Mannheim. Stadträte, Bezirksbeiräte sowie Vertreter der Stadtverwaltung, Immobilienbesitzer und Bewohnerschaft folgten Quartiermanager Michael Scheuermann beim Rundgang durch den Jungbusch. Beim Busch-Walk wurde deutlich, wie lebendig der Jungbusch ist, aber auch die Herausforderungen im Quartier der Vielfalt kamen zum Vorschein.
Zum Thema Sicherheit und Sauberkeit erklärte der Quartiermanager, vieles habe sich zum Positiven gewendet. So sei der Jungbusch durch Änderungen der Strukturen bei der Abfallwirtschaft sauberer geworden. „Ein Problem ist, dass sich vor Kurzem ein Escort-Service in der Jungbuschstraße angesiedelt hat, obwohl der Jungbusch Sperrgebiet ist“, bemängelte Scheuermann. Der Betreiber habe ihm erklärt, dass es keine Prostitution im Jungbusch gebe. „Es geht hier nicht um das Moralische, sondern wir haben deutlich die Sorge, dass sich wieder so was im Jungbusch entwickelt“, sagte er.
Forderung nach konsequentem Umgang mit Trinkerszene
Harald Born vom Fachbereich Sicherheit und Ordnung erklärte: Es sei festgestellt worden, „dass eine sexuelle Handlungsanbahnung körperlich sein muss.“ Prostitution liege nicht vor, „wenn es sich hier nur um eine Telefonzentrale handelt“.
Ziel laut Scheuermann ist eine „Aufwertung des Quartierplatzes“. Doch dazu brauche es mehr Bäume als Schattenspender und mehr Grün sowie Unterstützung der Bewohner-Initiativen, wie Urban Gardening, Kultur und Boule.
Ein Problem auf dem Platz seien Trinker mit hohem Aggressionspotenzial. „Wir wollen keine Vertreibung der Trinkerszene, aber brauchen einen konsequenten Umgang mit massiv Störenden“, forderte Scheuermann. „Wenn man den Platz öffnet, würde nicht so ein Gefühl von Lost Place entstehen, hier findet keine Kontrolle statt, es gibt auch keine Sichtkontrolle“, kritisierte Architekt Torsten Ohrnberger.
Der Quartiermanager wies auf die vor vier Jahren etablierte Nachtschicht hin, durch die unter anderem auch die Spannungen zwischen „Wohnen und Ausgehen“ (Lärm und Wildpinkeln etwa) etwas abgenommen hätten. Dennoch sei „temporär und punktuell eine sehr starke Belastung festzustellen“. Doch der erfolgreiche Dreiklang Polizei, Besonderer Ordnungsdienst (BOD) und Nachtschicht könne 2024 nicht fortgesetzt werden, da es zum ersten Mal seit 2019 keine Finanzierung gibt, kritisierte Scheuermann. Er fragte die Kommunalpolitiker: „Wie kann dieses bewährte Dialoginstrument Nachtschicht mit Schichten auch am Tag finanziert werden?“
Scheuermann befürchtet zudem, „dass das ohnehin schwierige Miteinander zwischen Wohnen und Ausgehen weiter in die negative Richtung verschoben werden kann, wenn beim Neubau der Kauffmannmühle auf eine Eventlocation gesetzt wird“.
Die Stadt suche Räume für eine Kita im Jungbusch
Nach Wegfall der Kita bei der Hafenkirche sei dem Priorität einzuräumen. Außerdem sei das Zweckentfremdungsverbot konsequenter einzuhalten bei Umwandlung von Wohn- in Gewerberäume. Eigentümer Reinhard Suhl erklärte, er plane keine Eventlocation wegen der Wohnungen in direkter Umgebung, sondern sei im Gespräch mit der Gastronomie. In der Kauffmannmühle sei auch Platz für eine Kita.
Bewohner wiesen außerdem hin auf „schwierige Wohnverhältnisse in direkter Umgebung“ – Ratten- und Müllprobleme in einigen Häusern der Böckstraße. „Das Problem ist, dass sich die Hauseigentümer nicht darum kümmern“, meinte Hermann Rütermann.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
Wie wichtig neben einer Nachtschicht auch eine zumindest stundenweise Tagschicht im Jungbusch wäre, zeigte sich auch auf dem Spielplatz Beilstraße. Die Spielplatzini klagte über „hohe Belastung durch Schmutz, Drogenkonsum, Partyleben, Aggressionen von Erwachsenen, Ratten und Taubenfütterung“.
Ein weiteres Problem ist die Kinderarmut, die laut Sozialatlas im Jungbusch am höchsten ist. Um dieser entgegenzuwirken, macht das Gemeinschaftszentrum Angebote wie gesundes Essen, Sport und kulturelle Bildung. „Unterstützung kommt aus dem Quartier, unter anderem von der Hafengesellschaft und dem Bezirksbeirat“, berichtete Co-Leiter Jonas Gieske. Als nächstes solle „der Baustein Bildung in Kooperation mit den Schulen verstärkt werden“.
Drogenkonsum und Kriminalität bereiten Sorgen
Streetworker Norman Brenner berichtete über seine Arbeit mit Jugendlichen – die Zunahme von Schulschwänzern, Drogenkonsum bis hin zu Drogenhandel und Kriminalität bei Jugendlichen. Fast jeder der 20 bis 30 Jugendlichen habe ein Messer einstecken. Das gehe bis ins Grundschulalter. Die Fehlentwicklungen seien teilweise verfestigt. Doch das von der Stadt finanzierte straßenpädagogische Projekt Street Cred laufe Ende dieses Jahres aus.
Auf die Frage, was sie von der Veranstaltung mitnehmen, erklärte Stadträtin Gabriele Baier (Grüne): „Das Wohnungsmarkt- und Spielplatzproblem.“ Bezirksbeirat Steven Kunz (Die Linke) erklärte, nur Bildung könne zur Verbesserung beigetragen. Stadtrat Reinhold Götz (SPD) versprach, sich dafür einzusetzen, dass die Finanzierung der Straßensozialarbeit und der Nachtschicht fortgesetzt wird. Stadtrat Andreas Parmentier (Tierschutzpartei) meinte: „Ratten sind ein menschengemachtes Problem.“ Stadtrat Volker Beisel begrüßte, dass auch Immobilieneigentümer am Rundgang teilnahmen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/innenstadt-jungbusch_artikel,-innenstadt-jungbusch-was-bewohnern-in-mannheims-stadtteil-jungbusch-fehlt-_arid,2207824.html