Mannheim. Rund 500 Unterschriften haben sie schon beisammen - und bis zur Sitzung des städtischen Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT) und des Betriebsausschusses Technische Betriebe am Dienstag, 21. Juni, sollen es noch viele mehr werden: Anwohner und Gewerbetreibende im Mannheimer Stadtteil Waldhof wollen im Zuge der Speckweg-Sanierung möglichst viele Parkplätze erhalten. Beim Vor-Ort-Termin gründen sie deshalb die Interessengemeinschaft Zukunft Speckweg (IG) - um mit einer starken und gemeinsamen Stimme zu sprechen.
Zur Erinnerung: Die städtischen Ausschüsse hatten am 29. März einstimmig beschlossen, den Radweg im Zuge der Speckweg-Sanierung auf den Gehweg zu legen - eine Variante, für die der Bezirksbeirat Käfertal, nicht aber die Waldhöfer Kollegen gestimmt hatten (wir berichteten). Als die Waldhöfer bei der Bezirksbeiratssitzung Ende Mai von den Plänen der Verwaltung erfuhren, äußerten sie ihren Frust lautstark, Bürger und Gewerbetreibende fühlten sich nach dem Beschluss, der einen Wegfall von mehr als der Hälfte der Parkplätze mit sich bringen würde, übergangen.
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Sanierung ist wichtigstes Thema im Stadtteil
Die Verwaltung räumte in der Bezirksbeiratssitzung ein, die Situation im Vorort unterschätzt zu haben, Stadträte gaben zu, vor ihrem Entscheid nichts von dem Verlust so vieler Parkplätze gewusst zu haben und mit mehr Informationen anders gestimmt zu haben. Das Thema kommt deshalb am kommenden Dienstag noch mal auf den Tisch - und könnte schließlich vom Gemeinderat gekippt werden.
Zum Vor-Ort-Termin im Speckweg kommen deshalb zahlreiche Waldhöfer, schließlich ist die Sanierung gerade das wichtigste Thema im Stadtteil: Gewerbetreibende sind da, Anwohner, aber auch Stadt- und Bezirksbeiräte. „Aus unserer Sicht ist die aktuelle Variante zur Speckweg-Sanierung mit ganz großen Einschränkungen verbunden, für Anwohner und Gewerbetreibende“, sagt Ralph Kaiser, Sprecher der neu gegründeten IG. „Alle Restaurants hier haben schon heute Probleme, und wir reden von einem Verlust von sehr vielen Arbeitsplätzen, wenn sie schließen müssen.“ Dirk Haas von der Gaststätte Morgenröte ist sich sicher: „Schon in der Bauphase werden einige von uns schließen müssen.“ Auch Konrad Schlichter, langjähriger CDU-Stadtrat, meint: „Der Speckweg ist die Kernachse vom alten Waldhof nach Käfertal, es ist dann nur eine Frage der Zeit, wann die Infrastruktur kaputt geht.“ Grünen-Stadtrat Deniz Gedik war beim AUT-Beschluss im März dabei. Für ihn steht fest, dass der Speckweg saniert werden muss: „Hier ging es aber um die Art und Weise des Prozesses, der zu dieser Entscheidung geführt hat.“ Trotzdem dürften Radfahrer und Autoverkehr nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Flugblätter werden verteilt
Die IG befürchtet, dass bei einem Wegfall vieler Parkplätze auf dem Speckweg die Seitenstraßen wieder deutlich mehr belastet werden: Ein Thema, dass bereits während der Verkehrs-Workshops ab 2019 stark diskutiert worden sei, wie Stadtrat Stefan Höß (SPD) erklärt. Bezirksbeirat Thomas Steitz (Freie Wähler/Mannheimer Liste) sagt, dass es im Speckweg keine einfache und schnelle Lösung gebe: „Wir sind nicht in der Fressgasse, hier kann man nicht die gleichen Verkehrsplanungen umsetzen wie in der Innenstadt.“ Auch Ursula Bieler, Waldhöferin und langjährige Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Käfertal, findet: „Das geht gar nicht.“ Sie verweist darauf, dass viele Teile des Speckwegs unterbunkert sind, was bei Bauarbeiten beachtet werden müsse.
Marcus Brüchle, der im Speckweg ein Schreibwarengeschäft betreibt, spricht sich dafür aus, den Speckweg lediglich zu renovieren, aber Rad- und Gehweg so zu lassen, wie sie sind. Sollten Gewerbetreibende schließen, befürchtet er auch negative Effekte auf andere Stadtteil-Akteure: „Ein Großteil von uns unterstützt auch Vereine, Schulen und Kindergärten sowie kulturelle Veranstaltungen in unserem Vorort.“
Anwohner erhalten Flugblätter
Für Dirk Haas ist eine Einbahnstraßen-Regelung der Seitenstraßen des Speckwegs eine gute Lösung: So könnten die nötigen Sichtdreiecke, auf denen nicht geparkt werden darf, reduziert werden und so mehr Parkplätze zur Verfügung stehen. Auch für Tempo 30 auf dem Speckweg sprechen sich alle anwesenden Bürger und Gewerbetreibenden aus: „Das wäre gar kein Problem“, findet Anwohner Ulrich Schweizer. Kaiser weiß: „Um eine Verkehrswende kommen wir nicht herum. Ich bin selbst leidenschaftlicher Radfahrer. Aber man muss bei diesem Thema auch an Elektro-Fahrzeuge denken, die Parkplätze brauchen.“
Die IG will in den nächsten Tagen Flugblätter in den Seitenstraßen verteilen, um die Anwohner zu sensibilisieren: „Viele wissen gar nicht, was hier passieren soll“, sagt Kaiser. In den Geschäften liegen zudem die Unterschriftenlisten aus. Bezirksbeirat Benjamin Herrmann (SPD) kündigt an, alle Themen des Vor-Ort-Termins mitzunehmen: „Ich werde als Vertreter des Bezirksbeirats im AUT sitzen.“ Der Sitzung am Dienstag sieht auch Stadtrat Christopher Probst (FW/ML) mit Spannung entgegen: „Das wird eine rechtlich ganz schwierige Sache.“ Der Beschluss, den der AUT Ende März gefällt hat, könne nur vom Gemeinderat aufgehoben werden. „Das Thema hat höchste Priorität.“
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