Verkehr

Gehwegparker in Mannheim-Neckarau fragen: „Wo sollen unsere Autos hin?“

Von 
Thorsten Langscheid
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Oliver Ludwig hat nachgemessen: So, wie derzeit geparkt wird, sollten eigentlich alle Verkehrsteilnehmer gut durchkommen. © Thorsten Langscheid

Mannheim. Überraschung, Unglauben, Ärger - „so ungefähr war unsere Reaktion und die von vielen unserer Nachbarn“, erzählen Cornelia und Oliver Ludwig aus Neckarau, als sie und die anderen Anwohner im alten Neckarauer Ortskern dieser Tage einen 55-Euro-Bußgeldbescheid unterm Scheibenwischer ihres Autos vorfanden. „Der Ordnungsdienst ist hier abends um Viertel nach acht durch unsere Straße gegangen und hat offenbar an alle Autos Strafzettel gehängt“, ärgert sich das Paar. Dabei, so waren die Neckarauer überzeugt, „haben wir gar nichts falsch gemacht“, sondern haben ihr Auto - so wie alle anderen Anwohner auch - geparkt wie immer.

Das Bild in der Friedensstraße, einer engen Anwohnerstraße, ist klar: schmale, keine zwei Meter breiten Gehwege und eine ebenfalls schmale, nicht ganz sechs Meter breite Fahrbahn. „Wir empfinden es als Unverschämtheit, dass wir ohne Vorwarnung und ohne einen Vorschlag, wie wir nun unsere Autos parken sollen, Strafzettel bekommen“, sagen die Ludwigs. Und schreiben das auch ans städtische Ordnungsamt.

Grundsätzlich verboten

Nicht ohne hinzuzufügen, dass sie an einem Konzept zur Lösung des Parkproblems interessiert sind. „Es handelt sich hier schließlich um einen Altstadtbereich, wir sind nicht die Innenstadt mit Parkhäusern, Parkzonen und eingezeichneten Parkplätzen.“ Dass Parken mit zwei Rädern auf dem Gehweg zwar grundsätzlich verboten ist, „ist uns schon klar“, sagen sie. Allerdings wurde es eben seit Jahrzehnten so geduldet, auch, wie Nachbarn beipflichten, „weil es hier in den engen Straßen gar nicht anders geht“. Deswegen können sie auch nicht nachvollziehen, wie die Stadt das Parkverbot auf dem Gehweg durchsetzen möchte, ohne Alternativen und Konzepte für die Bürger anzubieten. Einfacher ausgedrückt, so Cornelia Ludwig: „Wo sollen wir denn parken?“

Es geht oftmals nur um einige Zentimeter Bordsteinbreite. © Thorsten Langscheid

Nicht nur in Neckarau, auch in Sandhofen gab es kürzlich Strafzettel für Gehwegparker, wie Anwohner Uwe Persch aus der Kriegerstraße berichtet. Dort ist manches anders als in Alt-Neckarau: An der Kriegerstraße liegt die Gustav-Wiederkehr-Schule, so dass bei zu geringer Gehwegbreite Schulkinder gefährdet sein könnten. Die Straße ist aber eine Einbahnstraße und es fährt eine Buslinie durch. Gehwege und Fahrbahn sind indessen schmal, auch hier funktioniere das halbseitige Parken laut Persch „seit Jahrzehnten“. Besonders ärgerlich für ihn und seine Nachbarn: Auch hier sei der städtische Ordnungsdienst mit den 55-Euro-Strafzetteln an einem Samstagabend gekommen. Persch: „Wir fühlen uns echt wie die Melkkühe der Stadt!“

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Gehwegparken sei „immer, schon wenn konkret eine Behinderung nicht vorliegt, geeignet, schwächere Verkehrsteilnehmer potenziell zu gefährden“, schreibt der städtische Fachbereich Sicherheit und Ordnung derweil dem Neckarauer Ehepaar Ludwig. Eine Duldung sei vom Grundsatz her von vornherein ausgeschlossen, weil wegen der mit dem Gehwegparken verbundenen Gefahren „ein sensibler Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs“ berührt werde. Es geht also, so interpretieren die Ludwigs enttäuscht die Reaktion der Stadt, „ums Prinzip“. Dem Schreiben aus dem Rathaus ist außerdem zu entnehmen, dass man auf Anweisung des Stuttgarter Verkehrsministeriums handelt. Bislang, so heißt es nämlich, habe man Gehwegparken in Mannheim geduldet, wenn noch ein Meter Gehwegbreite für Fußgänger frei geblieben ist. Diese Vorgehensweise sei zwischenzeitlich vom Verkehrsministerium beanstandet worden, daher nun die Strafzettel.

Nach Angaben der Anwohner gab’s in der Friedensstraße „noch nie“ Probleme. © Thorsten Langscheid

„Dafür hat hier keiner Verständnis“, ärgern sich viele Anwohner in der Friedensstraße - etwa Heidrun und Horst Ziegler, die drei Häuser weiter wohnen und mit ihren Fahrrädern aus der Hofeinfahrt kommen, als die Ludwigs und eine Gruppe von Anwohnern dem „Mannheimer Morgen“ gerade die Situation vor Ort schildern. „Hier hat es, soweit wir wissen, noch nie Probleme mit dem Parken gegeben. Es hat sich bisher jedenfalls noch nie jemand beschwert.“

Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt dagegen die Sprecherin des Ersten Bürgermeisters Christian Specht (CDU), Desirée Leisner, dass in Sandhofen und Neckarau „aufgrund entsprechender Beschwerden“ kontrolliert worden sei. Wie Lösungen in der Friedensstraße oder der Sandhofener Kriegerstraße aussehen könnten - das ist derzeit aber noch unklar.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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