Mannheim. „Net gschennt is g’nug g’lobt“ - etwas in der Art dieses eigentlich schwäbischen Grundsatzes dürften sich an die 80 Teilnehmer einer Führung der Bundesgartenschau-Gesellschaft am neugestalteten Neckarufer unterhalb des Fernmeldeturms gedacht haben. Denn erst ganz am Ende der gut eineinhalbstündigen Exkursion, nach dem eine Reihe von Fragen gestellt und von Tourguide Bernhard Wember geduldig beantwortet worden waren, sagte ein Teilnehmer: „Schön ist es geworden, das Neckarufer“ - und bekam dafür deutlich zustimmenden Applaus aus der Gruppe.
Wember, für die Renaturierung des Neckarufers zuständiger Projektleiter der städtischen Buga-Gesellschaft, hatte - mit moralischer Unterstützung seiner Kollegin Ruth Kautz - den Teilnehmern des Rundgangs das ökologische Großprojekt am Altneckar, im Neckarplatt und in der Feudenheimer Au detailreich nahegebracht.
Naturnahes und erlebbares Neckarufer
Der Uferabschnitt zwischen Fernmeldeturm und Riedbahnbrücke ist im Laufe von rund zwölf Monaten - doppel so lange, wie ursprünglich geplant - naturnäher und erlebbarer gestaltet worden. Dabei wurden unter Zuhilfenahme der Strömung des Neckars neue Nebenarme, Inseln und flache Uferzonen angelegt, die sowohl an Land als auch im Wasser für Tier- und Pflanzenwelt neue Lebensräume bieten.
Der als Projektphase West bezeichnete Abschnitt wird eine für Besucher nutzbare Neckarwiese mit direktem, flachen Zugang zum Wasser. Schwimmen ist im Neckar aber generell nicht erlaubt. In einem zweiten, ab 2024 zu realisierenden Abschnitt (Projektphase Ost) oberhalb der Riedbahnbrücke steht der Naturschutz im Mittelpunkt. Dort, so Bernhard Wember, entsteht mit Zentrum unter der Carlo-Schmid-Brücke ein rund 600 Meter langer Nebenarm des Neckars.
Ziel: naturnahe Strukturen schaffen
Das seit Jahren vom Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg geplante und vorangetriebene Projekt hat seine Ursprünge in der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU). Ziel der Richtlinie, die bereits im Jahr 2000 verabschiedet wurde, ist es, in allen Gewässern der Union bis spätestens 2027 möglichst naturnahe Strukturen zu schaffen, damit die heimischen Tiere und Pflanzen dort leben können.
Für die Mannheimer Bundesgartenschau wurde zu den beiden Neckarufer-Abschnitten die bei Naturschützern nicht unumstrittene Herstellung eines Neckararms um die Feudenheimer Au - das sogenannte Au-Gewässer - in das Renaturierungsprojekt mit aufgenommen. Auch dieser Teil des Vorhabens besteht aus zwei Bauabschnitten. Das Gewässer ist fertig, weist allerdings, wie berichtet, Undichtigkeiten auf, so dass zuviel Wasser versickert.
Auseinandersetzungen im Vorfeld
Die langgestreckte, seeartige Anlage (Projektphase Nord) mit einem künstlichen Bachlauf wird zunächst aus Grundwasser-Pumpen gespeist. Um Größe und Lage des Au-Gewässers und um den Anschluss an den rund acht Meter höher liegenden Neckarkanal hatte es im Vorfeld Auseinandersetzungen gegeben. Es sei eine künstliche Neu-Anlage und keine Renaturierung, so bemängeln Kritiker.
Im zweiten, bis zum Jahr 2027 zu realisierenden Teil (Projektphase Süd) folgt ein Durchstich aus dem Neckarkanal in die Au, damit in den neu angelegten Altarm dann auch Neckarwasser hineinfließen kann. Insgesamt kosten die Renaturierungen am 3,5 Kilometer langen Neckar-Abschnitt und die Baumaßnahmen in der Feudenheimer Au rund 32 Millionen Euro, die aus Steuer-Töpfen der Stadt Mannheim und des Landes Baden-Württemberg bezahlt werden.
Kormorane und Bieber
Wembers Ankündigungen, das Kormoran und Biber sich nun am Neckar wieder angesiedelt hätten, quittierten einige Zuhörer mit Erstaunen, da sie beide Tierarten schon seit Jahren am Flußufer beobachtet haben wollen. Doch darüber hinaus, so der Buga-Vertreter, gebe es einige Arten, auch Fische, aber vor allem Pflanzen und Insekten, die in den neu geschaffenen Biotopen Tritt fassen sollen. Zum Start der Bauarbeiten im vergangenen Jahr waren die Fischarten Barbe und Nase als Leitarten genannt worden. Elektro-Abfischungen hätten aber gezeigt, dass nur minimale Fischbestände überhaupt nachweisbar gewesen seien, so Bernhard Wember.
Ruderer können ganzjährig ins Wasser
Vorteile bringe der neu ausgehobene Nebenarm an der Treppenanlage der Amicitia-Ruderer: Dadurch, dass die frühere Bucht nun durchströmt werde, könne sie nicht mehr trocken fallen und die Ruderer könnten mit ihren Booten ganzjährig ins Wasser. Wember steuerte zum Thema auch einige technische Angaben bei - etwa, dass alle Uferbefestigungssteine, die ausgebaut wurden, an anderer Stelle ebenso wiederverwendet werden wie ein Teil des Bodenaushubs.
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Dass rund um Schleuse und Riedbahnbrücke zudem immer noch jede Menge Weltkriegs-Blindgänger im Boden liegen, sorgte während der Bauzeit mehrfach für großangelegte Evakuierungen in Neuostheim. Die Kampfmittelbeseitigung und teils zu hohe, teils zu niedrige Wasserstände haben den ersten Bauabschnitt um mehr als ein halbes Jahr verzögert. Er soll nun mit dem Ende der Gartenschau im Oktober fertig werden. Das hatten Wember und sein Kollege Christian Lerch bereits Anfang März im Bezirksbeirat Feudenheim angekündigt. Die Buga-Leitung hatte dagegen zunächst insistiert, die Arbeiten würden zur Eröffnung der Gartenschau fertig, dann den Termin auf Mai und noch einmal auf Ende Juni verschoben.
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