Amokfahrt

Amokfahrt in Mannheim: Wo finden Opfer Hilfe?

Ein Mann rast über die Planken in Mannheim, tötet zwei Menschen und verletzt weitere schwer. Wo Betroffene Hilfe finden.

Von 
Sebastian Koch
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Mit diesem Fahrzeug soll ein 40 Jahre alter Mann zwei Menschen getötet und weitere teilweise schwer verletzt haben. Zahlreiche Menschen, die die Tat gesehen haben, könnten traumatisiert sein. © Michael Ruffler

Mannheim. Ein Mann rast mit hoher Geschwindigkeit über die Planken, erfasst Menschen, zwei davon sterben, weitere werden zum Teil schwer verletzt. Unzählige Passantinnen und Passanten sind am Rosenmontag auf den Planken, werden Zeugen einer unbegreiflichen Tat und sehen dramatische Szenen.

Während in den darauffolgenden Tagen viel über den mutmaßlichen Täter und die Hintergründe der Tat berichtet und spekuliert wird, bleiben die Opfer im Hintergrund. Vor allem diejenigen, die überlebt haben, die die Fahrt aus nächster Nähe gesehen haben oder die anderweitig betroffen sind, etwa als Angehörige.

Um diesen Personen zu helfen, gibt es bereits zahlreiche Angebote. Immer noch suchen Menschen die Notfallseelsorge in den Quadraten auf. Von Hunderten ist die Rede. Seit dieser Woche ist die Seelsorge am Paradeplatz zu finden. Aber auch staatliche Stellen oder Verbände bieten Unterstützung an, um Hilfe zu vermitteln.

Koordinierungsgruppe und Krisentelefon für Mannheimer Amokopferhilfe im Einsatz

So erklärt der Opferbeauftragte der Landesregierung, Alexander Schwarz, dieser Redaktion, dass Hilfsmaßnahmen eingeleitet wurden, um auf einen sogenannten Ereignisfall zu reagieren. „Es deutet sehr viel darauf hin, dass es sich um eine Amoktat handelt.“

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Bereits am Montag, kurz nach der Tat, hatte eine Koordinierungsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern von Polizei, Staatsanwaltschaft, Rettungsdiensten, Feuerwehr, Kirchen sowie die psychosoziale Notfallversorgung getagt. Ziel ist laut Schwarz, Opfer nicht mit einer Flut an Hilfsangeboten zu überfordern, sondern ihnen „gezielte, strukturierte Unterstützung“ anbieten zu können.

Ein zentrales Element ist dabei die Krisentelefonnummer 0800/000 7556. „Es haben sich schon viele Personen über diese Nummer gemeldet, aber wir gehen davon aus, dass noch nicht alle davon wissen oder sich zu melden trauen“, erklärt Schwarz.

Auch Weißer Ring Mannheim bietet nach Amokfahrt Hilfe an

Der Opferbeauftragte ist beim Landesjustizministerium angesiedelt, die Stelle wurde als Folge aus dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz 2016 eingerichtet. Damals hatte es bei Versorgung und Beratung der Opfer Defizite gegeben. „Die Situation war chaotisch.“

Schwarz selbst ist Jurist, leitete als Staatsanwalt unter anderem von 2014 an knapp sechs Jahre lang die Anklagebehörde in Mannheim. Zwar arbeiten bei der Geschäftsstelle des Opferbeauftragten auch zwei Psychologen – in aller Regel bietet der Beauftragte aber selbst keine aktive Hilfe, sondern vermittelt an entsprechende Stellen. „In den ersten Tagen steht natürlich die psychosoziale Seite – also die therapeutische Erstversorgung – im Vordergrund. In der Folgezeit geht es dann auch um materielle Hilfe und Ansprüche.“ Aus diesem Grund gehören auch Sozialversicherungen zur Koordinierungsgruppe.

In den ersten Tagen steht natürlich die psychosoziale Seite – also die therapeutische Erstversorgung – im Vordergrund. In der Folgezeit geht es dann auch um materielle Hilfe und Ansprüche.
Alexander Schwarz Opferbeauftragter Landesregierung Baden-Württemberg

Auch Ralf Maudanz koordiniert Hilfe. Die Außenstelle des Weißen Rings in Mannheim, die er leitet, nehme dabei eine Art Lotsenfunktion ein, sagt Maudanz dieser Redaktion. Bislang sei zwar noch keine erhöhte Zahl an Anfragen eingegangen. „Das ist aber nicht ungewöhnlich. Die meisten Menschen suchen erst nach einigen Tagen oder Wochen Hilfe.“

Rald Maundaz vom Weißen Ring Mannheim: “Oft wird das Trauma erst später spürbar“

Wenn sich jemand meldet, steht zunächst das Zuhören und Strukturieren der Gedanken im Vordergrund. „Die Menschen sind oft durcheinander, und wir versuchen herauszufinden, welchen konkreten Bedarf sie haben“, sagt Maudanz. In den meisten Fällen gehe es anschließend um psychosoziale Unterstützung oder die Frage nach einer therapeutischen Behandlung. Wie auch beim Opferbeauftragten des Landes stellt der Weiße Ring keine eigene Beratung, sondern vermittelt diese. Betroffene erreichen den Weißen Ring, für den Ehrenamtliche arbeiten, am besten per Mail an mannheim@mail.weisser-ring.de.

Schwarz und Maudanz betonen, wie wichtig es sei, sich Hilfe zu suchen. Schlaflosigkeit oder wenn einfache Dinge im Alltag nicht mehr funktionierten seien Anzeichen einer möglichen Traumatisierung. Wer den Opferbeauftragten oder den Weißen Ring kontaktiert, der geht keine Verpflichtung ein. „Man kann sich beraten lassen und dann selbst entscheiden, ob man das Angebot annimmt oder nicht“, sagt Maudanz. Es sei wichtig, Menschen zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen. „Oft wird das Trauma erst später spürbar – manchmal erst nach Monaten oder Jahren.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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