Lindenhof. Viele Kleider sind zu schön und zu gut erhalten, um ungetragen im Schrank zu hängen. Wenn eine Hose zu eng oder zu weit geworden ist oder eine Bluse einfach nicht mehr gefällt, dann können die Teile anderen hervorragend stehen. Diese Idee steckt hinter einer Kleidertauschveranstaltung.
Und so hat sich die Lanz-Kapelle für drei Stunden in eine Tauschbörse verwandelt. Die Besucherinnen und Besucher brachten ihre alte, gut erhaltene Kleidung mit und konnten sich dafür neue Stücke aussuchen. Dabei wechselte das ein oder andere Lieblingsteil den Besitzer. An einer Kleiderstange reihten sich bunte Sommerkleider, Blazer und Röcke. Auf den Tischen zogen Pullover und T-Shirts die Blicke auf sich. Auch Jeans, Schals und Mützen standen zur Auswahl. Sogar zwei große Koffer und verschiedene Schuhe lagen zum Mitnehmen bereit.
Die schnelllebigen Modetrends und die geringen Preise mancher Produkte verlocken dazu, sich immer wieder ein neues Outfit zuzulegen. Manche Menschen lassen sich dazu verleiten, mehr Kleidung zu kaufen, als sie benötigen. Obwohl die Herstellung von Neuware viel Energie und Ressourcen fordert, wird Kleidung immer mehr zur Wegwerfware. Mit der Kleidertauschbörse wollen die Organisatoren ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen. Tauschen statt Kaufen ist klimafreundlicher, schont den Geldbeutel und bringt Abwechslung in die Schränke.
Die Idee zur Kleidertauschparty kam von Stefanie Münch. Sie habe eine Tauschbörse in Kallstadt in der Pfalz besuchen wollen und sei auf der Fahrt wegen einer Aktion von Klimaaktivisten in einen Stau geraten, erinnerte sie sich. Und stellte fest: „Es ist natürlich nicht sinnvoll, einen erhöhten CO2-Ausstoß zu verursachen, um zu einer nachhaltigen Veranstaltung zu kommen.“ Damit stand ihr Entschluss fest: „Das müssen wir hier machen.“
Bei der Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG) Lindenhof fand sie gleich Unterstützung für ihr Vorhaben. Die BIG stellte die Räumlichkeiten der Lanz-Kapelle mietfrei zur Verfügung. „Unsere Initiative will die Interessen der Bürger widerspiegeln“, sagte Uwe Buckenauer vom Vorstand. Er freute sich über den großen Andrang. „Weil der Zuspruch bei der ersten Kleidertauschbörse im Frühjahr so stark war, wollen wir die Aktion jetzt regelmäßig anbieten“, sagte er.
Die Veranstaltung soll auch Spaß machen
Immer wieder öffnete sich die Tür und die Besucherinnen und Besucher kamen mit großen Taschen herein. Katrin Berger vom Organisationsteam nahm die Stücke entgegen und hängte sie auf einen Bügel an die Kleiderstange oder sortierte sie auf einen der Tische. „Ich achte ein wenig darauf, dass alles ordentlich bleibt“, erklärte sie. „Manchmal beraten wir auch, wenn sich jemand wegen der Größe oder der Farbe unsicher ist“, ergänzte Giuseppa Kaster lachend.
„Ich bin keine Anhängerin von Fast Fashion“, verdeutlichte Sibylle Turner. Abgelegte Kleidung sei kein Abfall, sondern könne für andere noch einen Wert haben. „Allein schon wegen der ausbeuterischen und gesundheitsschädlichen Produktionsbedingungen trage ich alles möglichst lange“, betonte sie.
„Jeder hat mal einen Fehlkauf“, meinte Silke Gerster und zeigte auf einen roten Strickpullover. „Die Farbe steht mir nicht. Bevor er aber in meiner Schublade versauert, gefällt er vielleicht einer anderen Frau.“
Die Veranstaltung soll aber nicht nur dem Umweltschutz und der Abfallvermeidung dienen, sie soll vor allem auch Spaß machen. „Die Menschen kommen ins Gespräch und lernen sich kennen“, hat Buckenauer beobachtet. Das bestätigte Iris Wolf. Sie sei gerade erst nach Mannheim gezogen und durch den Stammtisch der BIG auf die Aktion aufmerksam geworden. „Ich will nur mal schauen und habe schon einige neue Bekannte wiedergetroffen“, erzählte sie. „Gerade für Neue im Stadtteil sind solche Initiativen sehr hilfreich.“
„Der Rock ist cool“, stimmte Ina Will ihrer Freundin zu, die sich vor dem Spiegel begutachtete. Am Stand nebenan fanden die beiden noch ein passendes Shirt. „Früher sind wir viel auf Flohmärkte gegangen, weil wir uns neue Sachen einfach nicht leisten können“, erläuterte die Studentin. „Inzwischen gibt es immer mehr Möglichkeiten zu tauschen. Das gefällt mir besser, dann muss ich mich auch mal von einigen Klamotten trennen.“
Was übrig bleibt, wird aber nicht weggeworfen
Eine junge Frau probierte eine Mütze an und war ganz begeistert: „Die behalte ich gleich auf, es ist so kalt geworden.“ Sie habe eine Hose und eine Jacke mitgebracht, beide Teile seien schon weg, berichtete sie und fügte hinzu: „Jetzt stöbere ich noch ein wenig herum.“ Auch Erika Gansler war erfolgreich und nahm eine Jeansjacke mit nach Hause. „Ich bin schnell fündig geworden. Es ist viel los, das ist schön“, sagte sie.
Etwas abseits lag ein ganzes Bündel Krawatten. Männer sah man in der Lanz-Kapelle allerdings kaum. „Es muss sich erst noch herumsprechen, dass hier etwas für Herren dabei ist“, zeigte sich Organisatorin Münch zuversichtlich. Das ein oder andere Kleidungsstück werde sicher übrig bleiben, vermutete sie. Diese Sachen bringe sie zum Markthaus nach Neckarau. „Weggeworfen wird jedenfalls nichts“, bekräftigte sie.
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