Mannheim. Die Alte Gärtnerei in der Feudenheimer Au ist ein ganz besonderer Ort. Ein altes, marodes Haus, baufällige Gewächshäuser - auf den ersten, flüchtigen Blick könnte man das Areal für einen vergessenen Ort, einen Lost Place halten. Doch wer genau hinschaut, findet mittendrin liebevoll gepflegte Beete und außen herum dürfen Bäume, Stauden und Sträucher wuchern - die ab und zu zurückgeschnitten werden. Das Gelände, sagen die Pächter, soll seinen wilden Charme behalten, ohne zu verwildern.
Die Gärtnerei liegt genau gegenüber der Buga-Seilbahnstation drüben auf Spinelli, man fährt mit der Gondel darüber hinweg. Dabei sieht man, wie weitläufig das Gelände ist und wie groß die Gebäude sind. Das Grundstück gehört der Stadt Mannheim.
Seit den 1980er Jahren wird es nun von einer Bürgerinitiative gepflegt, die sich damals zur Rettung der Feudenheimer Au gebildet hatte. Heute ist die Gärtnerei laut Gemeinschaft ein „nachhaltiges Urban Gardening Projekt“, das bestens zur „Zukunft einer klimafreundlichen Mannheimer Stadtplanung“ passe.
Ursprünge gehen auf Jahr 1954 zurück
Der scheinbar verwunschene Ort ist also gar nicht so verwunschen, sondern zukunftsfähig. Insgesamt sind 22 Familien, etwa 50 Leute, auf dem 3000-Quadratmeter-Gelände aktiv. Auch die Kinder kommen mit, sie helfen beim Gärtnern, und auch zum Spielen ist jede Menge Platz. An diesem Tag herrscht reges Treiben. Hartmut Soehle, Gründungsmitglied, und Bob Pfeiffer schneiden den alten Kirschbaum, Detlef Hintze entfernt mit dem Fadenschneider das Gras auf den Wegen und Gaby Weiland erntet die ersten Kürbisse.
Doch wann hat alles angefangen? Im Jahre 1954 tauchte die Alte Gärtnerei erstmals in einem Mannheimer Adressbuch mit der Anschrift „An den Pionierkasernen“ auf. Damals war der Zaun von Spinelli gegenüber. Besitzer war das Gärtner-Ehepaar Metzger. Es gab ein Wohnhaus, einen Geräteschuppen und drei Gewächshäuser.
Viele Dinge sind noch im Original erhalten geblieben, zum Teil auch die Einrichtung des Wohnhauses, die Dinge haben nur etwas Patina bekommen. Besonders farbenfroh sind die Klebefliesen, mit denen die Metzgers die tristen Küchenfliesen dekoriert haben: Blumen in allen Farben, passend zur Gärtnerei.
Die Mitglieder der Gemeinschaft erhalten solche Details, sie nutzen zum Beispiel noch einen kaputten, alten Tisch als Ablage für draußen. Die älteren Mitglieder haben das Ehepaar noch gekannt. „Ende der 1970er Jahre fuhren die Metzgers noch auf den Markt, um ihre Seerosen zu verkaufen. Die waren eine Besonderheit, um sich finanziell über Wasser zu halten“, sagt René Leicht, Gründungsmitglied. Noch heute gibt es im Garten einen Teich, in dem dieselben Seerosen wachsen.
Gärtner-Ehepaar stirbt
Als Anfang der 1980er Jahre die B38a durch die Au gebaut werden sollte, gründete sich die Bürgerinitiative, die Kontakt zum Gärtner-Ehepaar hatte. Mitte der 80er Jahre starb der Gärtnermeister Metzger, seine Frau ein Jahr nach ihm. Die Mitglieder der BI überlegten, das Gelände als Gemeinschaftsgarten zu übernehmen. Gesagt, getan. „Es war zu schade, es brachliegen zu lassen. Gewerblich wollten wir es nicht nutzen“, so Leicht. „Wir waren die Latzhosengeneration, davon gibt es noch Bilder.“
Der Plan für die Verlängerung der B38a verschwand Anfang der 1990er aus dem Bundesfernwegeplan, auf Nimmerwiedersehen. Als dann die Buga-Pläne am Horizont auftauchten, gab es Diskussionen mit der Stadt, denn an der Stelle, an der die Gärtnerei sich befindet, sollte der See hinkommen. Auch dieser Konflikt ist Geschichte, der See dümpelt nun weiter hinten vor sich hin, und die Buga-Besucher fahren fast lautlos mit der Gondel über das Gelände hinweg.
Eidechsen, Fasane und Feldhasen tauchen auf
„Wir sind die älteste Gemeinschaftsgarten-Initiative Deutschlands“, fügt Leicht hinzu. Renoviert wird nur, was nötig ist. „Wir haben die Hauswand weiß gestrichen und die Fensterrahmen blau, nach griechischem Vorbild“, sagt Katrin Schneider-Özbek, die mit ihrer Familie seit acht Jahren mit dabei ist. „Die Glasscheiben der Gewächshäuser wurden immer wieder zerstört, irgendwann haben wir sie nicht mehr ersetzt.“
Auch Besuch von angenehmer Art hat der Garten: Eidechsen, Fasane, sogar die Feldhasen kommen hinein. „Es kommen immer neue Leute dazu, auch über Generationen hinweg“, sagt Schneider-Özbek. „Wir sind auch eine lebendige Gemeinschaft, die Hand in Hand arbeitet. Manche haben ein Spezialwissen, das sie mit einbringen. Wir haben eine Basisdemokratie, alles wird ausdiskutiert.“ Und demnächst bekommt die Alte Gärtnerei sogar ihre eigene Internetseite.
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