Mannheim. Ärger in Mannheim-Franklin: Anwohner beklagen, dass es im neuen Mannheimer Stadtteil zu wenige Parkplätze gibt. Jedem Haushalt steht laut Bebauungskonzept ein Stellplatz zur Verfügung, für ein zweites Auto ist auch an der Straße kein Platz. Viele Haushalte sind jedoch auf zwei Autos angewiesen, um zur Arbeit zu kommen. Die Problematik spitzt sich mit jedem weiteren Neubau weiter zu. „Das wird richtig eskalieren, wenn die Hochhäuser stehen“, meint Thomas P., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Carsharing vs. ÖPNV
Ein Rechenbeispiel verdeutlicht, warum Anwohner lieber mit ihrem eigenen Auto fahren. Von Franklin zur BASF in Ludwigshafen dauert es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eineinhalb Stunden. Die Kosten für ein Monatsticket betragen 86,40 Euro.
Wer sich den Luxus leisten möchte, mit dem Franklin-Mobil zur Arbeit zu fahren, ist in diesem Beispiel ohne Stau zwar nur etwas mehr als 20 Minuten unterwegs. Dafür werden im Vielfahrertarif aber, auch aufgrund der langen Standzeit des Wagens am Arbeitsplatz, bei einer fünf-Tage-Woche mehr als 300 Euro fällig. vg
Seine Freundin arbeitet in der Pflege und brauche ihr Auto, um zu den Patienten zu kommen. Er selbst arbeitet in Heidelberg. Mit den Öffentlichen bräuchte er eineinhalb Stunden pro Strecke. „Das ist undenkbar“, sagt er. Wie ihm geht es auch anderen Anwohnern.
Auf das zweite Auto angewiesen
„Mein Sohn ist vier Jahre alt und hat immer noch keinen Kindergartenplatz in Franklin. Die Stadt Mannheim bietet mir in Rheinau einen an – wie soll ich da mit der Straßenbahn hinkommen?“, fragt Anastasia Lauinger. Auch wenn die Kinder aus Franklin musizieren, in Sportvereine gehen oder Schwimmen lernen möchten, seien Eltern aufs Auto angewiesen; denn vor Ort gibt es so ein Angebot noch nicht.
So sieht die Planung aus
Festgelegt für den neuen Stadtteil Franklin ist ein Stellplatz pro Haushalt.
Investoren haben die Möglichkeit, auf 0,8 Stellplätze pro Haushalt zu reduzieren, wenn sie sich aktiv am Mobilitätskonzept beteiligen.
Es wird nach vier und acht Jahren evaluiert, ob tatsächlich 20 Prozent keinen eigenen Pkw haben.
Bei der Mobilitätsumfrage im Juli 2022 mit einer Rücklaufquote von 22 Prozent gaben rund 20 Prozent an, kein eigenes Auto zu besitzen. Etwa ein Drittel der Haushalte besitzen mehr als ein Auto. vg
Um ein nachhaltiges Quartierskonzept umzusetzen, wünschen sich die Bewohner eine gute Verkehrsanbindung in die Region, viele Alternativen zum eigenen Pkw und eine gute Infrastruktur vor Ort. Doch all das suchen sie in Franklin noch vergeblich.
Alle 20 Minuten fährt die Linie 5 vom Platz der Freundschaft in Franklin zum Mannheimer Hauptbahnhof. Anastasia Lauinger hat einmal versucht, mit der Straßenbahn in die Stadt zu kommen. „Ich musste zwei Bahnen auslassen, sie waren überfüllt, und ich kam mit dem Kinderwagen gar nicht rein.“ Eine weitere Anwohnerin ärgert sich über den schlechten ÖPNV. „Richtung Mannheim geht’s ja, aber wer in anderen Orten arbeitet, kommt dort mit den Öffentlichen einfach nicht hin.“
Die Bewohnerin ist nicht nur unzufrieden mit dem fehlenden Mobilitätsangebot der MWSP und den fehlenden Parkplätzen. Ihr fehlen auch günstige Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. „Ein einziger Supermarkt ist für so viele Menschen zu wenig, wir bräuchten für einen Wocheneinkauf auch einen günstigen Discounter. Dorthin kommt man eben nur mit dem Auto“, sagt sie.
