Mannheim. Wo sonst Studierende lernen und Ärztinnen und Ärzte sich weiterbilden, nahmen am Samstag insgesamt 300 Kinder Platz: Im altehrwürdigen Großen Hörsaal der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) öffneten sich nach dreijähriger Corona-Pause wieder die Türen für die Kinder-Uni Medizin - in Kooperation mit dem „Mannheimer Morgen“ und mit Unterstützung der Bäckerei Grimminger und Odenwald-Quelle.
Die Tickets für die Veranstaltung, die einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag durchgeführt wurde, waren wieder in Windeseile ausverkauft. „Die Kinder-Uni hat bei uns eine lange Tradition. Wir müssen dafür überhaupt nicht trommeln“, so UMM-Sprecher Philip Egermann. Der Erlös aus dem Ticket-Verkauf geht übrigens komplett an die „Mannheimer Morgen“-Aktion „Wir wollen helfen“.
„Dürfen wir uns Notizen machen?“, lautete die erste von vielen Fragen, die Rüdiger Adam, Oberarzt an der Kinderklinik und Moderator der Veranstaltung, gestellt wurden. Klar durften die Nachwuchs-Studentinnen und -Studenten mitschreiben. Schließlich gab es jede Menge Neues und Wissenswertes zu lernen.
Gehirn passt auf
„Gedanken lesen leicht gemacht“ lautete der Titel des ersten Kurzvortrags. Achim Gass, Professor für Neurologie und Neurologische Bildgebung, erklärte den Kindern, warum es so wichtig ist zu wissen, wie es anderen Menschen geht. Dazu musste man zunächst verstehen, wie das Gehirn arbeitet und funktioniert. „Ihr könnt es euch vorstellen wie ein Spinnennetz.
Über die Fäden laufen die Informationen ganz schnell hin und her“, so Gass. Auf die Frage nach der wichtigsten Aufgaben des Gehirns, hatten die Mädchen und Jungen eine klare Antwort: „Quatsch machen.“ Da musste der Professor schmunzelnd zustimmen, ergänzte aber noch einen anderen wichtigen Aspekt: „Das Gehirn muss aufpassen, dass uns nichts passiert. Es bremst uns manchmal und zwingt uns, eine kleine Pause einzulegen.“ Nichts anderes bedeute es, wenn man ab und an zum Beispiel Bauch- oder Kopfschmerzen habe.
Vom Spiegelneuronensystem hatten manche Kinder schon einmal gehört. „Das sind Nervenzellen, die eine besonders faszinierende Aufgabe haben. Sie helfen uns, Gedanken zu lesen und andere Menschen besser zu verstehen“, erklärte der Mediziner und fügte hinzu: „Immer, wenn ihr etwas seht, macht euer Gehirn automatisch eine Kopie davon.“ So könne man an Gesicht und Haltung einer Person ablesen, wie es ihr gehe. „Das ist wichtig, damit wir uns verständigen und zusammenarbeiten können“, so der Kinder-Uni-Dozent.
Wie wird unser Gehirn gereinigt? Auch diese Frage interessierte die kleinen Zuhörer. „Während wir schlafen, läuft eine Waschmaschine im Kopf, die man erst vor kurzem entdeckt hat“, erklärte Achim Gass. Das sogenannte glymphatische System entsorge Abfallstoffe im Zentralnervensystem. „Deshalb ist Schlaf so wichtig. Und wenn euch eure Eltern ins Bett schicken, dann ist das total sinnvoll. Ohne Schlaf sind wir schlecht gelaunt und werden krank“, gab er den Kindern mit auf den Weg.
Tanzende Bestrahlungsgeräte
„Der kleine Affe und die Strahlen“ lautete der Titel des zweiten Teils der Vorlesung. Anna Simeonova-Chergou, Funktionsoberärztin in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, erklärte den Mädchen und Jungen wie Strahlen heilen können. Ein kleiner Affe führte dabei durch die Klinik und zeigte in spannenden Bildern, wie er bestrahlt wurde und was er dabei erlebt hat. Dass Strahlen Krebszellen vernichten können, hatten viele Kinder schon einmal gehört. Und auch, was Krebs ist, wussten sie: „eine ganz schlimme und gefährliche Krankheit.“ „Genau“, sagte Simeonova-Chergou und fügte hinzu: „Sie entsteht, wenn Zellen krank werden, sich teilen und immer weiter vermehren. Deshalb ist es wichtig, jemanden so frühzeitig wie möglich zu behandeln. Es wird immer schwieriger, wenn es zu viele kranke Zellen sind.“
Anhand eines Filmes bekamen die Kinder auch das Bestrahlungsgerät zu sehen, das sich um den kleinen Affen drehte. „Es gibt auch sehr coole Geräte, die richtig tanzen“, berichtete die Medizinerin, „denn manchmal müssen wir auch Organe bestrahlen, die sich bewegen, wie zum Beispiel die Lunge.“
Sehr viele Fragen brannten den jungen Zuhörern auf den Nägeln. „Ist Krebs ansteckend?“, wollte die neunjährige Leonie wissen. „Nein, auf keinen Fall“, lautete die Antwort der Strahlentherapeutin, „es ist wichtig, dass ihr bei diesem Menschen bleibt, der Krebs hat, um ihn zu unterstützen und für ihn da zu sein.“ Warum gibt es überhaupt Krebs? Warum fallen die Haare aus? Weshalb heißt Krebs Krebs? Und können auch Pflanzen Krebs bekommen? Jede Frage wurde geduldig beantwortet. Und am Schluss war es dann soweit: Alle Teilnehmenden bekamen ihr Kinder-Uni-Diplom überreicht, durften mit dem „MM“-Kindermaskottchen Fred Fuchs abklatschen oder auch ein Foto machen und ihren ungeduldig vor der Tür wartenden Eltern von der spannenden Vorlesung berichten.
„Es war total interessant, weil wir das Gehirn noch nicht im Sachunterricht durchgenommen haben“, fand die neunjährige Carolin. Ob sie nun Lust hat, in ein paar Jahren Medizin zu studieren, um später auch als Ärztin zu arbeiten, das glaubt sie allerdings nicht: „Eigentlich will ich lieber Schauspielerin werden.“
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