Soziales

TSG in Mannheim-Seckenheim will sich noch mehr um einsame Mitglieder kümmern

Die TSG im Mannheimer Stadtteil Seckenheim will sich nach zwei Jahren Pandemie mehr um einsame und gehandicapte Mitglieder kümmern. Christine Schreiner soll das möglich machen.

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Konstantin Groß
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Der Vorsitzende der TSG, Andreas Hänssler, mit Christine Schreiner, Beauftragte auf der neu geschaffenen Stelle WKU (Wir kümmern uns). © Konstantin Groß

Mannheim. Man liest es immer wieder und man ist immer wieder fassungslos: Einer alleinstehenden alten Frau geht es gesundheitlich schlecht, sie stirbt, und niemand merkt es, über Tage, Wochen. „Das gibt es nicht nur in Hochhäusern der Metropolen“, sagt Andreas Hänssler: „Derart große Vereinsamung gibt es auch bei uns in Seckenheim“, weiß der Chef der örtlichen Turn- und Sportgemeinschaft (TSG). Seinem sozialen Anspruch folgend, hat der Verein daher jetzt eine Stelle mit dem Kürzel WKU geschaffen: „Wir kümmern uns“.

Oft ahnt niemand den Grund

Den Anstoß bilden Ereignisse ähnlich dem eingangs geschilderten, die Hänssler in seinem Ehrenamt in jüngster Zeit leider gleich mehrfach erlebt: etwa das Schicksal des verdienten Vereinsmitgliedes, das zur Ehrung ansteht, aber nicht kommt, und niemand ahnt den tragischen Grund dafür; oder eines anderen, dessen Frau stirbt, er selbst an Corona erkrankt und in dieser Situation seinen Lebensmut verliert. Dies alles unbemerkt von der Gemeinschaft, auch von seinem Verein.

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So etwas lässt Hänssler nicht kalt: „Ich sehe Verein eben nicht nur als sportlichen Dienstleister, sondern als soziale Gemeinschaft.“ Auf der Jahreshauptversammlung legt er das Programm „Wir kümmern uns“ vor und kündigt die Schaffung einer entsprechenden Stelle an, die er dafür als unabdingbar erachtet: „In der Hektik des Alltages eines so großen Vereins wie des unsrigen bleibt dafür für uns Verantwortliche oftmals keine Zeit“, bekennt Hänssler.

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Bald findet er die passende Besetzung, per Zufall. Er spricht über seine Idee mit RNF-Redakteur Norbert Lang, und der verweist auf seine Schwester Christine Schreiner, die sich in ihrem Vorruhestand gerne sinnvoll ehrenamtlich engagieren würde. „Ich bin ausgebildete Yoga-Lehrerin“, berichtet sie im Gespräch mit dem „MM“, „also schon in dieser Funktion gewohnt, mich auf andere Menschen einzulassen.“

Derzeit ist sie dabei, sich in den Abteilungen und Übungsgruppen des Vereins vorzustellen. Ab 1. August bietet sie jeden Donnerstag von 8 bis 12 Uhr in der Geschäftsstelle des Vereins im Seckenheimer Schlösschen eine Sprechstunde an. Das erachtet Hänssler als sinnvoll: „Da ist die Hemmschwelle nicht so hoch wie gegenüber dem Vorsitzenden oder dem Geschäftsführer.“ Und dass die gebürtige Schönauerin nicht aus Seckenheim stammt, das sieht sie als Vorteil, ist sie doch in die örtlichen Abhängigkeiten und Animositäten nicht involviert. Denn es sollen hier ja durchaus heikle Dinge besprochen werden - etwa, wenn jemand den Mitgliedsbeitrag nicht (mehr) bezahlen kann. „In einem solchen Fall wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht“, betont Hänssler: „Für keinen Menschen soll es eine finanzielle Hürde geben, Sport bei der TSG zu treiben.“

Ein zentrales Aktionsfeld ist die Einsamkeit Älterer nach der Pandemie. „Viele kommen nicht mehr“, weiß Hänssler: „Nach zwei Jahren haben sie den Anschluss verloren“. In ihrer Übungsgruppe stellt man zwar fest: Der oder die kommt nicht mehr, doch man weiß nicht warum, weiß vor allem nicht, wie man reagieren soll. „Hier soll die WKU-Stelle aktiv werden.“ Konkret wird Schreiner deshalb eine Liste der Mitglieder erstellen, die aus bislang unbekannten Gründen nicht mehr kommen.

Ein anderer großer Bereich ist die Integration, und dies im umfassenden Sinne. Angesprochen werden sollen Menschen mit Behinderung, „die sich nicht trauen, zu kommen, obwohl Sport gerade für sie wichtig ist.“ Und dies, wobei die TSG gerade dafür Angebote hat - vom Blinden-Tischtennis bis zum Reha-Sport. Bislang erfolgt die Ermittlung dieses Bedarfs eher zufällig: „Ich war mit dem Auto unterwegs“, erzählt Hänssler, „da hält mich einer an und sagt: Ihr müsstet mal was für Parkinsonkranke anbieten. Ich kenne einige, die würden da mitmachen.“ Eine solche Bedarfsermittlung soll künftig zielgerichteter erfolgen.

Finanzierung stammt aus Spenden

Integration aber auch in punkto Sprache und Nationalität. Bislang sind zwar nur wenige Ukrainer in Seckenheim angekommen und privat untergebracht. „Doch wenn die Zahl der Flüchtlinge größer wird und sie etwa in der Lilli-Gräber-Halle untergebracht werden, dann wollen wir vorbereitet sein“, erläutert Hänssler.

Wichtig ist ihm der Hinweis, dass das auf drei Jahre angelegte Projekt vom Verein finanziert wird - aber nicht aus Mitgliedsbeiträgen, sondern aus Spenden und von Sponsoren. Und wie es seine Art ist, geht Hänssler mit gutem Beispiel voran: Der Reinerlös der jüngsten Jam Session in dem von ihm betriebenen „Palü“ fließt diesem Zwecke zu.

Mehr Info: tsg-seckenheim.de

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