Das Wetter ist an diesem Sonntagnachmittag alles andere als einladende: Eine kühle Brise rauscht sacht durch den Rheindamm, zudem nieselt es leicht. Dennoch hat sich eine große Menschentraube versammelt. Manche von ihnen halten Plakate, eine Gruppe singt auf die Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“ die Worte „Wehrt euch, leistet Widerstand“. Mit einer Menschenkette protestieren rund 1500 Bürgerinnen und Bürger friedlich gegen die geplante Sanierung des Rheindamms des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das einen Erddamm favorisiert.
Organisiert wird die Aktion von der Initiative Waldpark, zusammen mit der Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof (BIG) und der Konferenz der Bäume. Die Gruppen setzen sich für eine Hochwasserschutzwand ein, die nicht nur kostengünstiger ist und eine kürzere Bauzeit benötigt, sondern vor allem auch mehr Sicherheit bietet. „Unsere Initiative hat als Satzungszweck Umweltschutz, Naturschutz, Hochwasserschutz und Landschaftspflege“ sagt Sabine Jinschek, die die Initiative Waldpark im Dezember 2020 ins Leben gerufen hat.
„Im April 2021 sind wir an die Öffentlichkeit gegangen, mit einem Offenen Brief an den Oberbürgermeister. Darin haben wir deutlich gemacht, dass die Stadt bei der Rheindammsanierung durchaus politischen Entscheidungsspielraum hat - was der OB zuvor in einem offenen Brief an die Bürger bestritten hat.“ Jinschek hält den Erhalt der Bäume in Zeiten des Klimawandels für ein Muss - gerade in Mannheim, der zweitheißesten Stadt Deutschland, sagt sie. Mit ihrer ersten Menschenkette möchten die Gruppen auch darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, Einwendungen zu erheben.
Bereits 45.000 Menschen haben Petition unterschrieben
„Viele Bürger wissen unseres Erachtens immer noch nicht Bescheid, was schon allein in der jahrelangen Bauphase auf sie zukommt“, sagt sie. „Natürlich wollen wir damit auch Druck auf die Verantwortlichen bei der Stadt machen. Sie beschließen ja über die Pläne.“ Die Petition der BIG haben inzwischen bereits 45000 Menschen unterschrieben. „Wir haben das gleiche Ziel wie die BIG Lindenhof, nämlich einen sicheren Hochwasserschutz und die Bäume im Waldpark zu erhalten“, sagt sie. Die Initiative würde im Zweifelsfall auch einen schärferen Ton anschlagen und auch den Klageweg nicht scheuen.
Die Initiative Waldpark wartet darauf, dass die Pläne veröffentlicht werden. Sabine Jinschek: „Ganz wichtig ist dann, dass möglichst viele Menschen Einwendungen gegen das umwelt- und klimaschädliche Vorhaben erheben. „Wenn die Bagger erst mal rollen und die Bäume gefällt werden, ist es zu spät.“
Die Anwesenden bilden auf Anweisung der Organisatoren eine Kette; Schals helfen dabei, den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter einzuhalten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wirken gelassen, aber auch entschlossen. „Wir glauben, dass es eine bessere Alternative gibt, statt Bäume abzuholen“, sagt Steffen Schuhmann, der auf dem Almenhof wohnt. Antje Hedtke möchte, dass die Bäume bleiben. Nebenan demonstrieren Katja Betzner und ihr Sohn Luc Reisner. Sie finden es unnötig, im Waldpark Bäume zu fällen und woanders neue zu pflanzen. „Das dauert ewig, bis die Bäume so groß gewachsen sind“, sagt die Mannheimerin. Ihr elfjähriger Sohn weist darauf hin, dass es zahlreiche ökologische Gründe sind, die dagegen sprechen. „Hier leben ja viele Tiere“, sagt er.
Ronja Schwarzbach und ihre beste Freundin Nora Maak nehmen ebenfalls an der Menschenkette teil. Sie sind seit der Kindheit häufig im Waldpark unterwegs. „Die Bauarbeiten wären sicher nervig“, sagt Nora. Ronja fügt hinzu, dass es auch sehr laut würde. Tina Leideck-Vale lebt seit ein paar Jahren auf dem Lindenhof, eine Gegend, sie sehr liebgewonnen hat. „Ich bin in zehn Minuten in der Stadt und habe den Wald vor der Tür.“ Oft geht sie auch mit ihrer Hündin dort spazieren. „Es ist einfach erholsam im Sommer und bedeutet viel Lebensqualität.“
Christian Kaspar und seine Frau Atie Salare sind mit dem Rad häufig im Waldpark unterwegs - und genießen es. Die junge Frau packt sich häufig Getränke und ein Buch ein, um sich dort zu entspannen. Beide wollen sich für eine Hochwasserschutzwand einsetzen.
Nach rund einer Stunde ist alles wieder vorbei - die Gruppe löst sich auf. Mit der ersten Menschenkette ist Jinschek sehr zufrieden, „Ich bin überwältigt“, sagt sie gerührt. „Das zeigt, dass es viele Menschen gibt, denen der Waldpark am Herzen liegt und die sich gegen das unnötige Abholzen der Bäume wehren wollen.“
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