Mannheim. Es glich schon fast einer kleinen „Völkerwanderung“: So viele Menschen wollten bei der Führung durch Biologen des Naturschutz-Teams der Stadt Mannheim unbedingt dabei sein. Die Experten zeigten den Teilnehmenden die Apfelwiesen und verrieten Hintergrund-Informationen über das Naturschutzgebiet Reißinsel. Im Anschluss wurden ausgewählte alte Apfelsorten verköstigt, die auf der Streuobstwiese mitten auf der Reißinsel wachsen.
Doch bevor unter den schattigen Bäumen der Streuobstwiesen verschiedene Apfelsorten probiert werden konnten, gab es einen Ausflug in die Bedeutung des Naturschutzgebietes Waldpark mit seinen vielen uralten Bäumen, die so manches Geheimnis in sich bergen.
Doch davor wurde erklärt, dass es sich bei der Führung um eine Kooperation des Naturschutzes mit der Kunsthalle handelte. Dabei geht es im Rahmen des Grünen Klassenzimmers um die Frage: Wie kann die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel inhaltlich inspirierend und motivierend werden? Und wie können wir als Individuum und als Stadtgesellschaft den in der Ausstellung angesprochenen Themen begegnen? Diese und weitere Fragen stellte die Kunsthalle mit dem Grünen Zimmer - dem Rahmenprogramm zur Ausstellung „1,5 Grad“.
Das Ausstellungsprojekt, das gerade zu Ende gegangen ist, beleuchtete das Zusammenwirken von Mensch, Natur und Technik und zeigte im Rahmen der Bundesgartenschau mit einem bewusst vielstimmigen Ansatz, wie die Klimakrise auf alle Lebensbereiche Einfluss nimmt. Die Ausstellung erstreckte sich unter Einbezug der eigenen Strömungsproportional über alle Etagen der Kunsthalle bis auf das Ausstellungsgelände der Buga.
Von Rheinregulierung verschont
Doch nun zurück zur Bedeutung der Reißinsel. Rein rechtlich ist die Sache recht klar: Waldpark und Reißinsel sind Wald. Die Reißinsel und der Bereich um die Silberpappel sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Sie bestehen aus einer Hartholzaue mit Eichen und Eschen, einer Weichholzaue mit Weiden und Pappeln und einem kleineren Uferstreifen mit Kies- und Sandbänken.
Thomas Kilian erläuterte, dass gerade die Eichen mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hätten. So werden sie von Käfern wie dem Heldbock, dem Hirsch- oder Juchtenkäfer heimgesucht, die sich tief in das Holz bohren und dieses völlig wertlos machten. Wäre eine dicke Eiche als Wertholz vielleicht 100 000 Euro wert, so sinkt der Wert nach der Besiedelung durch die Käfer auf nahezu null ab, erklärt der Experte.
Übrigens wurde die Halbinsel bei der Tullaschen Rheinregulierung ausgelassen und hat daher noch heute ihre natürliche Gestalt beibehalten. Der Bankier Carl Reiß (1843-1914) hatte im Jahr 1881 die Halbinsel erworben. Er wollte auf der zu dieser Zeit noch Fasaneninsel genannte Halbinsel Ton für Ziegeleien ausbeuten. Die Schönheit der Natur bewog ihn dann aber, die Insel den Bürgern der Stadt zur Verfügung zu stellen. Ab 1900 veranstaltete er zum Beispiel Spielfeste für Kinder der Stadt. Nach seinem Tod wurde die Stadt Alleinerbin des heutigen Naturschutzgebietes, mit der Maßgabe, das Gebiet weitgehend unangetastet zu lassen.
Am Eingang zur Reißinsel wurde verdeutlicht, dass es sich hier um eine bedeutende Vogelbrutstätte handelt, weshalb der Zugang jedes Jahr vom 1. März bis 30. Juni geschlossen bleibt. Au der Streuobstwiese stehen nach Auskunft der Experten rund 650 Obstbäume, darunter auch Zwetschgen-, Mirabellen- und Quittenbäume. Die Bäume werden nicht auf Leistung geschnitten, sondern auf Erhalt der alten Sorten, erklärte Kilian. In den letzten beiden Jahren sei die Ernte allerdings fast völlig ausgefallen. Wenn man bedenke, dass in guten Jahren bis zu 24,5 Tonnen Streuobst geerntet werde, sei das schon ein erheblicher Verlust, unterstrich Kilian.
Viele verschiedene Sorten
Die verschiedenen Apfelsorten, die für die Exkursionsteilnehmer bereitgestellt waren, erklärten die beiden Mitarbeiter Leni Friedrich und Tim Wolf, die gerade ein freiwilliges ökologisches Jahr bei der Stadt absolvieren. Es handelte sich unter anderem um den Winterapfel „Kaiser Wilhelm“, Baumanns Renette, rheinischer Bohnapfel, roter Winterkalvill oder Holzapfel.
Ein alter Neckarauer freut sich über die Apfelsorten: „Jetzt gehe ich fast jeden Tag im Waldpark spazieren. Aber bei der Exkursion habe ich man doch so manches Neue erfahren, was ich bisher nicht wusste“. Zum Ende durfte auch noch Bio-Saft der Fördergemeinschaft regionaler Pflanzenbau Bergstraße-Odenwald-Kraichgau (FÖG) aus der Kelterei Falter versucht werden. „Der Saft selbst ist mir zu süß. Aber als Schorle mit Sprudel schmeckt er sicher fein“, meinte eine Dame, die aus Heidelberg zu der Exkursion angereist war.
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