Mannheim. Der Ausschuss, den die Stadt Mannheim eingesetzt hat, um die Vorgänge rund um die Schließung des Fahrlachtunnels aufzuarbeiten, hat nach Abschluss seiner Arbeit ein insgesamt ernüchterndes Fazit gezogen.
"Der Akteinsichtsausschuss ist aufgrund der besonders hohen technischen Komplexität nur bedingt geeignet gewesen, um einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung zu leisten", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Mannheimer Liste, Holger Schmid, am Dienstag im Gemeinderat. Der Stadtrat präsentierte die gemeinsame Abschlusserklärung der Mitglieder des Ausschusses. Der hatte sich aus insgesamt zehn Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen zusammengesetzt und sichtete in fünf Sitzungen unter Leitung von Bildungsdezernent Dirk Grunert (Grüne) die Akten.
Der Ausschuss durfte allerdings keine Beteiligten vernehmen. Einen Untersuchungsausschuss hatte die Gemeindeordnung nicht zugelassen. Das allerdings wäre "wünschenswert" gewesen, erklärte Schmid nun.
Fahrlachtunnel in Mannheim: Unverständliche Zuständigkeits-Aufteilung
"Die Form der Aktenführung zum Fahrlachtunnel ist für Außenstehende und Fachfremde nur schwer nachvollziehbar", heißt es in dem Bericht. So gebe es zwar zur Bauphase des 1994 eröffneten Tunnels eine "umfangreiche" Dokumentation - die aber nach Abschluss der Bauphase "schwieriger nachzuvollziehen ist".
Laut Schmid haben sich im Laufe der Jahre die Zuständigkeiten für das Bauwerk geändert. Dies hatte die Verwaltung im Sommer bereits als eine der Gründe für die Schließung ausgemacht und von zu kleinteiligen Absprachewegen gesprochen. Eine zentrale Stelle fehlte jahrzehntelang. Das bestätigen auch die Akten.
"Die einzelnen Teilbereiche sind weiter bearbeitet worden", erklärte Schmid zwar. "Ein fachübergreifender Austausch und eine Abstimmung sind allerdings nicht zu erkennen." Laut Abschlussbericht ist es "unverständlich, dass für ein solch komplexes Bauwerk wie den Fahrlachtunnel nicht von Beginn an ein koordinierendes Monitoring und Projektsteuerungssystem bestanden hat."
Fachliche Expertise nötig
Im Zuge der Schließung wurde auch die Umsetzung von Richtlinien für Tunnel diskutiert. "Es ist aus den Akten nicht zu entnehmen", erklärte Schmid, "inwieweit neue Vorschriften systematisch und unverzüglich angewendet wurden." So sei etwa das Amt des Tunnelmanagers erst 2021 eingeführt worden, obwohl dies eine der wichtigsten Leitlinien für Tunnel bereits 2006 gefordert hatte.
Spätestens durch ein Gutachten aus dem Jahr 2020 waren Mängel bei der Technik des Tunnels bekannt geworden. Wann die aber erstmals aufgetreten sind und ab wann die Wartung "nicht mehr ordnungsgemäß erfolgte", ging laut Schmid daraus nicht hervor. Das müsste mit "fremder Expertise" recherchiert werden. "Wir müssen die Vermutung anstellen, weil die Aktenlage sehr dürftig ist, dass die Probleme schon länger vorgelegen haben", heißt es. "Bis 2020 muss sich ein Wartungs- und Instandhaltungsstau aufgebaut haben. Sonst könnte das Ergebnis der Schließung so nicht erfolgt sein."
Fahrlachtunnel in Mannheim fast zwei Jahre gesperrt
Um Mängel künftig frühzeitiger zu erkennen, empfiehlt der Abschlussbericht der Verwaltung regelmäßige Prüfungen - auch dann, wenn die gesetzlich nicht vorgeschrieben sind. Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verweist darauf, dass die Verwaltung die Zuständigkeit mittlerweile zentralisiert habe. Seit 2020 liegt die Verantwortung im inzwischen von Diana Pretzell (Grüne) geführten Dezernat.
Der Fahrlachtunnel war am 3. August 2021 wegen gravierender Sicherheitsmängel abrupt voll gesperrt worden. Bis zu Wiederöffnung Mitte Mai 2023 waren immer weitere Mängel festgestellt worden. Den Fahrlachtunnel haben vor der Schließung pro Tag bis zu 60.000 Fahrzeuge passiert.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Erhöhte Kosten bei Sanierung des Fahrlachtunnels: Gut investiertes Geld