Freifläche - Sonderschau rund um die Fellnasen / Mitmachaktionen auf dem Parcours / Trainer vom Erziehungszentrum Ketsch beraten Tierfreunde

Sonderschau "Unser Hund" auf dem Mannheimer Maimarkt

Von 
Christine Maisch-Bischof
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Immer mit Leckerli motivieren: Die zweijährige Alina traut sich mit Hilfe von Andrea Kammann, den Rüden Marlo über den Parcours zu führen. © Christine Maisch-Bischof

Mannheim. Marlo war gerade mal zwei Handvoll Hund und mit Wunden übersät, als Tierschützer den Welpen am Straßenrand neben seinem toten Bruder fanden. Heute ist der Mischling mit dem glänzenden weißen Fell der Hauptstar, wenn Andrea Kammann vom Hundeerziehungszentrum Ketsch (HERZ) mit ihren Vierbeinern auftritt. Die Tiertrainerin lädt auf der Maimarkt-Freifläche hinter dem Haupteingang Mensch und Kreatur zum Mitmachen ein. Und etliche zwei- und vierbeinige Besucher versuchen sich beim Dogdance oder Spaßhindernisslauf. Zwischen den Vorführungen löchern die Zuschauer die Hundeflüstererin immer wieder mit Fragen. Und hören gespannt zu, wenn sie erzählt, wie man es mit Geduld, Behutsamkeit und Konsequenz schaffen kann, dass aus einem verängstigten Wesen ein menschenbezogener Gefährte heranwächst. Manchmal entsteht sogar ganz langsam ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zwischen Tier und Besitzer – trotz aller schmerzhaften Erfahrungen.

Vertrauensvolles Zusammenspiel: Andrea Kammann mit ihrem Mischling Marlo beim „Dogdance“. © Michael Ruffler

„Darf ich den mal streicheln?“ Die zweijährige Alina mit dem wunderhübschen blauen Prinzessinnen-Rock ist eins der vielen Kinder, die den Parcours-Platz umringen. Auf der Wiese springt der quirlige Terrier-Mix Omko über ein kleines Hindernis, das Frauchen Rita Sturm vor ihn hält, dreht auf Kommando Pirouetten vor ihr und um sie herum. „Dogdance“ heißt die Disziplin, bei der Hund und Mensch zur Rhythmik der Musik einer Choreographie folgen. „Home“, ruft die Trainerin, und schon wuselt Omko zwischen ihre Knie, synchron mit den Mischlingen Bella und Chipsy, die ihre Hundeführerinnen Chantalle Lemmert und Andrea Braun-Kornmüller ansteuern. „Ich weiß nicht, wer nervöser ist – wir oder die Hunde“, räumt Sturm lachend ein: „Für die meisten von uns ist es der erste Auftritt.“

Nervöse Akteure auf vier Pfoten

Inzwischen baut das HERZ-Team Brücken, Stege und Tunnel für den Spaßhindernisslauf auf. „Ja, das ist alles sehr aufregend für die Teilnehmer. Die neue Umgebung und das große Publikum“, stimmt Kammann zu. Das gelte selbst für alte Wettbewerbshasen. Auch der Elo-Rüde Dee Jay von Läticia Erben geht die Hindernisse zwar geübt an, scheut weder vor dem orangenen Stofftunnel noch vor einem schmalen Steg. Aber er lässt sich doch beim Slalom von Zuschauer-Rufen ablenken und nimmt die Strecke mit zu viel Vollgas. „Der hat Dampf“, ruft Kammann: „Aber eine super Bindung zu seiner Besitzerin.“ Scheinbar von allem Trubel ungerührt beginnt der wuschelige Zweijährige plötzlich, den Boden abzuschnuppern. „Er signalisiert jetzt, dass er genug hat“, erklärt Kammannn: „Das sollte man immer respektieren, sonst verliert das Tier die Freude am Lauf.“ Die Fachfrau rät zu einer Pause.

Weitere Eindrücke von der Sonderschau. © Christine Maisch-Bischof

Die Bedürfnisse eines Hundes erspüren, erkennen und die richtigen Schlüsse im Umgang mit ihm daraus ziehen: Den Besitzern dies zu vermitteln, versteht die Trainerin als eine ihrer Hauptaufgaben. Schwer auf den Prüfstand gestellt wurden ihre Fähigkeiten, als Amigo zu ihr kam. Als der Spanier mit dem grau-braun melierten Fell gefunden wurde, war er an einer Heizung angeleint, völlig abgemagert und reagierte auf Männer panisch, aggressiv und zitterte am ganzen Körper. „Er muss starke Schmerzen erlitten haben“, vermutet Kammannn: „Ohne Maulkorb und Leckerlis ging gar nichts.“ Mit sehr viel Geduld und noch mehr Liebe ist es ihr und ihrer Familie gelungen, dass der Rüde heute völlig friedlich ist.

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Dabei hat ihm auch Mitbewohner Marlo mit seiner beruhigenden Art geholfen. Freundlich und gutmütig lässt sich der Schäfer-Windhund-Mix am Rande des abgetrennten Rasenrechtecks von unzähligen Kinder- und Erwachsenen-Händen streicheln, schnuppert neugierig an Schuhen oder Hosenbeinen. Und sorgt für Heiterkeit unter den Zaungästen, als er einem Steppke blitzschnell ein herzhaftes Nasen-Küsschen verpasst. Der Dreikäsehoch schwankt kurz, aber reagiert keineswegs erschrocken. „Der ist ein Hundeplatzkind. Marlo und er lieben sich“, erklärt die Mama. Schließlich handelt es sich bei der jungen Mutter um Andrea Kammannns Tochter Alicia Drescik und bei dem Kleinen um ihren zweijährigen Sohn Emil.

Keine Frage, wer heute beobachtet, wie Marlo Menschen begegnet, der spürt, dass bei dem sechsjährigen Rüden längst alle seelischen und physischen Wunden verheilt sind. Auch wenn sein Start ins Leben noch so traurig war. „Heute ist er mein Vorzeigehund“, resümiert Andrea Kammann. Ende gut, alles gut? „Ja, schon. Ich vertraue meinen Hunden voll und ganz – aber nur zu 99,9 Prozent. “ Niemals würde sie ihren Enkel mit einem ihrer Schützlinge alleinlassen. „Auch wenn es die liebsten Schmusebacken sind – man muss immer ein Auge auf sie haben.“ Und auch wenn sie gelegentlich mit dem Wolf tanzt: „In jedem Haushund steckt ein bisschen Raubtier. Und da bleibt eben immer ein Restrisiko. Das darf man nie vergessen.“ So rührend vertrauensvoll das Miteinander von Fellnase und Frauchen auch wirken mag.

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