Tierwelt

Schmiedefest Wallstadt: So wird ein Pferd vom Hufschmied beschlagen

Das tut ihm nicht weh - Kinder müssen beruhigt werden, wenn Hufschmied Benedict Schmoll mit seiner Arbeit beginnt. Beim Schmiedefest in Wallstadt zeigt er, wie Pferde beschlagen werden

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Es dampft, wenn das heiße Eisen angepasst wird: Hufschmied Benedict Schmoll beschlägt Pferd Jaro beim Schmiedefest in Wallstadt. © Christoph Blüthner

Wallstadt. Es qualmt, es riecht komisch, leicht verbrannt. „Aber nicht erschrecken“, beruhigt Katharina Herfurth. Schließlich ist das, was ihr Partner Benedict Schmoll hier vorführt, vielen Leuten fremd und in der Großstadt selten zu sehen. Daher gibt es einen großen Besucherandrang beim Schmiedefest vom Arbeitskreis Heimatgeschichte Wallstadt, bei dem Hufschmied Schmoll vorführt, wie ein Pferd beschlagen wird.

Jaro, 29 Jahre alt, erträgt das alles mit stoischer Gelassenheit. Besitzerin Vanessa Baumann hat ihn nach Wallstadt gebracht, damit Schmoll und sein Kollege Marcel Menke zeigen können, was früher in dem Bauern- und Maurerdorf Alltag war. Aus dieser Zeit stammt die dem Arbeitskreis von Nachkommen des letzten Wallstadter Schmieds, Hermann Will, zur Verfügung gestellte gesamte Einrichtung seiner Werkstatt. Die steht nun in der Garage der Familie Straub in der Atzelbuckelstraße.

Menke heizt die Esse an, bereitet die neuen Hufeisen vor. Schmoll öffnet die Nieten an den Hufen des Pferds, entfernt die alten Hufeisen. Dann setzt er eine riesige, einen Meter lange Feile an, entfernt abgestorbenes Horn, Dreck und modrige Stellen am Fuß des Tieres. Da zucken viele Kinder zusammen, weichen verunsichert zurück und machen sich Sorgen, dass das dem Pferd doch schmerzen müsse.

Werner Groß schmiedet Minihufeisen als Andenken für die Kinder. © Christoph Blüthner

„Das tut dem Pferd nicht weh“, beruhigt Katharina Herfurth. „Das ist, wie wenn wir uns die Fingernägel machen“, erklärt sie. Für das Tier bedeute diese Prozedur „keinen Stress“, versichert sie: „Der ist total entspannt, denn er weiß, dass er danach besser läuft“, erklärt sie. Und tatsächlich steht Jaro völlig still, als der Hufschmied sich nacheinander seine Hufe holt und sie bearbeitet. Allerdings trägt Jaro trotz Sommer eine Decke, damit Fliegen ihn nicht nerven und er nicht deshalb plötzlich ruckartige Bewegungen macht.

Und dann kommt der Moment, an dem es qualmt und verbrannt riecht. Der Hufschmied drückt das neue, heiße Eisen auf den Huf des Pferds. „Das geht nach Augenmaß - er weiß ja, wie der Huf aussieht“, sagt Herfurth über die Arbeit von Benedict Schmoll. Notfalls müsse man eben etwas korrigieren, aber hier passt alles. Nun wird das Hufeisen noch mit fünf Nägeln befestigt, die Nägel vernietet und alles nochmal gefeilt - fertig ist der neue, passgenaue „Schuh“ für Jaro.

Ringstechen bei den Ritterspielen, hier Leo (6 Jahre) auf dem Holzpferd. © Christoph Blüthner

Alle sechs bis acht Wochen sei das fällig, informiert die Moderatorin, „das kommt darauf an, wie schnell der Huf wächst, im Sommer schneller als wenn es kalt ist“. Allerdings komme mittlerweile nicht das Pferd zum Hufschmied, wie das früher der Fall war. Vielmehr fahre der Hufschmied - eine spezielle Weiterbildung für Schmiede, mit staatlicher Prüfung und Zulassung - mit einem Auto zu den Reitervereinen und Pferdehöfen. „Im Kofferraum hat er eine gasbetriebene Esse“, informiert Herfurth, ehe sie den Kindern gestattet, das frisch beschlagene Pferd zu streicheln.

Reiten dürfen die jüngsten Gäste des Schmiedefests auch - zum Ringestechen auf einem Holzpferd, das auf einem Gleis bewegt wird. Martin Straubs Enkel Simon und Till haben das konstruiert und so für eine weitere Attraktion beim Schmiedefest gesorgt. Derweil erklärt und zeigt Werner Groß, wie das Schmiedehandwerk funktioniert, und auch andere alte Handwerksberufe sind zu erleben.

Eröffnet wird das Schmiedefest vom Männerchor vom Feudenheimer Gesangverein „Teutonia“ unter Leitung von Albrecht Wunderle, unter anderem mit dem passenden Lied „Heimat“. „Ehrensache für uns“, sagt „Teutonia“-Vorsitzender Dieter Kern: „Wir haben trotz Sommerferien extra noch mal geprobt!“

Hilfe vom Motorsportclub „Solidarität“ 

„Ein würdevoller Anfang“ dankt Martin Straub, der Vorsitzende vom Arbeitskreis Heimatgeschichte. Leider sei der Arbeitskreis „nicht kräftig genug“, solch ein Fest alleine zu stemmen. Aber als äußerst hilfreich erweisen sich die Nachbarn, die ihre Höfe und Garagen für Verpflegungsstände zur Verfügung stellen, sowie der Motorsportclub „Solidarität“ (MSC), der mit Material wie Zelten und Sitzgarnituren, aber auch bei Auf- und Abbau sowie an Grill und Ausschank mit anpackt. „Ist doch selbstverständlich, dass man sich gegenseitig hilft“, meint dazu MSC-Vorsitzende Manuela Müller.

Mehr zum Thema

Kommentar Ein Museum fehlt in Mannheim-Wallstadt

Veröffentlicht
Kommentar von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Sport

SpVgg Wallstadt - SV Sandhausen: Fußballromantik und ein klares Ergebnis

Veröffentlicht
Von
Christian Gerards
Mehr erfahren
Fußball

„Spiel des Jahrzehnts“ für Wallstadt: Kreisligist im Pokal gegen Sandhausen

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren

„Das ist halt Wallstadt“, lobt Stadträtin Claudia Schöning-Kalender (SPD). Sie beglückwünscht im Namen des Oberbürgermeisters Christian Specht und des Gemeinderats die Wallstadter zu dieser besonderen Veranstaltung und zum guten Zusammenhalt vor Ort. Zwar wüssten viele, „dass ich für einen anderen Kandidaten gekämpft habe“, blickt sie zurück auf die Oberbürgermeisterwahl. Aber nun sei die Wahl demokratisch entschieden, und da gehöre es sich, Christian Specht „alles Gute zu wünschen und ein gutes Händchen für Wallstadt und ganz Mannheim“, so die SPD-Stadträtin.

Und sie freut sich, dass der vor 21 Jahren auch von ihr mitgegründete Arbeitskreis Heimatgeschichte nun wieder aktiv sei und an die interessante Geschichte des Orts erinnere. Dass mit dem Motorsportclub und der „Teutonia“ dabei gleich zwei weitere Vereine helfen, „das zeichnet Wallstadt aus und zeigt, wie rege hier das Vereinsleben ist“, dankt Schöning-Kalender.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen