„Hmm, Feudenheim … hast Du schon Gartenzwerge parat?“ Oder: „Wenn Du auf dem Gehweg ausrutschst, ist zumindest schnell ein Arzt oder Anwalt zur Stelle, um Dich zu versorgen oder den Anwohner zu verklagen“. Nein, der Freundeskreis aus der Neckarstadt-West sprudelte vor 15 Jahren wahrlich nicht über vor Euphorie und Begeisterung auf meine Ankündigung, nach Feudenheim zu ziehen. Spießig, versnobt und überaltert – so lautete das Urteil.
Doch der Stadtteil, die „Insel der Glückseligen“, wie eine Freundin ihn liebevoll nennt, hat ganze Überzeugungsarbeit geleistet: Er ist definitiv nicht nur etepetete, sondern auch ziemlich bodenständig, nicht verkrustet, sondern ausgesprochen quirlig. Und er liegt zentral in der Stadt, aber trotzdem im Grünen.
Im Grunde gibt es hier alles, was der Mensch braucht: eine Postfiliale, Supermärkte, Banken (mit eigenen Filialen!), eine Stadtteilbibliothek, viele Sportvereine, verschiedene kleine Geschäfte oder den freitäglichen Wochenmarkt. In den Cafés entlang der Hauptstraße sitzen Mütter mit Kinderwagen und Senioren zum Plausch.
Fakten
- Kein Stadtteil hat einen höheren Frauenanteil als Feudenheim: 53,1 Prozent der Einwohner sind Feudenheimerinnen.
- Auf 1000 Bewohner von Feudenheim kommen 1017 private Pkw.
- Das Durchschnittsalter der Feudenheimer liegt bei 46,7 Jahren. Über alle Stadtteile gerechnet beträgt das Durchschnittsalter der Mannheimer 42,6 Jahre.
- Feudenheim wurde 1910 eingemeindet. Der Stadtteil ist deutlich älter als Mannheim selbst: Bereits im 8. Jahrhundert wurde er im „Lorscher Codex“ erwähnt.
Naturliebhaber zieht es an den Neckar – ins Naturschutzgebiet auf der Maulbeerinsel oder zu einem Spaziergang entlang der Feudenheimer Schleuse –, der Bürgerpark mit dem naturgeschützten Trockenbiotop Bell, den Streuobstwiesen oder seinem Arboretum, das durch Spenderbäume stetig wächst, ist für die kleine Auszeit zwischendurch perfekt. In den Gemeinschaftsgärten auf den Feldern lässt sich zudem noch selbst Hand anlegen.
Spaziergänge in der Au
Meine Lieblingsorte haben sich im Laufe der Jahre – und mit den heranwachsenden Kindern – verändert: Waren es früher die Spielplätze auf der Maulbeerinsel, an der Skateranlage im Bürgerpark oder an der Epiphaniaskirche, sind es heute Spaziergänge in der Feudenheimer Au und über die Felder zum nahe gelegenen Vogelstangsee. Oder aber auf ein Radler mit Wurstsalat (wahlweise mit Cevapcici) zu den „Goggelrobber“ – dem deutsch-kroatischen Restaurant des Geflügel-Züchtervereins Feudenheim, in dessen Biergarten sich Jung und Alt, Ur-„Feidener“ und Zugezogene tummeln.
Kulinarisch hat das Viertel eh einiges zu bieten: So ist hier mit dem „Gasthaus zum Ochsen“ das älteste Gasthaus in Mannheim (seit 1632) beheimatet, das „Wirtshaus zum Neckartal“ (auch 300 Jahre alt) steuert mit seinen majestätischen Bäumen noch einen der schönsten Biergärten Mannheims bei.
Versteckte Stellen
Vor allem aber sind es die versteckten Ecken Feudenheims, die für mich den Reiz des Stadtteils ausmachen. Der Blick durch die Mauer auf den Jüdischen Friedhof in der Scheffelstraße zum Beispiel, der bis 1900 genutzt wurde und heute ein geschütztes Kulturdenkmal ist. Oder das Schlendern durch die schmalen Gassen mit den vielen hübschen Innenhöfen oder entlang des Eberbacher Platzes mit seinen historischen Straßenlaternen, um deren Erhalt lange und emotional gekämpft wurde.
Das dritte Wochenende im Oktober ist in Feudenheim übrigens heilig – zumindest bei all jenen, die in Vereinen aktiv sind oder vor der Haustür feiern wollen. Die Kerwe ist nicht nur eines der besucherstärksten Straßenfeste der Region, hier trifft sich zwischen Flohmarktständen, Biertischen und Bühnenlautsprechern auch das halbe Viertel. Der nächste Termin ist Corona-bedingt übrigens erst wieder am 15. und 16. Oktober 2022 – der Kringel im Kalender ist sicher nicht nur bei mir schon gesetzt.
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