Maximal ein Auto pro Haushalt
Der Parkplatzmangel ist gewollt. „Das Mobilitätskonzept für Franklin beruht darauf, dass der öffentliche Raum zu wertvoll ist, als dass er als kostenfreier, monotoner Parkraum genutzt wird“, sagt MWSP-Unternehmenssprecherin Melissa Bangert. Die Planung sehe vor, dass die Menschen nicht mehr als ein Auto pro Haushalt haben und sonst den ÖPNV, Car-Sharing und Fahrrad nutzen. So weit die Theorie.
In der Praxis ist die Bahnlinie auf Franklin noch nicht ausgebaut, und die Car-Sharing-Flotte besteht derzeit aus sechs Fahrzeugen für die rund 5500 Menschen, die im neuen Stadtteil Franklin leben. Das Entfernen von den aus Kasernenzeiten bestehenden Parkplätzen in Franklin war offenbar kein Startschuss zu einem nachhaltigen Quartier, sondern zu einem allabendlichen Kampf um die knappen Parkplätze am Straßenrand.
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„Als wir die Wohnung 2018 gekauft haben, wussten wir überhaupt nicht darüber bescheid, dass es hier so gut wie gar keine Parkplätze geben wird“, sagt Kathrin, die nur ihren Vornamen nennen möchten. Das bestätigt ein weiterer Anwohner der George-Washington-Straße. Vonseiten der MWSP sei aber seinerzeit nicht kommuniziert worden, dass kaum weitere Parkmöglichkeiten für ein zweites Fahrzeug oder Gäste vorgesehen seien. Im Gegenteil, die 2018 noch vorhandenen Parkplätze der Amerikaner seien in den vergangenen Jahren neuen Wohnhäusern gewichen.
Die im öffentlichen Straßenraum verteilten Stellplätze und Sammelparkflächen sind laut MWSP ohnehin nicht für die Bewohner, sondern ausschließlich als öffentliche Besucherstellplätze vorgesehen, gebührenpflichtig und zeitlich befristet. Am Straßenrand parken aber Anwohner, die aufgrund der fehlenden Mobilitätsangebote auf ein zweites Auto angewiesen sind. Wenn dann Besucher kommen, finden sie deshalb im öffentlichen Straßenraum kaum Parkplätze. Gäste, die mit dem Pkw anreisen, suchen oft vergeblich nach Möglichkeiten, ihr Auto irgendwo abzustellen.
Keine Parkplätze, keine Gäste
„Mein Mann ist Amerikaner, und wir haben uns gefreut, als wir eine Wohnung in Franklin gekauft haben, weil es ja unsere Heimat ist“, berichtet die 70-Jährige Frau Cooper. Doch Besuch von Freunden und Kollegen bekomme das Paar hier nicht. „Mein Mann vereinsamt in der Wohnung. Es kommt keiner, weil keine Parkplätze vorhanden sind. Das finde ich sehr traurig.“
Die Situation ist nicht in ganz Franklin so schwierig wie in der Mitte. Rund um den George-Sullivan-Ring, wo viele Einfamilienhäuser stehen, ist die Parksituation wesentlich entspannter. „Fast jeder hat eine Garage, und es gibt zehn Parkplätze direkt vor der Tür“, sagt etwa Thomas Fahrland. Drei weitere Spaziergänger, die an diesem Morgen mit ihren Hunden am Sulivan-Ring unterwegs sind, sind mit der Parkplatzsituation zufrieden. Direkt vor den Häusern gebe es ausreichend viele Besucherparkplätze.
Die Anwohner in Franklin-Mitte brauchen jedoch mehr Parkplätze, damit sie auch „mal wieder Besuch bekommen“. Ein Parkhaus wäre aus ihrer Sicht sinnvoll. Denn aktuell, so beobachten zwei Anwohnerinnen, würden einige Familien wieder wegziehen.
Derweil wird auf dem Parkplatz am Alten Kino das kostenpflichtige Parken eingeführt. Ab sofort handelt es sich um einen bewirtschafteten Parkplatz. Vorerst ist das Parken begrenzt auf drei Stunden pro Tag mit hinterlegter Parkscheibe möglich. Ab April soll der Parkplatz dann mit Inbetriebnahme der Betriebstechnik kostenpflichtig zur Verfügung stehen. Derzeit werden noch die letzten Details mit der Service Haus GmbH als Betreiberin abgestimmt. „Was wir bereits vorwegnehmen können: Die Einführung eines Theatertarifs wird natürlich mit bedacht, Dauerparken wird jedoch nicht möglich sein“, sagt Bangert.
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