Mannheim

Sanierung der Mannheimer Feuerwache Nord verzögert sich erneut

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Die neue Fassade und die neuen Hallentore sind weitgehend fertig, aber vieles im Innern nicht: Die Sanierung der Feuerwache Nord verzögert sich. © Michael Ruffler

Mannheim. Sie wird schon wieder teurer, verzögert sich erneut: die seit 2017 laufende Sanierung der Feuerwache Nord. Am Dienstag soll der Hauptausschuss des Gemeinderats weitere drei Millionen Euro bewilligen, womit das Projekt dann 25 Millionen Euro kosten wird. Feuerwehrleute klagen schon lange, dass sie seit fast fünf Jahren rund um die Uhr auf einer Baustelle Dienst tun müssen.

„Da ist echt eine Entschuldigung angebracht, was wir denen zugemutet haben“, sagt FDP-Stadtrat Volker Beisel, von „katastrophalen Zuständen“ sprach Holger Schmid (ML) und seine CDU-Kollegin Marianne Seitz hat im Sicherheitsausschuss zugesagt, deshalb für die Feuerwehrleute einen Kuchen zu backen. Doch ein Kuchen allein reicht nicht – zunächst müssen die Stadträte weitere, eigentlich nicht eingeplante Millionen bereitstellen.

Schadstoffe entdeckt

Der Betonbau an der Ecke Auf dem Sand/Waldstraße, der von 1975 stammt, ist schon lange völlig marode, veraltet und viel zu klein. Er ist – neben der ebenso maroden Wache Süd auf der Rheinau und der neu gebauten Hauptfeuerwache in Neckarau – einer der drei Standorte der Berufsfeuerwehr. Ein erstes Planungsverfahren gab es schon 2012, dann einen neuen Anlauf 2014. Bewilligt wurden 12,75 Millionen Euro. Doch zu diesem Preis wollte kaum eine Baufirma das Projekt angehen. Auf die öffentliche Ausschreibung hatte sich nur ein Unternehmen gemeldet, und das wiederum erfüllte formale Kriterien nicht. Die europaweite Ausschreibung musste daher im Juni 2016 aufgehoben werden – das ganze Prozedere startete neu.

Drei Wachen

  • Die Berufsfeuerwehr hat drei rund um die Uhr mit je einem Löschzug (zwei Löschfahrzeuge, Drehleiter, zwölf Mann) besetzte Wachen in Neckarau, Käfertal und Rheinau.
  • Anstelle der von 1975 stammenden, zu kleinen und das „Glücksteinquartier“ blockierenden Wache Mitte auf dem Lindenhof entstand im April 2017 die neue Hauptfeuerwache Neckarau.
  • Auf derWache Nord in Käfertal sind die zentrale Kfz-Werkstatt, die Technik-Abteilung und Lager.
  • Zum Löschzug kommen hier als Spezialaufgaben Höhenretter, Kranwagenbesatzung und das Kleineinsatzfahrzeug, ferner die Abteilung Nord der Freiwilligen Feuerwehr mit 87 Ehrenamtlichen und einer Jugendfeuerwehr. pwr

Baubeginn war dann im September 2017. Ende 2019, so hieß es damals, sollten die Arbeiten fertig sein. Seither gab es immer wieder Verzögerungen und ständig Kostensteigerungen, mal auf 17,75 Millionen Euro, dann auf 22 Millionen Euro. Auch der Betrag reicht jetzt wieder nicht, wie Bianca Grübbel vom Immobilienmanagement der Stadt den Stadträten erläuterte – 25 Millionen Euro müssen es sein.

Mehr zum Thema

Kommentar Wir müssen mehr Geld für Sicherheit ausgeben

Veröffentlicht
Kommentar von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Feuerwehr

Wache Nord bleibt eine Dauerbaustelle

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Käfertal

Rund um die Uhr Ausrücken von einer Dauerbaustelle

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren

Gründe seien Störungen wie fehlende Baureife, Asbestsanierungen und Probleme bei Fassadenplatten. Anfangs habe man vertraglich eine vorzeitige Abnahme der einzelnen Bauabschnitte ausgeschlossen – doch „zur Sicherstellung des Betriebs der Feuerwehr“ muss man sie nun doch nutzen, heißt es in einem Papier für die Stadträte. Das sowie Bauzeitverlängerungen verursachten ebenso Mehrkosten wie die Tatsache, dass sich im Laufe der Bauzeit ergab, dass Leitungen und der Kanal der Entwässerung im Hof beschädigt waren und umgehend erneuert werden mussten. Danach wird die komplette Erneuerung der Pflasterfläche fällig – auch das kostet Geld.

Zuvor hatten manche Überraschungen in dem Anfang der 1970er Jahre von der „Neuen Heimat“ errichteten Betonbau für Verzögerungen geführt. So stießen die Bauarbeiter auf Schadstoffe – Asbest, Polychlorierte Biphenyle (PCB), künstliche Mineralfasern. Sie fachgerecht – sprich mit Schutzmasken und Abtrennung zu allen übrigen Bereichen – zu beseitigen und zu entsorgen, war sehr zeit- und kostenaufwendig.

Baustelle bis Mitte 2023

Nach all den Verzögerungen hatte Feuerwehrkommandant Karlheinz Gremm zumindest gehofft, dass das Projekt vor seiner Pensionierung im Februar 2022 abgeschlossen ist – aber auch das gelang nicht. „Jetzt sind aber relativ viele Arbeiten sehr, sehr weit gediehen“, sagte Grübbel. Aber sie beklagte gegenüber den Stadträten „Nichteinhaltung von Terminzusagen und Lieferengpässe“ sowie Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sie gehe nun von Testläufen für eine Inbetriebnahme im Mai diesen Jahres aus, die endgültige Abnahme dann im Juli 2022. Die Fertigstellung der Außenanlagen – und damit des Hofs für Übungen und das Rangieren der Fahrzeuge – würde sich aber bis Mitte 2023 verschieben.

„Da sind wir alle geheilt“

Noch immer muss die Mannschaft also mit Lärm, Dreck, Provisorien bei Umkleiden und vielen Umwegen leben – und dennoch rund um die Uhr einsatzbereit sei, hier arbeiten, leben, üben, ausrücken. Man sei „sehr beengt“, wie Wachleiter Klaus Sieber den Stadträten anhand von Bildern verdeutlichte.

„Es ist schwierig, den Betrieb aufrechtzuerhalten“, räumte Erster Bürgermeister Christian Specht ein und sprach von einem „echt schwierigen Projekt“. Man habe die Entscheidung zur Sanierung „auf anderen Annahmen“ gegründet, hätte aber besser neu gebaut. „Nie mehr“ werde Mannheim eine Feuerwache bei laufendem Einsatzbetrieb sanieren, „das machen wir nicht noch einmal“. „Da sind wir alle geheilt“, bekräftigte Holger Schmid ebenso wie Claudia Schöning-Kalender (SPD): „Mit Sicherheit wird es keine Sanierung mehr geben, nur Neubau!“ Das betrifft die Feuerwache Süd auf der Rheinau, die von 1961 stammt und auch als völlig baufällig gilt.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen