Kommentar Wir müssen mehr Geld für Sicherheit ausgeben

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Peter W. Ragge
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Hinterher ist man immer schlauer. Diese Redensart werden einem alle Beteiligten vorhalten, sobald man die Pannen bei der Sanierung der Feuerwache Nord kritisiert. Doch auch wenn Manches wirklich nicht vorhersehbar war – die enorme Verzögerung dieses Bauprojekts, die gewaltige Kostensteigerung auf fast das Doppelte der anfangs genannten Summe und die verheerenden Arbeitsbedingungen für die seit fast fünf Jahren von einer Baustelle ausrückenden Feuerwehrleute haben schon das Zeug zu einem Skandal.

Aber wer ist schuld? Alle! Natürlich hätte man wissen können, dass im Beton der Feuerwache Nord, in den 1970er Jahren vom später pleite gegangenen Baukonzern „Neue Heimat“ errichtet, irgendwelche Schadstoffe auftauchen – damit zu bauen, war eben früher üblich. Und mit gutem Grund entschloss sich die Stadt ja, die zur gleichen Zeit, vom gleichen Baukonzern nach gleichem Muster gebaute Wache Mitte abzureißen.

Aber genau da liegt das Problem. Keiner – weder die Feuerwehr selbst noch die Verwaltung noch die Politik – hat sich getraut, neben der 2017 für knapp 50 Millionen Euro neu erbauten Hauptfeuerwache in Neckarau einen zweiten Neubau für die Wache Nord vorzuschlagen. Also wurde halt an der maroden Wache Nord herumgedoktert – langwierig und mit dem teuren Ergebnis.

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Aber warum hat sich keiner getraut? Weil Investitionen in die Feuerwehr zwar laut Gesetz Pflichtaufgabe der Gemeinde, aber eine leidige, unpopuläre Pflicht sind – Aufmerksamkeit bekommen Politiker mit der Kür, kaum mit der lästigen Pflicht.

Nicht nur Wachen der Berufs- und Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehr hat Mannheim lange vernachlässigt, auch viele andere Aufgaben rund um den Katastrophenschutz. Und da steht Mannheim keineswegs alleine da. Hier wurde in den letzten Jahren sogar früher gegengesteuert als anderswo – Beispiele sind etwa das neue Sirenennetz und die neue Hauptfeuerwache.

Aber generell war es lange, viel zu lange einfach nicht „in“, dass Politiker Geld für Sicherheit ausgeben. Sirenen hat man überall abgebaut, Bunker nicht mehr gepflegt, Personalstellen gekürzt, Lösch- und Sanitätsfahrzeuge nur zögerlich erneuert, Vorratslager für Krisen aufgelöst. Die Corona-Pandemie und dann die Flutkatastrophe im Ahrtal waren schon Weckrufe, die viele Mängel sehr deutlich werden ließen. Jetzt zeigt der Ukrainekrieg, wie riesig die Defizite beim Zivilschutz sind. Wir werden künftig einfach mehr Geld für unsere Sicherheit ausgeben müssen.

Redaktion Chefreporter