Mannheim. Die Wahl des Migrationsbeirats zeigt, dass ein verändertes Abstimmungsverfahren erhebliche Konsequenzen haben kann. Statt wie bisher eine von einer Kommission – der Mitglieder des Gemeinderats angehörten – vorgeschlagene Liste zu bestätigen, musste der Rat über jeden Namen abstimmen: Mit Khalil Khalil und Zahra Alibabanzed Salem scheiterten zwei prominente Mitglieder. Letztere war Sprecherin des Beirats.
Dass die Wahl formal richtig war, ist eine Sache. Und natürlich muss bei jeder Wahl die Möglichkeit bestehen, Kandidaten abzulehnen. Doch das Verfahren birgt Risiken. Wer sich etwa klar positioniert oder Fraktionen jedweder Couleur nicht passt, läuft Gefahr, nicht wiedergewählt zu werden. Dies kann die Unabhängigkeit schwächen. Mitglieder jeder Interessensvertretung müssen Themen pointiert und offensiv vortragen dürfen, um sich Gehör zu verschaffen. Die Einzelwahl könnte genau da abschreckend wirken. Engagierte Personen fragen sich, ob ihre Arbeit gewürdigt wird. Mitglieder könnten zudem vorsichtiger agieren, um eine Wiederwahl nicht zu gefährden.
Interessensvertretungen dürfen nicht zum politischen Spielball werden
Zum Abend im Stadthaus, der mit Spannung erwartet worden war, passten auch die etwas unbeholfen wirkenden Aussagen von Oberbürgermeister Christian Specht nach der Abstimmung. Seine öffentliche Danksagung an die anwesende Alibabanezhad Salem war wohl gut gemeint, wirkte in dieser Situation aber wie eine unfreiwillige Vorführung. Gerade weil sie nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit hatte, klang der Wunsch, ihre Expertise weiter zu nutzen, widersprüchlich.
Dass im Vorfeld zudem keine für alle gesichtswahrende Lösung gelungen ist, ist ebenfalls kein Ruhmesblatt für die Verwaltung. Natürlich muss sich aber auch der Migrationsbeirat der Diskussion und geäußerter Kritik stellen, falls Mitglieder beim Vortragen Form und Anstand verletzen sollten.
Mannheim hat bislang von einem Migrationsbeirat profitiert, der sich kritisch und konstruktiv eingebracht hat. Damit dies so bleibt, sollte dieses Abstimmungsverfahren eine Ausnahme bleiben. Ein Gremium, das für eine diverse Stadtgesellschaft spricht, darf nicht zum Spielball politischer Lager werden.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Abstimmung über Mannheimer Migrationsbeirat: Verfahren mit Risiken
Der Gemeinderat musste über jeden Namen des Migrationsbeirats einzeln abstimmen. Was formal richtig sein mag, kann für das Gremium selbst eine Gefahr sein.