesondere auch hin zur Stadtgesellschaft. Vor diesem Hintergrund sieht es die Universität als Signal und Verpflichtung, die Mitnutzung der Universitätsbibliothek durch externe Personen weiterhin zu ermöglichen.“

Die Sprecherin bestätigt, dass der Mann der Universität zuvor nicht bekannt gewesen sei. Das Rektorat hat dem 25-Jährigen, der nach der Festnahme wieder auf freien Fuß ist, nach dem Vorfall ein Hausverbot erteilt. Das gelte zunächst für vier Wochen, was laut Sprecherin die Höchstgrenze ist, wenn ein Hausverbot wegen Gefahr im Verzug ohne vorherige Anhörung des Adressaten ausgesprochen wird. Verstößt der Mann gegen das Verbot, drohe ihm ein Zwangsgeld und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. „Grundsätzlich wird im Zeitraum eines Hausverbots überprüft, ob und, falls ja, wie lange ein daran anschließendes Hausverbot ausgesprochen werden kann. In diesem Zeitraum erhält der Adressat die Gelegenheit, sich zu dem Vorfall zu äußern.“

Bislang habe der Mann gegen das Hausverbot nicht verstoßen, erklärt die Sprecherin. Das Verbot gilt noch. Ob sich in den kommenden Tagen an das zunächst zeitlich begrenzte ein weitergehendes Hausverbot anschließt, konnte sie mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht sagen. Derzeit jedenfalls darf der Mann keine Gebäude der Universität betreten.

Wir müssen im Blick behalten, dass die Universität sich als offener Ort des Wissens und des Austauschs versteht. Vor diesem Hintergrund sieht es die Universität als Signal und Verpflichtung, die Mitnutzung der Universitätsbibliothek durch externe Personen weiterhin zu ermöglichen.
Sprecherin der Universität Mannheim

In einem Schreiben an diese Redaktion kritisiert indes eine Angehörige der Universität, dass das Personal der Bibliothek vom Rektorat nicht zeitgleich mit den Studentinnen und Studenten, sondern erst später offiziell über den Vorfall und die Suche nach Zeuginnen informiert worden sei. „Es ist beunruhigend, dass das Personal nicht sofort informiert worden ist. Insbesondere, weil sie diejenigen sind, die die Toiletten regelmäßig benutzen“, heißt es.

Die Sprecherin der Universität erklärt dazu lediglich, der Kernkrisenstab entscheide „unter Berücksichtigung der Gefahrenlage situativ“, wann Universitätsmitglieder informiert werden. „So war es auch in diesem Fall.“

Auf dem Campus werden „mehrmals täglich“ Toiletten als defekt gemeldet

Das Rektorat prüft in Absprache mit der Polizei weitere Sicherheitsmaßnahmen. Dazu zählt möglicherweise auch eine Videoüberwachung in Flurbereichen. Die Sprecherin verweist aber auf „hohe rechtliche Voraussetzungen“, die dafür erfüllt werden müssten. Bei der Prüfung des Sicherheitskonzepts gehe man auch der Frage nach, ob Sicherheitsdienst oder Personal möglicherweise schon früher hätten eingreifen können. Allerdings: Nachdem der Sicherheitsdienst von Studentinnen auf den Mann aufmerksam gemacht worden sei, habe er „sofort gehandelt und den Mann festgesetzt bis zum Eintreffen der Polizei“, erklärt die Sprecherin.

Allein aufgrund des „Defekt“-Schildes hätte man aber wohl keinen Verdacht schöpfen können. So werden auf dem Campus zu unterschiedlichen Tageszeiten und „mehrmals täglich Toiletten als defekt gemeldet“. Sicherheitsdienst oder Mitarbeiter werden allerdings nicht zentral informiert, wenn Toilettenbereiche defekt und unbenutzbar sind oder mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden, erklärt die Sprecherin auf Nachfrage.

Anfragen für eine Stellungnahme an die Studierendenvertretung AStA blieben bislang unbeantwortet.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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