Mannheim. Seit etwa einem Jahr steht der Mannheimer Islamische Arbeiterverein im Fokus der Öffentlichkeit. Jetzt gibt es erneut Aufregung um ihn. Doch diesmal geht es nicht um sein in Käfertal-Süd geplantes neue Gemeindezentrum. In der Lokalpolitik sorgt vielmehr ein Flyer für Furore. Mit dem wirbt er für eine Seminarreihe im Omar Al Faruq Center, seiner bisherigen Moschee in der Neckarstadt-West.
Genauer gesagt warb er, der Verein hat das Flugblatt mittlerweile zurückgezogen und auf seinen Kanälen in Sozialen Medien gelöscht. Vorstandssprecher Khalil Khalil bedauert im Gespräch mit dem „MM“ einige „unglückliche Formulierungen“. Gleichwohl hat das Ganze ein Nachspiel im Gemeinderat.
Der kursierende Flyer zeigt nur die Rückseite des Flugblatts
Unter der Überschrift „Mädelsabend“ wird auf dem Flyer eine Seminarreihe schon für über 13-Jährige „zur Vorbereitung auf die Ehe“ angeboten. Rechts oben steht: „Wer heiratet, hat die Hälfte seines Glaubens vervollständigt.“
Laut Khalil zeigt das in der Lokalpolitik auf Handys kursierende Bild indes nur die Rückseite des Flugblattes. Er schickt die Vorderseite. Darauf steht der Titel des ersten Vortrags, es geht um „Talahon“. Darunter versteht man stereotypes Verhalten vor allem von Männern mit arabischem Migrationshintergrund.
Der Vorstandssprecher betont, Ziel der von externen Experten entworfenen Seminarreihe sei allein die Prävention. Man wolle Mädchen vor allem vor Gefahren im Internet und in Sozialen Medien schützen. Nur die missglückten Formulierungen auf dem Flyer stammten von den damit hier betrauten Frauen. Leider sei das intern zunächst nicht aufgefallen. Man habe aber umgehend auf die einsetzende Kritik reagiert.
Fouzia Hammoud, die das Arabische Haus in Mannheim leitet, ist zunächst ebenfalls erschrocken. Dann habe sie mit den Verantwortlichen gesprochen und gehe nun von einem Missverständnis aus, sagt sie. Die Organisatorinnen hätten in „bester Absicht gehandelt, um über Rechte und Pflichten von Frauen zu informieren“. Mittlerweile sei die Veranstaltung abgesagt, Stadt und Jugendamt stünden im engen Austausch mit der Moschee.
Das bestätigt Khalil. Die beiden argumentieren auch, wollte da wirklich jemand 13-Jährige mit problematischer Absicht indoktrinieren, würde das kaum mit einem derartigen Flugblatt beworben.
CDU fordert Antworten zur Seminarreihe von der Stadtspitze
Bei den Grünen wurde dem Vernehmen nach lange über den Fall diskutiert. Fraktionschefin Nina Wellenreuther berichtet, auch bei ihr habe der Flyer Verwunderung ausgelöst. Inzwischen hätten die Erklärungen, die sie gehört hätten, einiges zur Erhellung beigetragen.
Die CDU-Fraktion will nun von der Stadtspitze wissen, wie die jene Seminarreihe beurteilt und welche weiteren Schritte sie daraus ableitet. Der Antrag wurde, wie üblich, in die nächste Sitzung des Integrationsausschusses verwiesen. Die ist allerdings erst am 25. März.
Dass sich der Gemeinderat noch mal mit dem umstrittenen Moschee-Neubau beschäftigt, ist aktuell nicht vorgesehen. Er werde aber ebenso wie andere zuständige Gremien darüber informiert, „sobald es in dem Genehmigungsverfahren wesentliche Entwicklungen gibt“, so auf Anfrage eine Rathaussprecherin. Ob und wann auch der von Oberbürgermeister Christian Specht schließlich begonnene Dialogprozess in Käfertal-Süd fortgesetzt werde, „ist derzeit noch nicht absehbar“.
Laut Khalil hat der Moscheeverein bis 30. November Zeit, seinen überarbeiteten Bauantrag vorzulegen. Auf vielfachen Wunsch aus der Nachbarschaft sei das Konzept mittlerweile um ein kleines Lebensmittelgeschäft erweitert worden, eine Art Tante-Emma-Laden. Früher war in dem Gebäude ein Netto-Markt.
Noch offen sei, ob der Verein selbst den Nahversorger übernehme oder dazu jemanden ins Boot hole, sagt der Sprecher. Jedenfalls sollten darin keine Waren verkauft werden, die islamischen Grundsätzen widersprächen, also weder Alkohol noch Schweinefleisch.
Problem mit Parkplätzen für Freitagsgebete noch ungelöst
In Bauantrag muss ferner beim Brandschutz nachgebessert werden. Der sei beim Umbau bestehender Gebäude häufig eine große Herausforderung, heißt es dazu aus dem Rathaus. Daher seien im Genehmigungsverfahren Anpassungen üblich. „Das gilt auch in diesem Fall.“
Bestätigt wird zudem, dass Specht Gespräche mit Alstom über eine zeitweise Nutzung von Parkplätzen auf dem Werksgelände vermittelt hat. In der Nachbarschaft wird befürchtet, dass der frühere Netto-Parkplatz für Freitagsgebete nicht ausreichen könnte. Nach Angaben von Khalil ist angesichts der ungewissen Zukunft von Alstom in Mannheim allerdings fraglich, ob sich da derzeit eine entsprechende Vereinbarung treffen lässt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Unfassbarer Flyer von Moscheegemeinde