Sanierung - Klimaschutzverein schlägt Kunststoffspundwand vor / BIG kritisiert Umweltministerin Thekla Walker wegen Sanierungsplänen

Verein berechnet Anzahl und Kohlendioxidmenge der Bäume am Rheindamm

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Thorsten Langscheid
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Bäume am Rheindamm gezählt (v.l.): Wolfgang Schmidt, Julia Umstätter und Walter Kohler bei ihrer Aktion im Herbst 2021. © Dietmar Umstätter/Verein Deutscher Klimaschutz

Mannheim. Genau 1144 Bäume mit einem Stammdurchmesser von mindestens 30 Zentimetern stehen auf dem insgesamt knapp vier Kilometer langen Rheindamm zwischen Lindenhof und Großkraftwerk. Dies ergab eine Zählung und Hochrechnung des neuen Mannheimer Vereins Deutscher Klimaschutz, der sich die „Förderung des Umweltschutzes zum Nutzen der Allgemeinheit“ zum Ziel gesetzt hat. Die Mitglieder um Walter Kohler engagieren sich für die Zertifizierung ökologisch bemerkenswerter Leistungen und die Verifizierung ökologischer Kennzahlen. Insgesamt will der Verein ehrenamtlich ökologische Vorhaben durch sachkundige Umweltexperten unterstützen.

Am Rheindamm im Mannheimer Süden, der - wie ausführlich berichtet - erneuert werden soll, haben Kohler und seine Mitstreiter Petra und Wolfgang Schmitt sowie Julia und Dietmar Umstätter bereits im Oktober vergangenen Jahres eine abschnittsweise Zählung der Baumbestände auf den insgesamt sieben Damm-Abschnitten vorgenommen. Dabei haben sie jeweils auf 100 bzw. 200 Meter in der vom zuständigen Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe vorgegebenen Breite (je 15 bis 25 Meter beiderseits der Dammkrone) die vorhandenen Bäume gezählt und auf die Gesamtlänge des Damms hochgerechnet.

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Das RP hatte von Anfang an mit ähnlichen, allerdings etwas niedrigeren Zahlen operiert und für die insgesamt rund sieben Hektar große Fläche entlang des Dammes von „etwa 1000 wertgebenden Bäumen“ mit mehr als 20 Zentimetern Durchmesser geschätzt. Dabei wurde ebenfalls auf Probeflächen gezählt und hochgerechnet. Auf etwa zwei Hektar könnten nach der Sanierung des Damms wieder Büsche und kleinere Bäume am Damm angepflanzt werden. Die fünf Hektar, die dauerhaft gerodet werden, sollen als Ausgleichsmaßnahme bei Sandhofen neu angepflanzt werden.

Walter Kohler und seine Vereinskameraden haben aus ihrer Zählung zusätzlich noch das in den Bäumen gespeicherte Kohlendioxid ermittelt: rund 3800 Tonnen würden bei Abholzung und Verwertung der Bäume freigesetzt. Hinzu kämen nach Angaben des Vereins bei Abbau und Wiederaufbau des Dammes so, wie vom RP vorgesehen, weitere 900 Tonnen Kohlendioxid. Ein großes Volumen an Treibhausgas, das - so die Forderung Kohlers - beim Einsatz einer Spundwand unter weitgehendem Baumerhalt nicht freigesetzt werden müsste. Zudem schlägt der Klimaschutzverein vor, beim Bau der Spundwand nicht auf konventionelle Techniken und Stahlbauweise zu setzen, sondern Kunststoff - teils Neu- und teils Regeneratmaterial - zur Herstellung der Spundwände einzusetzen.

Kuhse: „Absurdes Argument“

Zugleich übte Marc-Oliver Kuhse vom Vorstand der Bürger-Interessengemeinschaft (BIG) Lindenhof Kritik an der baden-württembergischen Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). Eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Klaus Hoher (Salem/Bodensee) nach beschädigten Hochwasserspundwänden im Land habe die Ministerin dahingehend beantwortet, dass Spundwände statt Erd-Dämmen in Baden-Württemberg bisher nur vereinzelt errichtet worden seien. Es gebe daher auch noch keine dokumentierten Schadensfälle. Das Ministerium befürchte indes „spontanes Versagen“ solcher Wände.

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Dies sei ein „absurdes Argument“ der Ministerin, urteilt Kuhse: „Wir bleiben also dabei: Eine durchgängige, selbsttragende Spundwand im bestehenden Damm ermöglicht weitgehend den Erhalt des Baumbestands auf dem Mannheimer Rheinhochwasserdamm - und ist sicherer als der vom Land favorisierte Erdbau-Damm.“ Im derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren für die Dammsanierung hat die Stadtverwaltung Mannheim als Genehmigungsbehörde das Heft in der Hand. Doch das bereits vor einem Jahr eingeleitete Verfahren stockt. Wie Rathaus-Sprecher Kevin Ittemann vor Weihnachten mitgeteilt hatte, rechnet die Stadt nun bis Ende Februar damit, vollständige Unterlagen vom RP Karlsruhe zu erhalten.

Wie berichtet, hatte die Stadtverwaltung aber noch Ergänzungsbedarf, den das RP nun abarbeiten muss. Erst danach könne der Antrag offengelegt und die Träger Öffentlicher Belange, also auch die Stadt Mannheim selbst, zur Sache angehört werden. Im Streit um den Erhalt von möglichst vielen der alten Bäume auf dem Rheindamm im Lindenhof will die Stadt ein eigenes Gutachten zum Baumerhalt durch geeignete technische Methoden zusammen mit ihrer Stellungnahme in das Verfahren einbringen. Dies hatte die zuständige Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) angekündigt.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.