Mannheim. Wie verbreitet sind Drogenhandel und Gewalttaten aktuell am Alten Meßplatz? In einem „MM“-Interview hatten die Betreiber des Freizeitangebots ALTER kürzlich eine „riesige Drogenproblematik“ und damit verbundene Kriminalität im Platzbereich zum Neckar hin beklagt. Nahezu zeitgleich gab es dort einen Angriff, bei dem ein Mann einem anderen mit einer Machete eine Fleischwunde am Unterarm zufügte. Hintergrund soll ein Streit um Rauschgiftgeschäfte gewesen sein. Wir haben bei Polizei und Drogenverein nachgefragt, wie sie die Situation einschätzen.
Wie sehen die ALTER-Vertreter die aktuelle Lage?
Julia Alicka und Kristin Höflein vom ALTER-Betreiberverein POW! kritisierten im Interview nicht nur den vielen Müll um den Platz. Sondern auch den aus ihrer Sicht massiven Drogenhandel. Dabei gehe es nicht nur um Haschisch und Marihuana, sondern auch um härtere Drogen. „Das sieht man daran, wie die Leute drauf sind und in welchen Zuständen die Menschen auf der Platzmitte herumlaufen. Die sind hochaggressiv, und das passiert nicht durch den Konsum von Marihuana.“ Die beiden Frauen beklagen „eine Laissez-faire-Haltung und ein Wegschauen“ der Behörden.
Wie bewertet die Polizei die Situation am Alten Meßplatz? Mit welchen Drogen werden nach Erkenntnissen der Ermittler gehandelt? Gibt es rivalisierende Dealer-Gruppen? Und wie gewalttätig sind die unterwegs?
„Überwiegend können wir feststellen, dass dort mit Cannabis gehandelt wird“, antwortet Polizeisprecherin Sabine Abeln auf diese Fragen. „Ein großer Teil der tatverdächtigen Personen stammt aus dem nordafrikanischen Raum. Inwieweit sich dort Gruppierungen zusammengefunden haben, lässt sich schwer beurteilen.“ Zu härteren Drogen sagt die Polizeisprecherin nichts. Auch zur Zahl der Straftaten speziell am Alten Meßplatz kann die Polizei keine Angaben machen, weil die in der Statistik nicht separat erfasst würden. Lediglich eine Einschätzung ist möglich: Der Alte Meßplatz, so die Polizeisprecherin, sei „seit Jahren“ ein Ort, an dem sich in der wärmeren Jahreszeit Jugendliche und junge Erwachsene versammeln und dort auch Alkohol und - gerade nach der Einführung des Cannabisgesetzes - zum Teil auch Betäubungsmittel konsumieren. Und übermäßiger Konsum führe erfahrungsgemäß auch zu Streitigkeiten und körperlichen Auseinandersetzungen.
Wie schätzt der Drogenverein die Lage am Alten Meßplatz ein?
Er vermutet - wie die ALTER-Betreiber - durchaus auch einen Handel mit härteren Drogen als Cannabis. „Wir wissen es nicht genau, aber wir gehen davon aus, dass eine breite Palette von Substanzen gehandelt wird“, sagt Geschäftsführer Philip Gerber. „Gerade im Bereich des ALTER lägen viele Alufolie-Schnipsel auf dem Boden. Das deutet auf abgepacktes Pulver hin, also etwa Kokain oder Amphetamin.“ Über Dealer-Gruppen kann Gerber nichts sagen. Er weiß aber, dass einige der wohnungslosen Heroinabhängigen, die sein Verein betreut, sich gerne im Bereich des ALTER aufhalten. „Auch diese Menschen wollen am Leben teilhaben und dort sein, wo etwas los ist.“ Sie hätten mitunter aber psychische oder körperliche Erkrankungen, die sie daran hinderten, sich angemessen zu verhalten. Dazu komme bei diesen Personen neuerdings auch ein verstärkter Kokain-Konsum, so der Drogenverein-Geschäftsführer. „Der sorgt dafür, dass sie umtriebiger und aufgedreht sind.“
Was tut die Polizei, um den Alten Meßplatz sicherer zu machen?
Präsenz zeigen, wie Sprecherin Abeln betont - mit uniformierten Polizisten, aber auch mit solchen, die verdeckt im Einsatz seien. Bereits im vergangenen Jahr habe das Präsidium eine entsprechende Konzeption entwickelt, schon damals als Reaktion auf Ordnungsstörungen und Straftaten. Je nach aktueller Lage könnten die offenen und verdeckten Polizeimaßnahmen „angepasst“ werden. Ob der aktuelle Hilferuf der ALTER-Betreiber konkret für eine solche „Anpassung“ sorgt, dazu sagt die Sprecherin nichts. Das Statement bleibt im Allgemeinen: „Bei Feststellen von Ordnungsstörungen oder auch Straftaten erfolgt konsequentes Einschreiten, unter anderem durch das Einleiten von Ermittlungsverfahren. Ein stetiger Austausch zwischen der Polizei und der Stadt Mannheim, der zur Verbesserung der Situation beitragen soll, findet statt.“ Der Verein POW! hat nach eigenen Angaben als Reaktion auf die Zustände beim ALTER ein Verbot von hochprozentigem Alkohol verhängt und die Einsatzzeiten von Sozialarbeitern und Ehrenamtlichen erhöht. Bei Verstößen werden Platzverweise ausgesprochen.
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Am Alten Meßplatz gibt es eine Videoüberwachung, mit mehr als einem Dutzend Kameras an mehreren Standorten. Warum sind trotzdem so viele Klagen über die Situation rund um den Platz zu hören?
Schwer zu sagen. Die Antwort der Polizei auf diese Frage legt nahe, dass die Kameras am Platz vielleicht doch nicht den Effekt haben, den man sich von ihnen erhofft hatte. Ihr Statement: „Der Videoschutz bietet eine Möglichkeit, strafrechtliches Verhalten wie zum Beispiel Körperverletzung zu erkennen, um frühzeitig durch die Polizei intervenieren zu können. Die baulichen Gegebenheiten, die Standorte der vorhandenen Kameras und auch die rechtlichen Voraussetzungen schränken diesen Schutz allerdings ein.“
Ist der Drogenverein mit Streetworkern am Alten Meßplatz im Einsatz?
Nein. Die Streetworker des Drogenvereins sind aktuell im Bereich K 1 sowie im Jungbusch unterwegs, wie Geschäftsführer Gerber erklärt. Streetworker der Caritas seien darüber hinaus in der Innenstadt sowie am Neumarkt in der Neckarstadt-West im Einsatz. „Für den Alten Meßplatz gibt es derzeit keinen Auftrag und keine Finanzierung durch die Stadt“, so Gerber.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Alter Meßplatz Mannheim: Eigentlich gute Entwicklung verdüstert sich