An ihren Bienen sieht Ulrike Meboldt-Brenneis die neuen Feinde immer wieder. „Die schnuppern kurz und zack, schon sind sie gefressen und die fliegen wieder weg“, so die Feudenheimer Imkerin. Auch im letzten Jahr hätten sich zwar ab und an mal Asiatische Hornissen an ihren insgesamt 15 Bienenvölkern zu schaffen gemacht. Aber mittlerweile seien es ganz viele geworden.
Vor ihr Haus in der Theodor-Storm-Straße hat die Imkerin Infotafeln zu der invasiven Spezies gehängt. Sie warnt vor der Bedrohung für Bienen und bittet, Nester umgehend den Behörden zu melden. Die Landesanstalt für Umwelt hat dazu eine Online-Plattform eingerichtet. Darauf kann man sich auch registrierte Funde adressgenau anzeigen lassen.
Bekämpfung verzögert sich
Privatleute sollten Asiatische Hornissen möglichst rasch melden, so Irene Feilhauer vom Regierungspräsidium in Karlsruhe. Alle Nester müssten vernichtet werden. Allerdings komme es wegen der Vielzahl aktuell zu Verzögerungen. Wie lange es im Einzelfall dauert, kann Feilhauer nicht sagen. Das sei bei der dynamischen Lage und den limitierten Kapazitäten beauftragender Schädlingsbekämpfer leider unmöglich.
Im Gegensatz zur Europäischen Hornisse, die sehr selten geworden ist und unter Artenschutz steht, hat die Asiatische riesige Völker. Nach Angaben des Stuttgarter Agrarministeriums haben die oft kugelförmigen Nester einen Durchmesser von bis zu einem Meter und beherbergen bis zu 2500 Tiere. Für die Larvenaufzucht wird proteinhaltige Beute benötigt, großteils Honigbienen.
Nach Europa gelangte die Spezies wohl über eine mit Waren aus Asien eingeschleppte, befruchtete Königin. Erstmals wurde sie 2004 in Südfrankreich gesichtet, 2014 dann auch in Baden-Württemberg und 2019 in Mannheim. „Das war im Käfertaler Wald“, berichtet der städtische Naturschutzbeauftragte Gerhard Rietschel. „2020 und 2021 war dann gar nichts mehr, und dieses Jahr gibt es unfassbar viele.“ In den letzten Wochen seien mehr als 100 Nester gemeldet worden. Und es gebe noch viel mehr, die man etwa hoch oben in Bäumen gar nicht sehe.
An diesem Mittwoch sei er wieder mit einer Spezialfirma unterwegs, um zwölf Nester auf einen Schlag zu zerstören. Dabei kletterten Mitarbeiter in Imkeranzügen nach oben und sprühten für die Hornissen tödliche Substanzen hinein. „Viele sterben direkt, andere fliegen weg.“ Einmal sei er auch gestochen worden, als sich einige noch in einem vermeintlich leeren Nest versteckt hätten. Den Schmerz könne man mit einem Wespenstich vergleichen.
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Normalerweise tun Hornissen Menschen nichts, solange man sie in Ruhe lässt. In direkter Nähe von Nestern ist allerdings Vorsicht geboten. So entdeckte „Mannheimer Morgen“-Leser Bernd Hillgärtner ein „Enormes“ in der Nähe des Neuen Messplatzes in der Paul-Gerhardt-Straße, das an einem Baum im Außenbereich des dortigen Kindergartens hängt. Er meldete es dem städtischen Umweltamt und hofft, dass es rasch entfernt wird.
In Neckarau machte eine besorgte Mutter Partyservice-Betreiber Peter Schmidt auf ein großes Nest aufmerksam, das sich auf einer Kastanie vor seinem Laden befindet. Die etwa fünfjährige Tochter der Frau habe es gesehen und Angst bekommen, berichtet er. Weil jener Baum nicht auf einem Privatgrundstück stehe, sei dafür die Stadt zuständig. So rückte bei ihm Rietschel an, und jenes Nest steht nun auch auf dessen Erledigungsliste für diesen Mittwoch.
Nur Jungköniginnen der Asiatischen Hornisse überwintern
Der Naturschutzbeauftragte will auch nachsehen, ob er womöglich noch die Reste einer Brut oder gar einer Königin entdeckt. Eigentlich sei es Hornissen um diese Jahreszeit schon zu kalt und zu nass, bei der Europäischen sterbe die Königin in der Regel bereits im August.
Überwintern würden nur befruchtete Jungköniginnen, die sich dann etwa unter Dächern oder Rinden versteckten, um im Frühjahr eine neue Population zu gründen. Ein erstes, kleineres Nest werde dann meist im April gebaut, nicht selten auf Balkonen oder Terrassen. Im Sommer folge dann das deutlich größere Sekundärnest, in der Regel auf einem Baum in der Nähe. Nach dem Tod der Altkönigin setze sich der Zyklus dann am Jahresende fort.
Asiatische Hornissen sind 1,7 bis 2,4 Zentimeter lang, Königinnen bis zu drei Zentimeter. Von den Europäischen unterscheiden sie sich durch ihre dunklere Grundfärbung. Die Brust ist schwarz, der Hinterleib dunkel mit wenigen gelben Binden. Die Beine sind schwarz-gelb.
Asiatische Hornisse auf der Buga ins Glas gefallen
Als Karl-Heinz Hedemann Ende August hier erstmals eine Asiatische Hornisse entdeckte, hat er sie gleich erkannt: „An ihrem schwarzen Hintern, aber auch daran, wie sie geflogen ist.“ Das wirke viel forscher als bei ihrer Europäischen Variante und wie eine Art Bogenflug. In der Folge habe er sowohl im Luisenpark als auch auf Spinelli häufig welche gesehen, so der Buga-Dauergast. „Vor der Weinbar ist sogar mal eine in mein Glas gefallen.“ Später bemerkte er auch welche auf einem Rebstock in seinem Garten. „Nach drei Tagen verschwanden sie wieder, nachdem sie meine Trauben weggefressen hatten.“ Wegen der Meldepflicht verständigte er Rietschel. Der erklärte, einzelne Exemplare solle man einfach ignorieren. Nur gegen Nester gehen Behörden noch vor.
Rietschel fragt sich allerdings, wie lange noch. Er ist überzeugt, dass sich die rasante Ausbreitung nächstes Jahr fortsetzt. „Aber so können wir nicht weiter machen. Ich bin Naturschutzbeauftragter, kein Hornissenvernichter.“ Die invasive Art sei hier jetzt heimisch. Und irgendwann werde sich ihr Bestand durch Pilzbefall oder Ähnliches dezimieren.
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